Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
Vom Netzwerk:
Keiner von ihnen würde da sein, wenn Seamus O Flynns sterbliche Überreste in die Erde kamen, undTobey hatte vor, den Glanz ihrer Abwesenheit voll erstrahlen zu lassen. Sein Verhalten verwirrte Barry, und er musste ihm versprechen, sich am Tag nach der Beisetzung bei ihm zu melden.
    Gareth Dunne, dessen Mähdrescher sich Seamus hin und wieder ausgeliehen hatte, kam in die Kirche, um seinem Nachbarn die letzte Ehre zu erweisen, ebenso Jim Maher, der Saatgutverkäufer mit den Knopfaugen und durchsichtigen Ohren. Bridie O Hara war da, die nie eine Beerdigung verpasste, und John Hanlon, der mürrische, stets frierende Küster, der in der hintersten Bankreihe darauf wartete, dass die Trauerschar ging und er die Kirchentür zusperren konnte. Feargal Walsh saß neben Tobey und schluchzte während der ganzen Rede des Pfarrers. Er roch nach Torffeuer und Stall und Schnaps, und wenn er sich in sein Taschentuch schneuzte, klang es wie eine unter Höllenqualen ausgestoßene Verwünschung dieses Ortes, der für ihn jeglichen Trost verloren hatte. Father MacMahon hatte Tobey vor Beginn der Zeremonie gefragt, ob er ein paar Worte zu sagen gedenke, aber Tobey hatte abgelehnt; eine versöhnliche Lüge wollte er seinem Vater nicht hinterherschicken und eine Abrechnung allen Anwesenden ersparen.
    Er übernachtete in einem B & B außerhalb Killorglins und ließ sich am nächsten Tag noch einmal im Taxi zur Farm bringen. In seinem Zimmer stopfte er ein paar Sachen in eine Reisetasche, schloss alle Türen ab und legte den Schlüsselbund in das Versteck, das Megan kannte. Als er sich im Garten neben die Feuerstelle beim Apfelbaum setzte und eine halbverkohlte Seite aus einem alten Zeichenblock seiner Schwester fand, ergriff ihn unendliche Wehmut, und er ging zurück ins Haus, schrieb Megan einen Brief und legte ihn auf ihr Bett. Dann fand er, was er geschrieben habe sei töricht und voller Fehler, steckte das Blatt ein und verließ das Haus.
    Zu Fuß ging er in den Ort, durch die riesige Kindheitswelt, die klein und wunderlos geworden war. Bei der zerfallenen Scheune auf Fintan Kilduffs Grundstück lag der Grabstein, den Megan für eine überfahrene Katze aufgestellt hatte. SALLY hatte sie mit einem Nagel in den Sandstein geritzt, und darunter: ERMORDET. Er konnte sich gut an den Tag erinnern, an dem er und Megan das Tier am Straßenrand gefunden hatten. Megan hatte mit einem Holzstück und bloßen Händen ein Lochausgehoben und den Kadaver würdevoll ernst, aber ohne das von ihr so verabscheute kirchliche Brimborium bestattet. Sie behauptete, den Mann zu kennen, der das Tier auf dem Gewissen hatte, und eine Woche später sprach es sich im Ort herum, Terry Lawlors BMW sei dermaßen vandalisiert worden, dass der junge Raser beim Anblick seines Einundalles heulend zusammengebrochen und tagelang nicht ansprechbar gewesen sei. Fast ehrfurchtsvoll beschrieben sich die Leute gegenseitig, wie kaum ein Quadratzentimeter des mitternachtsblauen Metalliclacks ohne Kratzer geblieben war, wie die Täter die Gummidichtungen der Fenster aus den Fassungen geschnitten, die Scheibenwischer kunstvoll verbogen und die Reifen zerstochen hatten. Und in einer Mischung aus Empörung, Mitleid und Schadenfreude ließen sie sich über den armen Terry aus, der seiner Arbeit im Baumarkt ferngeblieben und bleich und dünn geworden war seit jenem schrecklichen Sonntag, an dem ihm fanatische Autohasser ein Stück seines Herzens herausgerissen hatten. Gerüchte und Mutmaßungen über die mögliche Täterschaft machten die Runde, aber anders als im Fall des entweihten Schuppens wusste Tobey diesmal, dass für diesen Racheakt seine Schwester verantwortlich war, auch wenn sie es ihm gegenüber nie zugegeben hatte.
    Am frühen Nachmittag fuhren sie in Barrys Auto nach Glenbeigh. Seine Eltern hatten Barry die Fahrstunden bezahlt unter der Bedingung, dass er noch mindestens zwei Jahre im Betrieb mithalf. Seinem Vater setzte das Rheuma immer mehr zu, und Antonia war nach Galway gezogen, wo sie eine Ausbildung zur Kindergärtnerin machte. Ins Schlachthaus musste er nicht, der Fleischwolf und die Wurstmaschine wurden im Raum hinter dem Ladenlokal aufgebaut. Nachdem er den Führerschein in der Tasche hatte, kaufte er sich einen elf Jahre alten Nissan, den er noch auf dem Gelände und unter den ungläubigen Augen des Autohändlers so verbeulte und zerkratzte, dass seine Eltern darauf verzichteten, den Schriftzug der Metzgerei auf die Türen zu kleben.
    Sie legten sich wenige

Weitere Kostenlose Bücher