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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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mich auf zu gehen, ohne mir zu sagen, warum?«
    »Ja.« Tanvir drehte sich zur Tür, wie um sicher zu sein, dass niemand in der Nähe war, und sah Megan dann eindringlich an. »Bitte glauben Sie mir, die Insel ist kein sicherer Ort für Sie.«
    »Aber für Sie?«
    Tanvir seufzte, rieb sich die Glatze. »Ich komme zurecht.«
    »Was haben Sie heute Abend gemacht?«
    »Gemacht? Wie meinen Sie das?«
    »Wie ich es sage. Was haben Sie heute Abend gemacht?«
    »Nun, ich habe für Montgomery und mich gekocht. Wir haben gegessen. Dann haben wir ein paar Runden Memory gespielt. Musik gehört. Etwa vor zwei Stunden wurde Monty unruhig.«
    »Waren Sie spazieren?«
    »Nein. Montgomery mag den Regen nicht.«
    »Und heute Nacht, als es nicht mehr regnete? Waren Sie da spazieren?«
    Tanvir sah Megan an, als suchte er in ihrem Gesicht nach einem Hinweis für den Grund ihrer Frage. »Nein. Warum fragen Sie?«
    »Warum lügen Sie?«
    Tanvir stieß einen Lacher aus, aber seine Miene zeigte Verwirrung und Bestürzung. »Was? Ich lüge nicht. Wie kommen Sie darauf?«
    »Ich habe Sie gesehen. Sie und Montgomery. Und die vier Männer im Boot.«
    Jetzt starrte Tanvir Megan an. Seine Hände lagen auf den Knien, und er bewegte sie nervös vor und zurück.
    »Haben diese Männer etwas mit der Gefahr zu tun, in der ich angeblich schwebe?«
    Es schien, als wiche mit dem tiefen Seufzer, der Tanvir entfuhr, alle Energie, aber auch alle Anspannung aus ihm heraus. Er lehnte sich zurück und ließ die Arme seitlich herunterhängen. Eine Weile fixierte er einen Punkt am Boden neben Megan. Schließlich holte er Atem und sagte: »Der Mann, mit dem ich mich getroffen habe, ist der Anführer einer islamistischen Separatistengruppe. Sein Name ist Farid. Es gibt in derGegend mehrere Banden, die für eine Unabhängigkeit von Manila und eine Islamisierung der Inseln im Süden kämpfen. Farid ist einer der gemäßigten Vertreter, aber es gibt andere, die bereit sind, Gewalt anzuwenden. Vor diesen gefährlichen, unberechenbaren Hitzköpfen warnt mich Farid immer wieder.«
    »Und das heißt konkret?«
    »Die Hitzköpfe planen einen Überfall auf die Station. Sie wollen keine Wissenschaftler aus dem Westen in ihrem Hoheitsgebiet.«
    Megan dachte kurz nach. »Die wollen uns töten?«, fragte sie dann. Beim letzten Wort hob Montgomery den Kopf und sah erst sie und danach Tanvir an.
    »Es ist gut, Monty«, sagte Tanvir mit tiefer, sanfter Stimme. »Es ist gut.«
    »Hat er das Wort verstanden? Töten?«
    »Ja. Es beunruhigt ihn.«
    »Na ja, wen nicht.« Megan streichelte Montgomerys Hand, und er legte den Kopf zurück auf ihre Beine.
    »Wie ich sehe, haben Sie Ihre Sachen gepackt.« Tanvir deutete zum Rucksack, der neben ihm auf dem Boden stand.
    »Ich will raus hier.«
    »Warum?«
    »Ist meine Sache.«
    Tanvir nickte. »Und wohin?«
    »Vielleicht ins Besucherzentrum.«
    »Sie müssen die Insel verlassen. Bitte. Um Ihre Frage von vorhin zu beantworten: Ja, Ihr Leben ist in Gefahr.«
    »Selbst wenn ich wollte, wie komme ich weg?«
    »Farid schickt ein Boot. Morgen Abend.«
    »Was ist mit den anderen?«
    »Carla weiß Bescheid.«
    »Ester? Malpass? Raske? Rosalinda, Miguel, Jay Jay.«
    »Rosalinda, Miguel und Jay Jay wird nichts passieren.«
    »Wer sagt das? Dieser Farid?«
    Tanvir nickte. »Ja.«
    »Die drei sind katholisch, oder?«
    Tanvir senkte den Blick. »Sie sind Philippinos.«
    »Aber keine Muslime.«
    »Ihnen wird nichts geschehen. Farid hat es versprochen.«
    »Farid der Gemäßigte. Und die Hitzköpfe? Haben die Ihnen auch etwas versprochen?«
    »Nein. Aber wenn alle die Insel verlassen, wird niemand zu Schaden kommen. Leider denken Raske und Malpass nicht daran, wegzugehen. Was Ester will, weiß ich nicht.«
    »Bestimmt nicht umgebracht werden.«
    »Ist sie in ihrem Zimmer?«
    »Ich glaube nicht.«
    Tanvir erhob sich, ging zur Tür, schlüpfte in die Sandalen und trat ins Freie. Wenig später hörte Megan ein Klopfen und Tanvir nach Ester rufen. Montgomery richtete sich auf und lauschte. Megan streichelte seine Hand.
    »Sie ist nicht da«, sagte Tanvir, als er zurückkam.
    »Ich werde ihr eine Nachricht schreiben.«
    »Gut. Sie soll nach Anbruch der Abenddämmerung zu mir kommen. Wir gehen dann zusammen zum Strand. Farid wird warten.«
    »Was ist mit ihm?« Megan deutete mit dem Kinn auf Montgomery, der eingedöst war. »Und mit Nelson und Chester und Wesley?«
    »Sie bleiben hier bei mir.« Tanvir setzte sich wieder hin.
    »Bei Ihnen? Sie gehen nicht

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