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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
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vor Erschöpfung zusammen. Ganz in seiner Nähe saß Wallarie im Schneidersitz an einem Feuer und fertigte Widerhaken für seinen neuen Speer. »Die Schwarzen Krähen haben euch überlistet«, sagte er ruhig zu dem nach Luft ringenden jungen Krieger, der im bröckeligen Gestein der Hügelkuppe auf der Seite lag. »Sie haben euch mit ihren Pferden und Feuerwaffen auseinander getrieben.«
    Terituba setzte sich auf. Das verzweifelte Wehklagen der Frauen war kaum zu ertragen. Mit den Blicken suchte er in der weinenden Menge nach seinen Frauen und seinen beiden Söhnen. Als er sie nicht sah, erinnerte er sich vage, dass sie früh am Morgen mit den anderen Frauen zum Fluss gegangen waren, um nach Nahrung zu suchen. Seine Söhne waren zu jung, um sich den Männern anzuschließen, weil sie das Einführungsritual noch nicht hinter sich hatten. Sie waren mit den anderen Jungen mit ihren Speeren und Nullah-Keulen auf die Jagd nach Goannas und kleinen Wallabys gegangen.
    Terituba sorgte sich um die Sicherheit seiner Familie, weil er wusste, dass die Weißen und ihre schwarzen Polizisten unaufhaltsam entlang des Flusses vorrückten. Was, wenn sie unten im Tal auf die Frauen und Kinder stießen? »Es war nicht wie sonst, Darambal«, antwortete Terituba schließlich, wobei er das bärtige Gesicht in die Hände stützte. »Sie haben uns von allen Seiten angegriffen. Ihre Feuerwaffen töteten viele unserer Kämpfer.«
    Wallarie schnitzte weiter mit einem scharfen Stein an seiner Speerspitze herum. »Ihr Anführer ist klug, wie ich dir gesagt hatte, Kalkadoon«, meinte er ruhig, ohne Terituba anzusehen. »Er wird nicht aufhören, bevor ihr nicht alle tot seid. Er ist nicht wie sein Vater, den ich kannte. Er ist stolz und will beweisen, dass er diesem ebenbürtig ist. Aber das ist er nicht, er besitzt nicht den gleichen Geist. Sein Vater lernte, nicht auf das Töten von Menschen stolz zu sein. Das war, bevor sein Geist seinen Körper verließ.«
    Der jüngere Krieger lauschte den Worten des Darambal und verspottete ihn nicht länger wegen seiner scheinbaren Furchtsamkeit. Denn Terituba hatte einen Vorgeschmack von dem erhalten, wovor ihn der Darambal gewarnt hatte, und das Blut in seinem Mund schmeckte bitter. »Wir werden dem Weißen Gordon James zeigen, dass er uns auf unserem eigenen Land nicht besiegen kann«, verkündete er grimmig. Jetzt, wo er körperlich allmählich wieder zu Kräften kam, kehrte auch sein Selbstvertrauen zurück. »Wir werden mit ihm dasselbe machen wie mit Inspektor Potter.«
    Doch bei allem Draufgängertum erinnerte sich der Kalkadoon sehr wohl an die entsetzliche Macht der Feuerwaffen. Männer stürzten mit klaffenden Wunden zu Boden, und die Pferde jagten davon, bevor die Kalkadoon die Reiter aus dem Sattel reißen konnten. Ein Wurm nagte an seiner Überzeugung, dass sie die Weißen besiegen würden. Aber der Darambal durfte nichts von seinen Zweifeln wissen. Terituba würde nichts von der Furcht, die ihn beschlich, verraten. Die Kalkadoon waren wie die Fische, die in jenen Fallen festsaßen, die sie in den Flüssen auslegten. Nein, ein Mann musste für das Land kämpfen, das ihm heilig war.
    Terituba wusste, dass sein Volk möglicherweise das gleiche Schicksal erleiden würde wie das des Darambal. Wenn sie den Eindringlingen keinen Widerstand leisteten, verloren sie ihre angestammte Heimat. Widerstand dagegen konnte den Untergang ihres Volkes bedeuten. Beides bedeutete den spirituellen Tod. Sie hatten sich in die Falle treiben lassen, und ihnen blieb nur eine Alternative: die letzte Schlacht, deren Ausgang über das Überleben der Kalkadoon entscheiden würde.
    Der Krieger erhob sich von der Erde, die seinem Volk gehörte. Ungeschlagen und ungebrochen blickte er nach Norden, in die Richtung, aus der der Feind kam.

27
    »Fünf Polizisten verwundet. Zwei davon ernsthaft, durch Speere. Sieben Grenzer aus dem Begleittrupp verwundet. Einer schwer verletzt durch einen Bumerang.« Gordon James las seiner Streitmacht aus grimmig dreinblickenden Grenzern und Polizisten, die ihre Gewehre und Karabiner griffbereit hielten, die Liste vor. »Nun, meine Herren«, sagte er, während er von dem Notizbuch in seiner Hand aufblickte, »das wären für den Augenblick unsere Verluste. Wir haben Glück, dass es bis jetzt keine Toten zu beklagen gibt. Heute haben wir den Feinden der Königin einen Schlag versetzt. Ich bin mir sicher, die Kalkadoon lecken im Moment ihre Wunden. Aber ich bin auch davon überzeugt, dass sie trotz

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