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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
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eine Straße, in der die Menschen gern ihren Namen wiederfinden.
    Da gibt es Jamie’s Bar, in der sich Damien Anders Laskin vielleicht einen mitternächtlichen Whisky gönnte, wenn er darauf wartete, dass Tokio oder Sydney ihn zurückrief.
    Da gibt es Elena’s, zeitlos und nach der legendären Elena höchstpersönlich benannt, die dort herumflitzt, die Gäste willkommen heißt, diese neunzigjährige Französin, der es ebenso leichtfällt, De Niro nach einem Zug um die Häuser mit einem Coq au vin zu begrüßen, wie auch den Typen, der am U-Bahnhof den Standard verkauft, freundlich in Empfang zu nehmen.
    Dann gibt es da noch Josephine’s, das philippinische Restaurant, und Siam Central, Palms of Goa, Niko Niko, Curryleaf, diesen griechischen Tanzschuppen …
    »Die ganze Welt ist auf der Charlotte Street«, sagte Dev und stahl mir meine Gedanken. »Was ist der Plan?«
    »Wir folgen ihm.«
    »Wir folgen ihm?«
    »Wir folgen ihm. Wieso nicht? Folgen wir ihm!«
    »Und was dann?«
    »Dann sehen wir weiter.«
    »Was sehen wir weiter?«
    »Was wir machen. Wenn er mit dem Mädchen zusammen ist … oder wenn er uns zu ihr führt, na … dann ist es wohl vorbei. Denn dann gehört sie zu ihm.«
    Ich klopfte an meine Jackentasche. Dev warf mir schweigend einen Blick zu.
    »Ich habe die Fotos bei mir«, sagte ich und wich seinem Blick aus. »Sobald wir da sind, werfe ich sie einfach durch den Briefschlitz, und wir machen uns vom Acker.«
    Dev wandte sich mir zu.
    »Einfach so? Ich dachte, jetzt kommt dein großer Auftritt.«
    »Näher als jetzt werden wir ihr nicht kommen. Was soll ich denn machen? Immer weiter Orte suchen, an denen sie gewesen ist, und da meine eigenen Fotos machen? Immer unbeliebtere Artikel in London Now unterbringen? Es hat ja alles nichts gebracht.«
    »Aber willst du denn nicht mit ihr sprechen?«, sagte er. »Du weißt schon – zum Abschluss?«
    Ich hatte darüber nachgedacht. Und hatte beschlossen, es nicht zu tun. Denn noch mal: Hin und wieder ist es besser, nichts zu wissen. Ich meine, was sollte ich machen, wenn sie perfekt war? Was wäre, wenn alles, was mir durch den Kopf ging, stimmte? Das Mädchen, das ich kennenlernen wollte, mit seinen schäbig-schicken Möbeln, der gesunden Ausstrahlung und einem Optimismus, der nicht totzukriegen war? Man stelle sich vor, ich hätte Emily Pye in der Schule keinen Brief geschrieben. Ja, ich hätte die Sache nicht abgeschlossen, aber wenigstens wäre das Ende nicht so brutal ausgefallen. Ich denke, die meisten meiner Fehlschläge, was Frauen angeht, lassen sich auf Emily Pye und den Tag zurückführen, an dem ich diesen Brief abgeschickt und etwas gewagt habe.
    Also, nein. In diesem Fall wäre es besser, nichts zu wissen. Lieber wollte ich glauben, es hätte sein können, als feststellen zu müssen, dass es absolut unmöglich war. Es wäre besser, sie bliebe nur das Mädchen auf dem Foto, als das Mädchen, das ich kennengelernt hatte und nun zu kennen glaubte.
    Natürlich wusste ich nicht, ob uns Damien Anders Laskin tatsächlich zu ihr führen würde. Ich wusste ja nicht mal, ob sie wirklich zusammen waren. Aber gerade das machte es so spannend, selbst wenn ich Dev gegenüber mit offenen Karten spielte. Eine Partie Blind Poker mit einem ganzen Bündel frischer Emotionen für ein Herz, das stumpf und taub geworden war.
    Außerdem hatte ich nichts zu verlieren. Nicht wirklich. Nur ein bisschen Hoffnung. Und danach könnte ich endlich mein Leben neu beginnen.
    »Ich wette, am Ende stellt sich raus, dass er schwul ist«, sagte Dev. »So wäre es im Film. Es gäbe eine ganze Reihe urkomischer Hinweise, die allesamt in dieselbe Richtung deuten, und dann würdest du ihn ansprechen, und er würde sagen: ›Ich möchte Ihnen jemanden vorstellen‹, und jeder würde das Mädchen erwarten und wäre bass erstaunt, wenn da plötzlich ein Kerl hereinspaziert.«
    Dev fing an zu lachen und schlug aufs Lenkrad.
    »Und wir wären in einer Schwulenbar, und der Typ hätte so einen Namen, der zur Verwirrung beiträgt, so was wie Pat oder Joe ohne e!«
    Er kam wieder runter und sagte: »Mann, manchmal wünschte ich, das Leben wäre ein Film.«
    Ich sah ihn an.
    »Wir sitzen in einem Nissan Cherry und sind mit etwas beschäftigt, das man gemeinhin als ›verdeckte Ermittlungen‹ bezeichnet«, sagte ich.
    Da leuchteten seine Augen.
    Und dann hörte ich etwas Vertrautes. Ich drehte das Radio lauter.
    »The Kicks«, sagte ich erfreut.
    »Wer?«
    »Diese Band. Freunde von mir. Na ja,

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