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Auf den Hund gekommen

Auf den Hund gekommen

Titel: Auf den Hund gekommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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passierte: Wiederholt waren die Schafe wenige Schritte vor den hölzernen Querstangen ausgebrochen und davongehüpft.
    George Crossley, den Hirtenstab lang ausgestreckt, hielt das Gatter weit offen. Jetzt konnte man sehen, wozu alle diese langen Stöcke bei sich hatten. Seine Befehle an Sweep, der flach auf dem Rasen kauerte, waren nun kaum noch zu hören, aber die leisen Worte ließen den Hund sich Schritt für Schritt zuerst in die eine Richtung und dann in die andere bewegen. Die Schafe befanden sich inzwischen unmittelbar vor der Hürde, aber sie blickten sich noch unschlüssig um, und das Spiel war noch nicht beendet. Aber als Sweep fast unmerklich auf sie zukroch, drehten sie sich um und gingen hinein, und Mr. Crossley schloß rasch das Gatter hinter ihnen.
    Dabei sah er sich nach Sweep um und rief beglückt aus: »BRAVES TIER!« Der Hund antwortete ihm mit einem raschen, ruckartigen Wedeln seines Schwanzes.
    Daraufhin hob Gyp, der die ganze Zeit aufrecht dagestanden und jede Bewegung mit größter Aufmerksamkeit verfolgt hatte, den Kopf und ließ ein einzelnes, weithin schallendes Bellen hören.
    »WAU!« machte Gyp. Wir alle waren höchst überrascht.
    »Habt ihr das gehört?« Mrs. Wilkin sah uns verblüfft an.
    »Nicht zu fassen!« stieß ihr Mann hervor und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf seinen Hund.
    Gyp schien sich nicht bewußt zu sein, daß er irgend etwas Ungewöhnliches getan hatte. Er war viel zu sehr von dem Wiedersehen mit Sweep in Anspruch genommen, und es verstrich keine Minute, da wälzten sich die beiden Hunde wie in alten Zeiten in spielerischem Ringkampf auf dem Gras.
    Wahrscheinlich nahmen Mr. Wilkin und seine Frau genau wie ich an, in Zukunft werde Gyp wie jeder andere Hund Laut geben, aber das war nicht der Fall.
    Sechs Jahre später, als ich wieder einmal auf dem Hof war und mir im Haus heißes Wasser holen wollte, sah ich Gyp vor dem Küchenfenster in der Sonne liegen.
    »Hat er eigentlich seit damals noch mal wieder gebellt?« fragte ich Mrs. Wilkin, als sie mir den Eimer reichte.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nicht ein einziges Mal. Ich dachte immer, er tut es noch einmal, aber inzwischen habe ich die Hoffnung aufgegeben.«
    »Nun, das macht auch nichts. Aber den Nachmittag bei der Prüfung werde ich nicht vergessen«, sagte ich.
    »Ich auch nicht!« Sie sah Gyp an, und ihre Gesichtszüge bekamen etwas Weiches, als ihr die Sache wieder einfiel. »Armer Kerl!« sagte sie. »Hat mit seinen acht Jahren nur ein einziges Mal gebellt!«

7 - Mrs. Donovan
     
    DER WEISSHAARIGE ALTE HERR mit dem sympathischen Gesicht sah nicht aus wie jemand, der leicht in Erregung gerät, aber seine Augen funkelten mich zornig an, und seine Mundwinkel zuckten vor verhaltener Empörung.
    »Mr. Herriot«, sagte er, »ich bin gekommen, um mich zu beschweren. Sie lassen es zu, daß Studenten ausgerechnet an meiner Katze den Beruf erlernen. Dagegen erhebe ich energisch Einspruch.«
    »Studenten? Was für Studenten?« Ich war völlig verwirrt. »Sie wissen sehr gut, was ich meine, Mr. Herriot. Ich habe vor einigen Tagen meine Katze für eine Gebärmutterentfernung hierhergebracht, und ich spreche von dieser Operation.«
    Ich nickte. »Ja, ich erinnere mich sehr deutlich daran... aber was hat das mit Studenten zu tun?«
    »Nun, der Schnitt ist ziemlich groß, und ich weiß aus zuverlässiger Quelle, daß er von jemandem gemacht worden ist, der noch keine Erfahrung mit solchen Eingriffen hat.« Der alte Herr schob grimmig das Kinn vor.
    »Moment. Eins nach dem anderen«, sagte ich. »Ich habe die Operation an Ihrer Katze selbst vorgenommen. Der Einschnitt mußte vergrößert werden, weil das Tier trächtig war, und zwar schon in einem fortgeschrittenen Stadium. Durch die ursprüngliche Öffnung konnte ich die Fetusse nicht herausholen.«
    »Ach so. Das wußte ich nicht.«
    »Zweitens arbeiten bei uns keine Studenten. Die kommen nur während der Semesterferien, und dann erlauben wir ihnen ganz gewiß nicht, Operationen vorzunehmen.«
    »Aber diese Dame schien sich ihrer Sache ganz sicher zu sein. Sie warf einen Blick auf die Katze und erklärte, das habe ein Student gemacht.«
    »Dame?«
    »Ja«, sagte der alte Herr. »Sie versteht sehr viel von Tieren und fragte, ob sie mir helfen solle, die Katze gesundzupflegen. Sie brachte mir mehrere ausgezeichnete Stärkungsmittel mit.«
    Bei mir blitzte es. Plötzlich war mir alles klar. »Sie meinen Mrs. Donovan, nicht wahr?«
    »Nun... hm, ja, so heißt sie

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