Auf den Hund gekommen
meisten Hunde auf den Bauernhöfen sind Haustiere, und sie werden gehalten, weil der Bauer sie einfach gern um sich hat. Man würde einen Bauern der Folter unterwerfen müssen, ehe er das zugibt, aber ich glaube, ich habe recht. Und dabei haben diese Hunde ein herrliches Leben. Sie brauchen nicht zu bitten, daß man sie spazierenführt – sie sind den ganzen Tag im Freien und in Gesellschaft ihres Herrn. Wenn ich auf einem Hof den Bauern finden will, suche ich nach seinem Hund, denn beide sind nie weit auseinander. Ich gebe mir alle Mühe, meinen eigenen Hunden ein angenehmes Leben zu bieten, aber ich kann ihnen lange nicht ein so schönes Leben ermöglichen wie ihren Artgenossen auf den Bauernhöfen.
Da ich über längere Zeit hinweg nicht auf Sep Wilkins Hof brauchte, bekam ich auch Gyp nicht zu sehen, bis ich Mr. Wilkin und dem Hund eines Tages zufällig bei einer Dressurprüfung für Schäferhunde begegnete. Die Veranstaltung fand im Rahmen der Landwirtschaftsausstellung von Melierton statt, und da ich ohnedies dort in der Nähe zu tun hatte, beschloß ich, mir den Nachmittag freizunehmen und zusammen mit Helen hinzugehen, denn diese Prüfungen haben uns schon immer fasziniert: die bewundernswerte Gewalt der Besitzer über ihre Tiere, die angespannte Aufmerksamkeit der Hunde selbst, die faszinierende Harmonie, mit der diese Prüfungen abliefen – es war stets von neuem ein Vergnügen, das zu beobachten.
Ungefähr siebzig Hunde waren im Schatten an einen Zaun gebunden und warteten darauf, daß sie an die Reihe kamen. Es war ein herrliches Bild: die vielen wedelnden Schwänze und die gespannte Aufmerksamkeit im Blick der Tiere. Sie kannten einander nicht, und doch gab es keinerlei Anzeichen von Mißhelligkeit, geschweige denn von einem Kampf. Offenbar war diesen Tieren nicht nur die Gehorsamkeit angeboren, sondern auch ihr friedfertiges Verhalten.
Die gleiche Veranlagung schien auch für ihre Besitzer charakteristisch zu sein. Nichts von Feindseligkeit, weder Groll über eine Niederlage noch unziemlicher Siegesjubel. Wenn jemand seine Zeit überschritt, trieb er die Schafe ruhig in die Ecke und kehrte freundlich lächelnd zu den anderen zurück. Natürlich mußte er ein paar gutmütige Neckereien über sich ergehen lassen, aber das war auch alles.
An einer Stelle, von der aus man einen guten Blick über das Feld hatte, stießen wir auf Sep Wilkin. An seinen Wagen gelehnt, beobachtete er das Treiben. Gyp, der an die Stoßstange angebunden war, drehte sich um und sah mich schwanzwedelnd an, während Mrs. Wilkin, die auf einem Klappstuhl neben ihm saß, zärtlich die Hand auf seinen Kopf legte. Wie es schien, hatte Gyp auch ihre Liebe gewonnen.
Helen blieb stehen und begrüßte sie. Unterdessen wandte ich mich an ihren Mann. »Führen Sie auch einen Hund vor, Mr. Wilkin?«
»Nein, heut nicht. Ich will nur zusehen. Die Sache interessiert mich, weil ich viele von den Hunden kenne.« Ich stand eine Weile neben ihm, beobachtete die Hunde bei ihrer Arbeit und atmete den würzigen Geruch niedergetretenen Grases und Kautabaks ein. Dicht vor uns, unmittelbar neben dem Pfosten und nicht weit von der letzten Schafhürde entfernt, hatte der Richter seinen Platz.
»Sehen Sie mal, wer da kommt!« Mr. Wilkin deutete mit der Hand übers Feld.
George Crossley näherte sich, dicht von Sweep gefolgt, mit gemächlichen Schritten dem Pfosten. Gyp erstarrte, setzte sich sehr gerade und spitzte die Ohren. Es war Monate her, seit er seinem Bruder und Spielgefährten das letzte Mal begegnet war, und ich konnte mir nicht vorstellen, daß er sich noch an ihn erinnerte.
Aber sein Interesse war unverkennbar, und als der Richter das weiße Tuch schwenkte und die drei Schafe aus ihrem Gehege herausgelassen wurden, stand er langsam auf.
Auf eine Handbewegung von Mr. Crossley hin flog Sweep in gestrecktem Galopp am äußeren Rand des Feldes entlang, und als er sich den Schafen näherte, ließ ein Pfiff ihn auf den Bauch niedersinken. Von da ab war es ein Anschauungsunterricht über die vorbildliche Zusammenarbeit von Mensch und Hund. Sep Wilkin hatte immer gesagt, Sweep habe das Zeug, aus sämtlichen Prüfungen als Sieger hervorzugehen. Und so sah es jetzt auch aus.
Kein Hund hatte bisher die Schafe so mühelos durch die drei verschiedenen Gatter gebracht, wie Sweep das tat, und als er sich nun der letzten Hürde näherte, bestand kein Zweifel, daß er den Pokal gewinnen würde, falls nicht noch im letzten Augenblick irgend etwas
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