Auf den Flügeln des Adlers
sie richtig drillte. Wenn er das doch auch nur mit Sarah Duffy hätte tun können!
Trooper Peter Duffy blickte der sich entfernenden Gestalt nach und fragte sich, was wohl aus ihrer Freundschaft werden würde.
Nach dem Abendessen ging Peter zu Gordons Büro, klopfte an die grob behauene Holztür und meldete sich mit Namen. Eine gedämpfte Stimme gab ihm die Erlaubnis zum Eintreten. Gordon saß in dem winzigen Büro an einem einfachen Schreibtisch, der mit Papieren übersät war.
An der Wand hinter ihm prangte ein altes Bild der jungen Königin Viktoria. Neben dem zur Pflichtausstattung gehörenden Konterfei der regierenden Monarchin befand sich eine mit Fliegendreck gesprenkelte Landkarte des Distrikts. An einem Haken hinter der Tür hingen Gordons Gürtel und Revolver.
Peter sah, dass Gordon Anforderungen für Versorgungslieferungen aufgesetzt hatte und Berichte zu der Situation schrieb, die er bei seiner Ankunft in der Stadt vorgefunden hatte. Während er stramm stand, tauchte Gordon die Feder in ein Tintenfass und kritzelte seine Unterschrift unter eine Anforderung. Er blickte nicht auf, um Peter zu begrüßen, sondern unterschrieb stattdessen den Bericht. »Hast du nicht was vergessen?«, sagte er schließlich drohend.
Verwirrt runzelte Peter die Stirn. »Ich glaube nicht«, sagte er langsam, während er sich das Gehirn zermarterte, was er wohl übersehen haben könnte. Seine Uniform entsprach jedenfalls den Vorschriften.
»Du hast nicht gegrüßt, als du hereinkamst, Trooper Duffy«, entgegnete Gordon. Er legte die Feder beiseite und blickte zu dem jungen Polizisten auf, der in militärisch korrekter Haltung vor ihm stand.
»Tut mir Leid, Mahmy«, erwiderte Peter und grüßte.
Gordon, der keine Kopfbedeckung trug, erwiderte den Gruß, wie es das Protokoll erforderte, während er steif auf seinem Stuhl sitzen blieb, die Hände auf den Knien.
»Schon besser«, sagte er etwas lockerer. »Auch wenn wir gute Freunde sind, verstehst du doch sicher, dass die Disziplin trotz der persönlichen Beziehung zwischen uns gewahrt werden muss – bis hin zur Anrede.«
»Ich verstehe, Mahmy«, erwiderte Peter förmlich, um zu verbergen, wie verletzt er sich durch die kühle Art seines Kindheitsfreundes fühlte.
»Setz dich, Peter, und hör auf, mich ›Mahmy‹ zu nennen. Nur die Schwarzen in der Truppe nennen mich so.«
»Ich bin halb Schwarzer«, antwortete Peter mit unverhohlener Bitterkeit, während er sich steif auf dem Regierungs-Einheitsstuhl vor dem Schreibtisch niederließ. »Vielleicht sollte ich dich die Hälfte der Zeit mit ›Mahmy‹ ansprechen.«
»In diesem Büro und außerhalb redest du mich mit ›Sir‹ an. Ich weiß, das ist hart für dich, aber wir gehören beide zur Polizei Ihrer Majestät und kannten die Regeln von Anfang an.«
Peter konnte sich nicht überwinden, den Tadel zu akzeptieren. So sollte es also in Zukunft zwischen ihnen laufen. Gordon hatte sich dramatisch verändert. Der Leuteschinder vor Peter glich nicht im Geringsten dem rebellischen Jungen, mit dem er aufgewachsen war. Damals waren sie wie Brüder gewesen. Als Peter, kurz nachdem sie zur Polizei gegangen waren, zum ersten Mal die subtilen, aber beunruhigenden Veränderungen bemerkte, kam er zu dem Schluss, dass Gordon das Gefühl hatte, seinen legendären Vater übertreffen zu müssen. Es war, als wollte er beweisen, dass er der bessere Mann war. Peter schüttelte den Kopf. Henry war ein Mensch gewesen, zu dem er aufgesehen hatte, da er selbst keinen Vater gehabt hatte, aber bestimmt kein Leuteschinder. Dass Gordon seinen alten Freund so offiziell zurechtwies, bestätigte Peters Meinung: Gordon war ein Widerling geworden.
»Ich habe in Townsville deinen Bericht über das Massaker an Inspektor Potters Patrouille gelesen«, sagte Gordon ruhig. »Eine Tragödie, dass einem exzellenten Offizier so etwas zustößt. Oder war er gar nicht so brillant?« Dabei blickte er Peter fest in die Augen, und diesem wurde klar, dass Gordon auf seine Weise das Vertrauen zwischen ihnen wiederherstellen wollte. Normalerweise wurden einfache Polizisten nicht um ihre Meinung zum Verhalten eines Offiziers gebeten.
»Er war ein Idiot«, erwiderte er. »Er hatte keine Ahnung, wie gut die Kalkadoon auf ihrem eigenen Land kämpfen.«
»Auf unserem Land«, verbesserte Gordon. »Das von den Kalkadoon besetzte Land wurde von den Männern, zu deren Schutz wir hier sind, legal gepachtet oder gekauft.«
Peter ließ die Meinung seines Offiziers zu den
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