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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
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den Kämpfen, die wir ausgefochten haben, darf nie jemand etwas erfahren. Unsere Memoiren tragen wir in unseren Köpfen mit uns herum, die Erinnerung an gute Männer und Frauen, die gestorben sind, damit andere in sicherem Frieden leben können. Wahrscheinlich wird es für uns und für jene, die uns in zukünftigen nicht erklärten Kriegen nachfolgen, immer so sein, denn nur durch unseren Wissensvorsprung können wir die Oberhand über unsere ›Freunde‹ behalten. Bis morgen, mein Junge.«
    Michael starrte dem kleinen Engländer nach, der, auf seinen Stock gestützt, den Balkon entlanghumpelte. Was hatte er in seinem Lebens schon erreicht, brütete Michael, was konnte er vorzeigen, außer den zahlreichen Narben aus Schlachten in fernen Ländern, die seinen Körper zeichneten, und den Erinnerungen an gute und schlechte Zeiten, an Entsetzen und Freude? An eine Familie in Sydney, die ihn schon vor langen Jahren begraben hatte und nie von seiner neuen Existenz erfahren durfte, weil der Skandal sie vernichten konnte.
    Aber er hatte einen Sohn! Einen Sohn, mit dem er in Sydney ein einziges Mal wenige Minuten lang gesprochen hatte. Damals hatte er nicht gewusst, dass er sein eigen Fleisch und Blut vor sich hatte. Und nun besaß er nichts als das chemische Abbild eines elfjährigen Jungen auf einer verblichenen Fotografie. Was für ein Mann war aus ihm geworden?
    Michael wusste von dem Pakt, den Lady Enid Macintosh mit seinem Cousin Daniel Duffy geschlossen hatte. Kate hatte ihm alles erzählt, was Daniel ihr anvertraut hatte. Und Michael hatte ihr Recht geben müssen, dass sich der Handel nur günstig auf die Zukunft seines Sohnes auswirken konnte. Wo auf der Welt konnte er eine bessere Ausbildung erhalten als in England? Wer außer der mächtigen und vermögenden Familie Macintosh konnte ihm Zugang zu einem Finanzimperium verschaffen, das zu den größten der Kolonie zählte?
    Eine grundlegende Frage jedoch musste sein Sohn ganz allein klären – eine Frage, die wichtiger war als Ruhm und Reichtum, für die der Name Macintosh standen. Er durfte nie vergessen, dass er als Duffy geboren worden war und auch als Duffy sterben würde. Ein Duffy zu sein hieß auch, der Kirche von Rom anzugehören. Sollte er jemals seinen Namen oder seine Religion verleugnen, so würde er damit seinen Vater verleugnen.
    Möglicherweise bot sich Michael nun die Gelegenheit, seine Bekanntschaft mit der Mutter seines Sohnes zu erneuern. Zudem würde er vermutlich auf Penelope und ihren Gatten, Baron Manfred von Fellmann, treffen, einen der gefährlichsten Männer, denen er in seinem von Gewalt beherrschten Leben je begegnet war. Ja, all dies lag vor ihm, doch in der gefährlichen Welt, in der er sich bewegte, konnte ihm niemand Sicherheit garantieren.

12
    »Stramm gestanden. Straa…mmm gestaan…den!«
    Erbarmungslos drillte Gordon James seine Männer auf dem staubigen Exerzierplatz vor der Kaserne. Mit schmerzenden Muskeln schulterten die Polizisten ihre Karabiner, senkten die Arme und präsentierten die Waffen. Gordon wollte die körperliche und geistige Entschlusskraft seiner Männer bis zu einem Punkt fordern, an dem sie vergaßen, dass sie menschliche Wesen waren, die Schmerz und Leid fühlten. Diese Ausbildungstechnik hatte er als Kind bei seinem Vater gesehen, der seine Männer als Kasernenunteroffizier gedrillt hatte.
    »Du da!«, bellte er, als einer der weißen Polizisten ins Schwanken geriet. »Dritter von rechts. Von Rühren habe ich nichts gesagt. Vielleicht gehe ich erst zum Abendessen und gebe den Befehl, wenn ich wiederkomme.«
    Die Männer stöhnten, aber so leise, dass er sie nicht hören konnte. So wie der neue Boss sie schikanierte, war es ihm durchaus zuzutrauen, dass er seine Drohung wahr machte und sie eine Stunde lang in dieser schmerzhaften Haltung stehen ließ. Der Polizist, der ins Schwanken geraten war, verfluchte sich, weil er sich von dem eingebildeten Pinkel hatte erwischen lassen.
    »Augen geradeaus. Nicht blinzeln, bevor ich es nicht sage!« Geduldig warteten die Männer wie menschliche Statuen auf den endgültigen Befehl zum Rühren, der es ihnen erlauben würde, die aufs Äußerste angespannten Muskeln zu lockern. Doch der Befehl kam nicht, und die Polizisten blieben wie erstarrt stehen. Der Offizier, der anscheinend ihre Willenskraft auf die Probe stellen wollte, hüllte sich in Unheil verkündendes Schweigen. Dann drang seine Stimme an ihre Ohren wie das Zischen einer Schlange, unmittelbar bevor sie

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