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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
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zustieß.
    »Ich weiß, dass ihr denkt, die Kalkadoon wären edle Krieger, die dieses Land regieren und jederzeit zuschlagen können. Wie die Hasen lauft ihr vor ihnen davon. Ihr sitzt in der Kaserne und jammert darüber, wie hoffnungslos alles ist. Nun, das ist meine erste Begegnung mit euch als Truppe, und wie ihr seht, habt ihr von mir keine großen Vorstellungsreden zu erwarten. Nur diesen Drill, dem noch viele weitere folgen werden. Nach zwei Wochen werdet ihr froh sein, wenn ihr auf Schwarzenjagd gehen dürft, das verspreche ich euch. Bis dahin mache ich aus euch die beste berittene Truppe der gesamten Kolonie, wenn nicht des ganzen Empire. Rüüh…ren! Zu langsam! Das wiederholen wir, bis ihr in die Gänge gekommen seid.«
    Die Truppe stand erneut stramm und hielt die schwitzenden Gesichter in die untergehende Sonne. Mit zusammengekniffenen Augen versuchten die Männer, die Silhouette vor dem orangefarbenen Ball zu erkennen, denn Gordon hatte sich absichtlich so platziert, dass den Polizisten das Licht ins Gesicht fiel. Er sah, wie sie sich quälten, aber es bereitete ihm kein Vergnügen. »Zweiter Mann von links. Ja, du. Wo ist Sergeant Rossi?«, blaffte er. Der angesprochene Polizist legte verwirrt die Stirn in Falten und schickte sich an, nach dem Kasernenunteroffizier zu suchen, der an der Übung nicht teilnahm. »Nicht nach ihm suchen. Augen geradeaus!«, brüllte Gordon. »Sag mir, wo Sergeant Rossi ist!«
    »Nicht hier, Sir!« Der Mann starrte in das feuerrote Lichtband, das sich über den westlichen Horizont erstreckte. Tanzende schwarze Sterne erschienen vor seinen Augen, und als er versuchte, sich wieder klare Sicht zu verschaffen, entdeckte er plötzlich eine zweite Gestalt etwa zehn Schritte links von seinem Offizier. Sergeant Rossi! »Sergeant Rossi, geradeaus, Sir!«, meldete er verlegen.
    »Wenn Sergeant Rossi ein großer, dreckiger Kalkadoon gewesen wäre, Trooper« – Gordon schlug einen leichten, geradezu mitleidigen Ton an –, »mit einem großen, dreckigen Speer, dann wärst du jetzt ein toter Mann. Und ich müsste an deine liebe Mutter zu Hause schreiben und ihr Lügen erzählen, wie zum Beispiel, dass du dem Alkohol abgeneigt bist und das schwache Geschlecht stets mit dem größten Respekt behandelst. Für einen gottesfürchtigen Mann wie mich könnte das die ewige Verdammnis bedeuten! Mein einziger Trost ist, dass wir uns in der Hölle begegnen würden.«
    Gordons Anspielung darauf, dass seine weißen Polizisten für ihre Sauferei und Hurerei berüchtigt waren, und der Vergleich zwischen dem untersetzten italienischen Sergeant, der einst gegen Garibaldi gekämpft hatte, und den riesigen Kalkadoon-Kriegern brachte die mittlerweile bequem stehenden Männer zum Lachen. Vielleicht war der Neue doch gar nicht so übel.
    Gordon rief sie nicht zur Ordnung. Er wusste, dass er ihnen etwas geben müsste, wenn er in zwei kurzen Wochen so viel wie möglich aus ihnen herausholen wollte. Instinktiv fühlte er, dass er dabei war, sie genauso für sich zu gewinnen wie die Siedler und Städter einige Stunden zuvor. Sie fürchteten die Kalkadoon, das war klar, aber für ihn unterschieden sich diese Aborigines wenig von denen, die er in der Vergangenheit vertrieben hatte. »Ich hoffe, euch ist klar, warum ich von euch wissen wollte, wo Sergeant Rossi ist. Wenn nicht, sage ich es euch. Wenn ihr Wilde jagt, müsst ihr immer darauf achten, dass euch die Abendsonne nicht blendet. Ihr dürft nie ins Licht sehen, sonst könnte ein schwarzer Baumstamm plötzlich zum Leben erwachen und euch aufspießen. Sergeant Rossi!«
    »Sir!«
    Der Kasernenunteroffizier stand stramm und grüßte militärisch.
    »Der Platz gehört Ihnen, Sergeant.«
    »Sir!«
    »Lassen Sie die Männer exerzieren, bis die Sonne hinter dem Horizont versinkt, Sergeant«, befahl Gordon dem kleinen Italiener, der die Spitzen seines riesigen Schnurrbarts mit Wachs gezwirbelt hatte. »Achten Sie darauf, dass die Karabiner gereinigt und in einwandfreiem Zustand sind, bevor die Männer zu Bett gehen. Inspektion um Punkt neun Uhr.«
    »Sir!« Die Schnurrbartspitzen sträubten sich eifrig, als der Sergeant zurücktrat und grüßte. Gordon erwiderte den Gruß mit der affektierten Nachlässigkeit des Offiziers.
    »Aaaangetreten! Aaaachtung!«
    Während Gordon davonging, um in das Büro zurückzukehren, das einst Unterinspektor Potter benutzt hatte, spürte er eine tiefe Befriedigung. Ja, er hatte von seinem Vater gelernt, wie man mit Männern umging und

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