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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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weg?«
    »Vorläufig nicht.«
    »Haben Sie einen Deal mit denen gemacht?«
    »Sie werden uns in Ruhe lassen, mich und Nancy.«
    »Ach, die habe ich ja völlig vergessen! Und was ist mit Ruben?«
    »Er hat ebenfalls nichts zu befürchten.«
    Eine Weile schwiegen die beiden. Montgomery schnarchte leise. Eine Motte umkreiste die Lampe.
    »Was für ein Deal ist das?«
    »Ich bin Arzt, die brauchen einen.«
    »Und Nancy?«
    »Sie will nicht weg.«
    »Und die Hitzköpfe lassen sie bleiben?«
    »Ich verhandle nur mit Farid. Ich habe ihm einen Teil des Geldesangeboten, das Nancys Stiftung jedes Jahr schickt, und er war einverstanden. Er will Schulen bauen, Bücher kaufen, Lehrer bezahlen.«
    »Natürlich.«
    »Er ist kein schlechter Mensch, Megan. Kein Fanatiker.«
    »Wenn das so ist, könnte ich doch auch bleiben. Als Ihre Assistentin.«
    Ein Lächeln wischte über Tanvirs Gesicht. »Das geht nicht.«
    »Ich bin keine Katholikin.«
    »Sie sind eine Frau. Eine westliche Frau.«
    »Ich könnte eine Burka tragen. Niemand würde mich sehen.«
    Tanvir seufzte und stand auf. »Versprechen Sie mir, morgen zu kommen.« Er sah Megan an. »Megan.«
    »Ja, schon gut.« Megan beugte den Oberkörper nach vorne und legte ihre Wange in Montgomerys Handfläche.
    »Sie wollen wirklich Ihre letzte Nacht auf der Insel im Besucherzentrum verbringen?«
    »Ja«, sagte Megan leise.
    »Wie Sie meinen. Ich helfe Ihnen beim Umzug.« Tanvir hob den Rucksack auf und hängte ihn sich an die Schulter. Dann legte er Montgomery eine Hand auf die Schulter. »He, Monty, aufwachen.«
    Der Bonobo öffnete die Augen und blinzelte. Er war warm und roch wie ein Schrank voller Kleider.
    Megan lächelte und drückte sanft seine Hand. »Sie müssen mir nicht helfen«, sagte sie zu Tanvir.
    »Machen wir gerne. Nicht wahr, Monty?« Er sah den Bonobo an. »Megan helfen, ja?«
    Montgomery nickte eifrig. Er streckte sich, nahm die Mütze vom Bett und setzte sie auf.
    Megan holte ein paar Sachen aus dem Badezimmer und füllte eine Plastiktüte damit. Das Seepferdchen, das Montgomery ihr geschenkt hatte, lag auf dem Nachttisch. Sie wickelte es in Toilettenpapier und steckte es in die Brusttasche ihres Hemdes. Dann raffte sie die Bettlaken zusammen und klemmte sich das Kissen unter den Arm.
    »Und die hier?« Tanvir deutete auf die drei Buntstiftzeichnungen, die drei Bleistiftskizzen und beiden Aquarelle, die mit Nadeln befestigt an der Wand über der Kommode hingen.
    »Kann ich morgen holen«, sagte Megan. Sie legte das Bettzeug auf den Boden, spannte ein Blatt in die Olivetti und schrieb Ester eine Nachricht.
    KOMM IN DER ABENDDÄMMERUNG ZU TANVIR. WIR MÜSSEN DIE INSEL VERLASSEN. MEGAN.
    Sie zog das Blatt heraus und faltete es einmal. Dann hob sie das Bündel und die Plastiktüte auf, steckte sich die Taschenlampe, die Tanvir ihr gegeben hatte, vorne in den Hosenbund und trat vor die Tür. Sie spähte in die Dunkelheit und fürchtete, Ester könnte auftauchen, und gleichzeitig wünschte sie es sich.
    »Haben Sie alles?«
    Megan drehte sich um. Tanvir hatte Montgomery den Rucksack angehängt und hielt die Petroleumlampe in der Hand. Megan nickte. Sie dachte an das Typoskript und nahm sich vor, es am nächsten Tag aus dem Versteck zu holen. Sie ging zu Esters Zimmer und schob das gefaltete Blatt unter der Tür durch. Montgomery stand auf dem Weg, ein einsamer Wanderer in der Nacht. Sie ging zu ihm und nahm seine Hand. In ihrem Zimmer erlosch das Licht, und kurz darauf erschien Tanvir mit der gerollten Matratze unter dem Arm in der Türöffnung und schaltete die Taschenlampe ein.
    »Wissen Sie, dass der Hund gestorben ist?«, fragte Megan, als er neben ihr herging.
    »Himself? Nein. Ich war seit zwei Tagen nicht bei Nancy.« Tanvir blieb plötzlich stehen, als sei ihm die Bedeutung der Nachricht erst jetzt bewusst geworden. »Oh …«
    Auch Megan und Montgomery blieben stehen. »Herzversagen«, sagte Megan. »Als ich mich um ihn kümmern wollte, war er schon tot.«
    Tanvir starrte auf seine Füße, nickte. »Er war alt.«
    »Fünfzehn oder sechzehn, meinte Nancy.«
    »Die Arme. Sie hing sehr an dem Hund.«
    »Sie will, dass Raske ihr einen neuen besorgt.«
    »Nun, wir werden sehen.« Tanvir schulterte die Matratze und setzte sich in Bewegung.
    Megan und Montgomery gingen ebenfalls weiter. »Wir würden ihn gerne begraben. Morgen.«
    »Er muss erst kremiert werden. Außerdem ist der Boden zu nass. Mankann jetzt unmöglich eine Grube ausheben.« Tanvir schnaufte vor

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