Auf den Inseln des letzten Lichts
hatte.
Tobey schwieg. Er sah in den Abendhimmel, der nur von Motten und Fledermäusen belebt schien, ein Raum ohne Weite und ohne Sterne.
»Nicht gerade pulsierend, ich weiß«, sagte Tanvir und ließ die Arme sinken. »Ich hoffe, das Abendessen wird Sie ein wenig über die Enttäuschung hinwegtrösten.« Er ging quer über den Platz auf die Baracke zu, wo Insekten die erhellten Fenster flimmern ließen.
Tobey, noch immer flankiert von den beiden Philippinos, folgte ihm. Der Raum, den sie etwas später betraten, war etwa zehn Mal zehn Meter groß und die Luft darin kühl, bewegt von vier surrenden Deckenventilatoren. Das Licht kam von mehreren Leuchtstoffröhren und fiel auf einen Boden aus rohen Brettern, auf einen langen Tisch mit acht Stühlen,einen türlosen Schrank voller Geschirr und auf einen roten löchrigen Polstersessel. Regale voller Konserven, Flaschen und Einmachgläser säumten die Wände, zwischen zwei Kühlschränken stand ein Kochherd, in Pfannen und Töpfen dampfte Essen. Tanvir ließ sich in den Sessel fallen, zog die Schuhe aus und bedeutete Tobey, sich auf einen der Stühle zu setzen.
Kaum saß Tobey, befiel ihn unsagbare Müdigkeit. Er konnte nur mit Mühe die Augen offenhalten und legte die Arme auf die Tischplatte, um nicht vom Stuhl zu kippen. Der ältere Philippino holte einen Krug aus einem der Kühlschränke und füllte vier Gläser mit Wasser. Tanvir hob sein Glas und wollte zu einem Trinkspruch ansetzen, aber als er sah, dass Tobey bereits gierig trank, grinste er nur und leerte sein Glas ebenfalls in einem Zug.
Tobey spürte, wie sich das kalte Wasser in seinem Körper ausbreitete, wie es in seinen Magen floss und als leichter Schmerz hinter seinen Schläfen pochte. Seine Zunge war inzwischen zu einem tauben Klumpen geworden, der geschwollen und empfindungslos in seinem Mund lag. Er hörte, wie Tanvir und die Philippinos sich unterhielten, alle drei in einem rudimentären Englisch, in dem ab und zu ein Wort auftauchte, das Tobey für Tagalog hielt. Sein Kopf war gerade dabei, auf den Tisch zu sinken, als eine Frau durch die Tür trat, eine Philippina, groß und beleibt und mit einem Affen an jeder Hand. Das eine Tier war ein Bonobo, der einen uniformartigen Anzug aus leichtem blauem Stoff trug, das andere ein Schimpanse in langen grünen Hosen und einem orangefarbenen T-Shirt. Tobey war schlagartig hellwach. Er rieb sich die Augen und starrte das Trio mit offenem Mund an, was ihm erst bewusst wurde, als Tanvir lachte.
»Tobey, darf ich Ihnen Rosalinda vorstellen? Sie ist die gute Seele hier und außerdem für unser leibliches Wohl zuständig.«
Rosalinda, die ein weites ärmelloses Kleid aus blumengemustertem Stoff, ein ebenso farbenfrohes Stirnband und an den Füßen Plastiksandalen trug, bedachte Tobey mit einem Blick, in dem Verwunderung und Argwohn lagen.
»Die beiden Herren an ihrer Seite sind Montgomery und Chester.«
Der Schimpanse verzog für ein paar Sekunden die Lippen zu einem Grinsen, das ein schiefes Gebiss und hellrotes, fleckiges Zahnfleisch entblößte,dann sah er Tobey so treuherzig und einfältig an wie zuvor. Der Bonobo ließ Rosalindas Hand los, machte ein paar kleine Schritte auf Tobey zu und streckte ihm den Arm entgegen.
»Montgomery legt großen Wert auf gute Umgangsformen«, sagte Tanvir.
Tobey erhob sich verwirrt, streckte seinen rechten Arm ebenfalls aus und schüttelte die Hand des Menschenaffen, der ihm in die Augen sah und kurz mit dem Kopf nickte.
Rosalinda war inzwischen zum Herd gegangen und rührte in den Töpfen, während Chester in ihrer Nähe saß und mit zwei Fingern den Saum ihres Rockes festhielt. Montgomery holte den Wasserkrug von der Arbeitsfläche neben dem Kühlschrank, füllte zwei Gläser und reichte eines davon Tobey.
»Danke«, murmelte Tobey.
Montgomery prostete allen dezent zu, nippte an seinem Glas und setzte sich dann auf einen der Stühle am Ende des Tisches, als wollte er nun niemanden mehr behelligen oder einfach seine Ruhe. Tobey war noch immer völlig verblüfft, aber für die anderen schienen Szenen wie diese zum Alltag zu gehören. Tanvir schrieb etwas in ein kleines Notizbuch, die beiden Philippinos deckten den Tisch, und Rosalinda hantierte am Herd. Tobey beobachtete Montgomery aus den Augenwinkeln und wäre nicht erstaunt gewesen, wenn der Bonobo sich eine Zigarette angezündet und die Zeitung gelesen hätte. Aber er saß nur still da und öffnete bedächtig die Knöpfe seines Jacketts, ein müder
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