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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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Chester und Wesley turnte, an anderen sank sie ein, als bewegte sie sich im Moor hinter Feargal Walshs Farm.
    Sie rannte hinkend, und bald tat ihr alles weh, die Füße, die Beine, der Rücken, die Seiten. Der ganze Körper verkrampfte sich, und sie ging langsamer, holte tief und gleichmäßig Luft und hob dabei die Arme. Als sie daran dachte, sich auszuruhen, sah sie am Ende des mit hohem Gras bestandenen Feldes die Ebene und dahinter, zwischen Bäumen, das Meer und beschloss, weiterzugehen und sich in den Sand zu legen.
     
    Die See war noch immer aufgewühlt und schmutzig, der Strand übersät mit Schwemmholz und Abfall. Dafür erstrahlte der Himmel in dramatischer Makellosigkeit. Eine verschwenderische Zahl an Sternen funkelte darin wie hingeworfene Diamanten auf einem Tuch aus schwarzem Samt. Megan setzte sich, zog den Turnschuh aus und krempelte das Hosenbein hoch. Sie tastete den Fuß ab, bewegte ihn vorsichtig hin und her. Der Knöchel war geschwollen, aber nicht verfärbt, ein Band schien nicht gerissen zu sein. Nachdem sie auch den zweiten Schuh ausgezogen hatte, ging sie durch den breiten Streifen aus Treibgut zum Wasser und watete in die Wellen, die braunen Schaum herantrugen und noch mehr Holz und Tang und Müll.
    Als sie sich nach einer Weile umdrehte und dorthin ging, wo der Sand trocken war, hörte sie den Motor. Sie kniff die Augen zusammen und spähte über die geriffelte Meeresfläche, aber ein Schiff oder Boot sah sie nicht. Das Tuckern wurde lauter, dann wieder leiser, schien ganz zu verstummen und drang wenig später erneut durch das Brandungsgeräusch. Megan setzte sich hin und zog die Schuhe an. Vor ihr lagen, auf Tangfetzen und Zweigen gebettet, Plastikflaschen, weiter weg leuchtete matt das Orange einer Styroporkugel, wie sie an Fischernetzen hingen.
    Sie stand auf und überlegte, in welche Richtung sie gehen musste, um zur Station zu gelangen, und sah das Licht. Erst war es nur ein weißer Punkt, der nach wenigen Sekunden verschwand, dann, während Megansich fragte, ob sie sich getäuscht hatte, sah sie ihn erneut. Das wiederholte sich so oft, bis sie sicher war, dass vielleicht zweihundert Meter von ihr entfernt jemand mit einer Taschenlampe stand. Sie ging vom Strand weg hoch zu dem Pfad, der zwischen dem Vegetationsgürtel und der Ebene verlief, und folgte ihm ein Stück weit.
    Dann hörte sie das Brummen des Motors laut und deutlich. Als sie zu einem Baum kam, dem der Regen die Erde unter den Wurzeln weggespült hatte und der jetzt hingestreckt im Sand lag, lief sie geduckt den Stamm entlang bis zur Krone, an deren Ästen ein paar welke Blätter hingen und Bärte aus Tang und Plastikfetzen. Sie kniete sich hin und beobachtete das Boot, das auf das träge blinzelnde Auge der Lampe zusteuerte, sich irgendwann quer zu den Wellen manövrierte und mit ihnen dem Ufer entgegenglitt. In der Brandungsgischt machte der Mann im Heck den Außenbordmotor aus und klappte ihn hoch, und zwei Männer sprangen vom Heck ins flache Wasser, um das Boot an Land zu ziehen. Der einzige Passagier blieb sitzen, bis er über eine Kiste, die ihm hingestellt wurde, trockenes Land betreten konnte. Der Mann war groß und trug ein weißes, knielanges Hemd und eine dunkle Hose und ging in ausholenden Schritten auf die Gestalt mit der Taschenlampe zu, die neben einem großen Stein auf ihn wartete. Während die beiden sich die Hand schüttelten, setzte sich die dreiköpfige Besatzung vor dem Bootsbug in den Sand, und wenig später flammte ein Streichholz auf und glühten drei Zigaretten in der Dunkelheit.
    Megan konnte die Gesichter der Männer nicht erkennen und nicht hören, was sie redeten, dafür war die Entfernung zu groß. Erst als sich der dunkle Fleck, den sie für einen Stein gehalten hatte, bewegte und über den vom Mondlicht nur schwach erhellten Strand ging, um mit einem Stock in den angeschwemmten Dingen zu stochern, sah sie, dass es Montgomery war. Jetzt glaubte sie auch Tanvirs Glatze schimmern zu sehen und sogar seine Stimme zu hören, was aufgrund der Distanz und des Brandungslärms unmöglich war. Sie überlegte, sich den Büschen und Bäumen entlang näher an die Männer heranzuschleichen, blieb dann aber, wo sie war. Der Schmerz in ihrem Fuß hatte sich zu einem dumpfen, unangenehmen Gefühl abgeschwächt, einem heißen Ziehen, wenn sie ihn bewegte. Sie setzte sich hin und wartete, ohne zu wissen, worauf.
    Nach einer Weile lehnte sie sich mit dem Rücken an den Stamm und streckte die Beine aus. Sie

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