Auf den Flügeln des Adlers
indischen Kavalleristen, der dem von Captain Duffy eingeschlagenen Weg folgte. Die Männer ritten bis auf die verlassene Felskuppe hinauf, und einem von ihnen fielen die zahlreichen Blutflecken auf der Erde auf. Aber sie fanden keine Leichen – und keine Spur von Captain Duffy.
Als sie dem Brigademajor Bericht erstatteten, nickte dieser nur und wandte den bärtigen Soldaten auf den massigen Pferden den Rücken zu. Die Brigade hatte ihren vielversprechendsten Nachwuchsoffizier verloren und er selbst einen persönlichen Freund.
An jenem Tag erteilte General Graham den Befehl zur Rückkehr nach Suakin, während der Brigademajor Lady Macintosh ein Telegramm mit der traurigen Nachricht schickte, ihr Enkel gelte offiziell als vermisst. Nach einer angemessenen Wartezeit würde ein Beileidsschreiben folgen, denn auch wenn Patrick offiziell nur als vermisst und nicht als gefallen geführt wurde, bestand nach Major Hughes’ Meinung wenig Hoffnung, dass der junge Captain überlebt hatte. Wenn ihn die Derwische nicht getötet hatten, würde es die Wüste tun.
Als sie aufbrachen, um von den Hügeln von Tamai zur Hafenstadt Suakin zu marschieren, hängte sich Angus das Tragegeschirr über die Schulter. Captain Duffys letzter Wunsch, bevor er in der Nacht verschwand, war ihm noch deutlich in Erinnerung. Er hatte ihn gebeten, die Taschen des Geschirrs auf keinen Fall zu öffnen, sondern es ins Wasser zu werfen, wenn er das Rote Meer erreichte.
Angus hatte nicht nachgefragt. Er wusste, dass Männer, die dem Tod ins Auge blickten, häufig merkwürdige Wünsche äußerten. Captain Duffys Erklärung war allerdings noch eigenartiger gewesen als seine ungewöhnliche Bitte. Er hatte gesagt, das Tragegeschirr werde auf den Strömungen des Ozeans nach Irland reiten, wo Morrigan es finden werde. Angus hatte nicht gefragt, wer Morrigan war, aber er vermutete, dass sich in den Taschen des Geschirrs etwas sehr Wertvolles befand, von dem kein Mensch erfahren sollte. Er würde es ohnehin nicht ins Rote Meer werfen, sagte sich Angus mit unerschütterlichem Optimismus. Denn Captain Duffy würde die Brigade bald einholen und es von ihm zurückverlangen.
Während sich die Armee in die Hafenstadt Suakin zurückzog, wachte MacDonald eisern über Patricks Besitz. Eigentlich hätte er das Geschirr dem Quartiermeister geben müssen. Aber das wäre unsinnig, denn Captain Duffy werde es bei seiner Rückkehr wiederhaben wollen, erklärte der muskulöse Schotte dem Quartiermeister so eindringlich, dass dieser zögernd zustimmte.
25
Als die Sonne hinter den Hügelkämmen versank, schlugen Polizisten und Grenzer ihr Lager auf. Posten wurden aufgestellt, den Pferden band man für die Nacht die Beine zusammen. Dann sammelten die Männer Feuerholz und rollten ihre Decken aus.
Obwohl die Szene täuschend idyllisch wirkte, hegten alle Teilnehmer der Expedition ihre ganz privaten Ängste. Sie wussten, dass sie sich in den Godkin-Bergen mitten im Kalkadoon-Gebiet befanden. Jeden Augenblick konnte die Stille der Nacht vom Kriegsgeschrei der Ureinwohner zerrissen werden, das auch dem Tapfersten das Blut in den Adern gefrieren ließ. Die Gespräche an den Lagerfeuern wurden mit gedämpfter Stimme geführt, und nur wenige Männer hielten sich länger als nötig in ihrem Lichtkreis auf.
Peter saß von seinen Kameraden getrennt. Sein Verrat war schnell bekannt geworden, und die Männer, die ihn einst respektiert hatten, mieden ihn nun. Aber er blieb nicht lange allein.
Calder kam von seinem Lagerfeuer herübergestapft und baute sich vor ihm auf. »Der Boss will dich sehen, Nigger«, schnaubte er. »Beweg deinen schwarzen Arsch, aber ein bisschen plötzlich.«
Peter erhob sich, wobei er den Lauf seines Karabiners wie zufällig auf Calder richtete. Dem entging diese Geste nicht. Voller Angst wich er zurück, fasste sich aber schnell wieder. Er spie Peter vor die Füße. »Mit dir rechne ich schon noch ab, Duffy«, fauchte er. »Da kannst du Gift drauf nehmen!«
Peter ignorierte die Drohung und ging zu Gordon hinüber, der auf einem Baumstamm am Feuer saß und die Jacke um die Schultern gelegt hatte. Die nächtliche Kälte begann sich in der stillen Bergluft bemerkbar zu machen.
»Du wolltest mich sehen?«, fragte Peter ausdruckslos.
Gordon bedeutete ihm, sich zu setzen. »Ich wollte mit dir sprechen, Peter«, sagte er. »Ich glaube, wir müssen die Atmosphäre zwischen uns beiden bereinigen.« Im flackernden Widerschein der Flammen wirkten Gordons Züge
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