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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
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würden, falls es nötig werden sollte. Sie würden kämpfen – aber das galt auch für die Krieger, die ihr Land verteidigten. »Ich bin sicher, dass wir Deckung haben werden. Die Kalkadoon haben sich zu ihrem Schutz bestimmt einen Hügel mit viel Deckung ausgesucht«, setzte er hinzu, um ihre Ängste zu beschwichtigen. »Unsere Gewehre besitzen eine größere Reichweite als ihre Speere, das ist beim Angriff unser Trumpf. Beim Vormarsch decken wir uns gegenseitig, so wie wir das heute erfolgreich getan haben.«
    Sein abschließender Versuch, die Männer zu beruhigen, klang nicht ganz überzeugend. Viele seiner Leute blickten auf die im Busch liegenden, toten Kalkadoon und wurden sich bewusst, dass sie bei dem erbitterten Kampf ebenfalls nicht ungeschoren davon gekommen waren. Inspektor James’ Patrouille war eingeschlossen und beinahe niedergemetzelt worden. Ihnen war klar, dass es sich um ein Scharmützel gehandelt hatte und dass ihnen die Entscheidungsschlacht erst noch bevorstand.
    Nach dem Ende der Besprechung erteilte Gordon den Patrouillen, die am nächsten Tag die Festung der Kalkadoon aufspüren sollten, ihre Befehle. Danach machten sich die Männer daran, ein Lager aufzuschlagen. Sergeant Rossi war angewiesen worden, sich um die Betreuung der Verletzten zu kümmern und eine Eskorte zusammenzustellen, die die Schwerverwundeten nach Cloncurry zurückgeleitete.
    Gordon blieb bei seiner Zeichnung stehen und zog seinen 1873er Armeecolt aus dem Holster, um die Aufgabe zu vollenden, bei der ihn seine bebenden Hände zuvor im Stich gelassen hatten. Jetzt lud er den Revolver ohne Probleme, und seine Hände waren völlig ruhig. Sobald er die geladene Waffe in der Hand hielt, spürte er erneut ihre furchtbare Macht, Leben zu nehmen. Seine Entscheidung, den Vormarsch auf die Kalkadoon fortzusetzen, war, wie er wusste, für die kurze Geschichte der Kolonie wichtig. Falls er mit der von ihm zusammengestellten Truppe gegen die Kalkadoon verlor, konnte das den Wendepunkt in der Politik der Regierung bei der Erschließung von Siedlungsgebieten bedeuten. Dann würde der Druck der Öffentlichkeit die Politiker vielleicht zu Verhandlungen mit den ursprünglichen Landbesitzern zwingen.
    Nein, er würde nicht der erste Vertreter der Krone in der Kolonie Queensland sein, der in einer großen Schlacht von den Ureinwohnern besiegt wurde. Aber wenn er einen vollständigen Erfolg erzielen wollte, musste sein Sieg die endgültige Niederlage seiner Feinde bedeuten.
    Er steckte den Revolver in das Holster an seinem Gürtel und blickte auf die höheren Gipfel im Süden des Massivs. Dort draußen warteten sie auf ihn. Mit Sicherheit war auch ihnen klar, welche Bedeutung dieser letzten, entscheidenden Schlacht zukam.
    Gordon hatte das Gefühl, sein alter Lehrer Wallarie wäre stolz darauf gewesen, dass er gelernt hatte, zu töten wie die Kalkadoon. Oder verfluchte er ihn mittlerweile?

28
    Der Telegrammbote war überwältigt von der Größe des Hauses mit den üppigen Gärten. Von der Tür aus konnte er den prächtigen Hafen unter sich sehen. Er erwachte erst aus seiner Verzückung, als ein Dienstmädchen öffnete und mit ihm schimpfte, weil er nicht den Lieferanteneingang genommen hatte. Sie riss dem frechen Burschen das Telegramm aus der Hand. Es war an Lady Enid Macintosh adressiert, und das Dienstmädchen brachte es ihr auf einem silbernen Tablett in die Bibliothek, wo Lady Enid eben ihre Geschäftspost durchging.
    Die Bibliothek diente Lady Enid gleichzeitig als Arbeitszimmer. Mittlerweile führte sie die Familienunternehmen gezwungenermaßen gemeinsam mit ihrem Schwiegersohn, Granville White, dessen Büro sich in einem Gebäude in der Sydneyer Bridge Street befand. Von ihrem Anwesen aus war Enid in der Lage, Angelegenheiten, die die Zukunft des florierenden Konglomerats betrafen, zu überwachen und zu entscheiden.
    Sie näherte sich mittlerweile den Siebzigern, und ihr einst pechschwarzes Haar trug sie nun zu einer schneeweißen Krone aufgesteckt. Ihre Haut wirkte immer noch recht jugendlich, und ihre schlanke Figur war die einer zwanzig Jahre jüngeren Frau.
    Streng und ohne Lächeln dankte Enid dem Dienstmädchen. Nachdem die Angestellte gegangen war, starrte sie mit wachsender Furcht auf das Telegramm. Instinktiv fühlte sie, dass es schlechte Nachrichten enthielt, und ihre Hand zitterte, als sie die kurzen, aber überdeutlichen Worte auf dem Papier las. Captain Patrick Duffy offiziell als vermisst gemeldet. Brief folgt. Major

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