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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
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scheitern.
    Ich stellte den Fernseher ab. Zum ersten Mal seit Tagen musste ich wieder vor die Tür.
    »Also«, sagte der Mann. »Wie lange sind Sie jetzt aus dem Beruf raus?«
    »Ungefähr achtzehn Monate.«
    »Lief nicht gut?«
    »Es lief prima. Ich bin bereit für eine neue Herausforderung.«
    »Wie gehen Sie mit einer Herausforderung um?«
    »Nun, ich bin Teamplayer, arbeite aber auch gleichzeitig gern allein.«
    »Und Sie waren schon mal hier am St. John’s?«
    »Das stimmt.«
    »Und sind weshalb gegangen?«
    »Es müsste alles da in meiner Akte stehen.«
    »Ach, ja.« Pause. »Die Nerven?«
    »Zu wenig Schokolade.«
    »Haha! Feiner Sinn für Humor!«
    »Danke. Aber ernsthaft, ich bin Perfektionist, das ist wahrscheinlich meine größte Schwäche.«
    »Wunderbar …«, der Mann sah mich an. »Wie sieht es bei Ihnen übernächste Woche aus?«
    Ich wurde Aushilfslehrer.
    Daran ist nichts auszusetzen, ich weiß. Ich besaß die Fä higkeit, die Qualifikation, die Erfahrung, und die Leute ris sen sich nicht gerade darum, länger als nötig am St. John’s zu bleiben. Ja, es war bestimmt so was wie ein kleiner Rückschritt, wenn man bedenkt, dass ich stellvertretender Fachbereichsleiter gewesen war, und es war ein Schritt in eine gänzlich andere Richtung als die, von der ich mir immer gesagt hatte, dass ich sie beschreiten wollte, aber es war Arbeit. Und zwar Arbeit, der ich gewachsen war.
    Wieder am St. John’s zu sein, erinnerte mich an jemanden.
    Zum Glück nicht an Dylan Bale, was ich befürchtet hatte. Wie entwürdigend ein Nervenzusammenbruch wäre. Wie entwürdigend, wenn ich jedes Mal zusammenzucken müsste, sobald ich an einem Fenster vorbeikam, und alles nur wegen eines kleinen Jungen mit einem Luftgewehr.
    Nein. Ich dachte an Matt.
    Wo war er geblieben? Ich hatte ihm ein paar SMS geschrieben und einmal angerufen, aber seine Nummer stimmte nicht mehr, und ich wusste nicht, was ich machen sollte. Hatte ich ihm was getan? Hatte ich ihn auch im Stich gelassen?
    Ich wollte mit ihm reden. Die Sache mit Dev, die Sache mit Abbey … er kannte die beiden. Vielleicht wusste er Rat.
    Und dann, auf dem Rückweg vom St. John’s, fand ich mich zufällig oder absichtlich bei Sainsbury’s an der Angel Tube Station wieder, wo ich mir die Falafel-Liste ansah und realisierte, wie nah ich beim Chapel Market war.
    Es war zehn Uhr morgens, und Männer in England-T-Shirts saßen mit ihren Hunden draußen vor dem Alma unter einem Georgskreuz und tranken Bier.
    Ich wusste, wo die Werkstatt war, gleich hinter der Auto selbsthilfe und dem Chicken Cottage am Chapel Market, versteckt in einer Seitenstraße, mit einem riesigen, selbst gemalten Schild »Inspektion & Reparatur« an der Mauer.
    Sofort beschlich mich dieses Gefühl von Unsicherheit und Unbehagen, das ich in Gesellschaft von Männern oft bekomme. Nicht Männer allgemein. Nicht Männer in Pubs oder Männer in Anzügen wie mein Vater oder Ihrer vielleicht. Echte Männer, mit Blut unter den Fingernägeln von Autotüren oder Hämmern, mit tätowierten Schwalben an den Handgelenken und Goldkettchen um ihre fleischigen Ledernacken.
    Ich stellte mich auf echten Cockney-Slang ein.
    »Alles klar?«, sagte ich zu dem Schrank, der die anderen beaufsichtigte und den ich wahrscheinlich als »Chef« bezeichnen sollte.
    Er legte ein Werkzeug weg, das ich nicht identifizieren konnte, und wischte seine Hand am Overall ab. Er sah ganz genau so aus, wie ein Kind einen Mechaniker malen würde.
    »Matt da?«, sagte ich und versuchte, desinteressiert zu wirken, oder zumindest abgelenkt von einem Auto, das sie oben auf so einer Maschine hatten, mit der man Autos hochheben kann und die ich bisher nur an Orten wie diesem gesehen hatte.
    »Matt?«, sagte er.
    »Fowler?«, sagte ich, dankbar, dass er einen Nachnamen von den EastEnders hatte. »Matt Fowler?«
    »Matt Fowler?«, sagte er. »Sie kennen ihn?«
    Ich merkte, es würde eines dieser Gespräche werden, die besser laufen, wenn man sich auf Fragen beschränkte.
    »Ist er da?«, sagte ich in der Hoffnung, wir könnten bald dazu übergehen, Fakten auszutauschen.
    »Warren?«, rief der Mann und drehte sich um. »Ist Matt da?«
    Ich sah zu Warren hinüber, der loslachte.
    »Dean?«, rief er einem anderen Mann zu, der hinten an einem Radio herumfummelte. »Wo ist Matt?«
    Dean fing an zu lachen und nickte.
    »Der ist bei seinen Uni-Kumpels!«, sagte er, und alle fingen gemeinsam an zu lachen.
    »Er ist wo?«, sagte ich.
    »Matt ist schon seit

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