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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
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Bösewicht nach dem anderen abgeknallt und immer, immer überlebt hatte und davon erzählen konnte.
    Im wirklichen Leben jedoch hatte Devdatta Patel niemals etwas Heldenhaftes getan.
    Und das lag ihm mehr auf der Seele als alles andere.
    »Wir haben nie irgendwas gemacht «, sagte er dann, wenn wir mal wieder mittags im Postman’s Park waren. »Was haben wir jemals gemacht? «
    Ich erinnere mich an eine bestimmte Situation. Wir standen da und starrten die Gedenktafel an, auf der stand …
    WILLIAM FREER LUCAS
    Doktor der Rechtswissenschaften im Middlesex Hospital.
    Riskierte eher eine Vergiftung, als die Chance zur Rettung eines Kindes zu schmälern, und starb.
    8. Oktober 1893
    Diese Gedenktafel war ihm immer die liebste von allen gewesen.
    »Es ist sein Vermächtnis!«, sagte er dann. »Er hat etwas getan, und da stehen wir, zweihundert Jahre später, und vielleicht sind wir die Einzigen, aber wir kennen den Namen William Freer Lucas. Wir sind nur einen Wimpernschlag auf diesem Planeten, aber manche von uns leben länger, selbst wenn sie jung sterben.«
    Also, nein. Dev war nie ein Held gewesen.
    Bis heute.
    Im Taxi wurde mir richtig übel.
    Ich wusste nichts. Nur dass man ihn sofort ins Krankenhaus gebracht hatte, und nach dem Entsetzen zu urteilen, das aus Pamelas Stimme sprach, klang es schlimm. Vielleicht sogar sehr schlimm.
    Als ich gegen Ende des Telefonates sagte, ich würde so schnell wie möglich ins Krankenhaus kommen, wurde Pamela kurz hysterisch, als hätte sie die Nachricht nun übermittelt und könnte sich einen emotionalen Zusammenbruch erlauben.
    Verdammt, Dev, was hast du gemacht? Bist du okay?
    Ich lehnte meinen Kopf an die Scheibe des Taxis, ballte die Fäuste, und zum ersten Mal im Leben betete ich für meinen Freund.
    »Wir waren gerade auf Weg dorthin«, sagte Pamela und hielt sich an ihrem Tee fest.
    »Wohin?«, sagte ich. »Was ist passiert?
    »Hilton Hotel«, sagte sie. »In Mayfair.«
    Oh nein. Natürlich. Die Golden Joysticks. Das war heute.
    Das war meine große Überraschung gewesen. Mein Olivenzweig. Zoe hatte ein paar Telefonate tätigen müssen, aber die beiden Tickets für die größte Videospiel- Convention des Jahres waren reserviert. Er klang ganz auf geregt in seiner SMS .
    Danke danke danke! Die Golden Joysticks! Eine Referenz an die frühen Tage als Teil der GamesMaster-Franchise! Rate mal, wen ich mitnehme … da kommst du nie drauf! X
    »Wir waren auf Weg zur U-Bahn«, sagte Pamela und sah mir dabei in die Augen. »Und Dev hat Mädchen gesehen, vielleicht vierzehn, auf ein Fahrrad. Aber sie hat … mh …«
    Sie gestikulierte mit den Händen.
    »Geschwankt?«, bot ich an.
    »Von eine Seite zu andere«, sagte sie nickend. »Sie hat geschwankt, sie hatte Tüten am Lenker, von Läden …«
    Ich setzte sie auf einen blauen Plastikstuhl. Ich spürte, dass ihre Arme zitterten.
    »Und sie ist gestürzt, schlimm gestürzt, ich hör ihre Klingel, als sie stürzt, und sie hat Geräusch gemacht«, sagte sie. »Und ihre Taschen fliegen überall, aber ihr Bein klemmt unter ihr Fahrrad, und sie … äh …«
    »Geriet in Panik?«
    Sie nickte, und ich fing an zu schwitzen, spürte die Last des Augenblicks.
    »Und kommt eine Auto, schnell, ganz schnell, und ich nehme Devs Arm, aber er rennt los … er zieht sie unter Fahrrad raus, aber Auto kommt schnell, und Dev ist noch da und …«
    Sie wischte mit einer Handfläche über die andere.
    »Er schleudert«, sagte sie. »Getroffen! Seine Bein ist gerissen, Jason, viel Blut, ich sehe Knochen, und hat sich …«
    Ihr fehlten die Worte, aber ihre Hände leisteten ganze Arbeit. Ich glaube, sie wollte »verdreht« sagen – sein Knochen, der Oberschenkel oder das Wadenbein oder das Schienbein, verdreht zwischen Haut und Blut und Auto und Jeans, die Sehnen gerissen, und dann lag er da, mein Dev, ein blutiges, nutzloses, verzweifeltes Bündel.
    Sie sah mich an, konnte nicht fassen, dass so was möglich war, dass ein Auto jemanden anfuhr, den sie kannte.
    »Wie geht es ihm?«, sagte ich, und meine Hand fing an zu zittern.
    Es gibt Momente im Leben – Tage sogar –, die alle anderen verdrängen. Sie sind wie Nadelstiche. Schmerzend und dominierend, sodass die Momente links und rechts davon zu nichtssagendem Nebel werden.
    Ich hatte nie darüber nachgedacht, wie es sein mochte, einen engen Freund zu verlieren. Dev zu verlieren. Dass es überhaupt möglich sein sollte, schien mir geradezu irreal, völlig abwegig. Zumindest bis heute.
    Dev war am

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