Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]
einem falschen Zeitpunkt, wenn sie vor der Beteiligung an einer Tat stand, die von der Gesellschaft als Mord bezeichnet wurde, auch wenn sie Selbstjustiz war.
Und wieder kam ihm der fürchterliche Verdacht, den er sofort erneut verdrängen und nicht weiter gedanklich durchspielen wollte. Doch gelingen wollte es ihm nicht. Und wenn sein Verdacht zur Gewissheit wurde?
»Nein!«, flüsterte er und war erschrocken, als er seine eigene Stimme in der Stille hörte, heiser und fremd.
»Nein!«, wiederholte er seine Abwehr gegen den furchtbaren Verdacht, der ihn weiter quälte, sich nicht verdrängen ließ.
Und so lag er, und die Stille umgab ihn.
Bachmann erschrak, als plötzlich die Klinke leise niedergedrückt wurde und Sarah auf Zehenspitzen rasch zu ihrem Bett huschte, als dunkler Schatten im Raum. Kaum vernehmlich raschelte ihr Bett.
Reglos lag er und lauschend.
Und er hörte Sarah heftig atmen.
Nun also war sie zurückgekehrt, und doch war er nicht froh. Eine Unruhe erfüllte ihn, die ihn nicht schlafen ließ, denn alles, was die Rache gefährdete, stellte eine Gefahr dar, und nun konnte auch Sarah zu einer Gefahr geworden sein! Oder war auch ein Gefühl im Spiel, dass man Eifersucht nannte?
Er täuschte einen tiefen Schlaf vor, und er verfluchte diese Situation, die ihm überhaupt nicht behagen wollte, da mit ihr in keiner Weise von ihm gerechnet worden war, und er somit auch nicht wusste, was er nun tun sollte.
Er ballte die Fäuste unter dem Deckbett.
Was konnte er tun?
Doch er fand keine Antwort!
Vielleicht lag auch Sarah wach und sie versuchten sich beide gegenseitig zu täuschen und dem anderen einen tiefen Schlaf vorzugaukeln? Auch das ist möglich, dachte er, sie will sicher sein, dass ich ihre nächtliche Abwesenheit nicht bemerkt habe.
Nur schwach schimmerte nun das Licht der Mitternachtssonne durch die dunkelblauen Gardinen. Er wagte nicht den Kopf zu heben, um nach Sarah schauen zu können. Nur leise anzurufen bräuchte er sie, nein, so sollte es nicht geschehen, er würde sie in den nächsten Tagen einfach nur beobachten müssen, um den anderen Mann entlarven zu können. Aber kannte er ihn denn nicht schon und wollte die Wahrheit nur verdrängen? Er begann die Lippen aneinander zu reiben. Es galt nur eines in den Tagen, die vor ihm lagen: Er musste mit Emmerlein zu einem Ende kommen, endgültig, unausweichlich, da durften die Gedanken an Sarahs seltsame Eskapade keine Rolle mehr spielen, er musste sich auf die Tat konzentrieren und das, was danach zu geschehen hatte, denn jeder Fehler konnte sich als fatal erweisen, wenn die Ermittlungen nach Emmerleins Verschwinden begannen. Und wieder dachte er an Sarah und Emmerlein, wie sie auf dem Dampfer Worte gewechselt hatten, die er nicht vernehmen konnte. War diesem Emmerlein ein solches Spiel zuzutrauen, ein so tödliches Spiel am Rande des Abgrunds, war es ein besonderer Reiz für ihn, mit der Mutter seines Opfers zu spielen? Um Kopf und Kragen? Doch Sarah war eine attraktive Frau, oft hatte er die heimlichen Blicke von Männern bemerkt. Irgendwann entführte ihn der Schlaf aus seinen Gedanken in eine schwarze, traumlose Welt, in der er nichts wahrnahm, wenn die Träume fehlten.
Am Morgen täuschte er einen langen Schlaf vor, damit sie dann erst den Frühstücksraum betraten, wenn Emmerlein in ihm nach dem Joggen bereits Platz genommen hatte. Sein Plan gelang, da Sarah ihn offensichtlich nicht wecken wollte und noch in ihrem Bett lag, bis er sich zu recken begann.
»Guten Morgen«, sagte er und nahm wahr, wie ihre Augen in seinem Gesicht forschten, als er zu ihrem Bett trat, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben.
›Lass dir nichts anmerken‹, riet die Stimme in ihm. ›Benimm dich so wie immer! Keine Regung in deinem Gesicht darf deinen Verdacht verraten!‹
»Du hast sehr lange geschlafen«, hörte er sie sagen. »Aber ich wollte dich nicht wecken.«
Er lächelte dankbar, doch das gespielte Lächeln fiel ihm schwer.
Später, im Frühstücksraum, setzte er sich nun so an den Tisch, dass er sowohl Sarah, als auch Emmerlein im Auge behalten konnte, der ihm flüchtig zunickte, als sie den Raum betreten hatten, ohne dabei zu lächeln oder auch nur ein Lächeln anzudeuten.
»Möchtest du Kaffee?«, hörte er Sarah fragen.
Nickend wunderte er sich, wieso sie ihn überhaupt fragte und mit dieser, wie ihm schien, übertrieben fürsorglichen Stimme. Hatte er denn jemals ohne eine Tasse Kaffee gefrühstückt?
Bedächtig bestrich er seine
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