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Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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zurückgesetzt von der Straße lag und von Soldaten mit Maschinengewehren bewacht wurde. Hier war die Sozialversicherungsabteilung des Ministeriums für Gesundheit und Soziales untergebracht. Sie hätte der Motor des neuen iranischen Sozialstaats werden sollen, hier hatten die iranische Regierung und EDS Seite an Seite gearbeitet. EDS belegte den gesamten sechsten Stock, in dem sich auch Bills Büro befand.
    Paul, Bill und Abolhasan zeigten ihre Ausweise vor und traten ein. Die Gänge waren schäbig und schmutzig, und es war kalt: Wieder einmal war die Heizung abgestellt. Man wies ihnen den Weg zu dem Büro, das Mr. Dadgar benutzte.
    Sie fanden ihn in einem kleinen Zimmer mit schmuddeligen Wänden hinter einem alten grauen Stahlschreibtisch sitzen, vor sich ein Notizbuch und einen Federhalter. Durchs Fenster konnte Paul das Datenzentrum sehen, das EDS nebenan bauen ließ.
    Abolhasan übernahm die Vorstellung. Auf einem Stuhl neben Dadgars Schreibtisch saß eine Iranerin, Mrs. Nurbasch. Sie war Dadgars Dolmetscherin.
    Sie nahmen auf den wackeligen Metallstühlen Platz. Es wurde Tee serviert. Dann fing Dadgar an, auf Farsi zu sprechen. Seine Stimme war leise, aber ziemlich tief, und sein Gesicht war völlig ausdruckslos. Paul musterte ihn, während er auf die Übersetzung wartete. Dadgar war ein kleiner stämmiger Mann in den Fünfzigern, und aus irgendeinem Grunde fühlte sich Paul an Archie Bunker, das englische Original von Ekel Alfred, erinnert. Dadgars Teint war dunkel und sein Haar in die Stirn gekämmt,als solle es eine beginnende Glatze überdecken. Er hatte einen Schnurrbart und trug eine Brille. Sein Anzug war unauffällig.
    Dadgar beendete seine Rede, und Abolhasan sagte: »Er weist darauf hin, daß er bevollmächtigt ist, Sie verhaften zu lassen, falls er Ihre Antworten auf seine Fragen nicht zufriedenstellend findet. Wenn Sie das nicht gewußt haben sollten, sagt er, können Sie das Verhör verschieben, um Ihren Anwälten Zeit zu geben, über eine Kaution zu verhandeln.«
    Diese Entwicklung der Dinge überraschte Paul, doch er schaltete schnell und erwog das Für und Wider, wie er es bei jeder anderen geschäftlichen Entscheidung getan hätte. Na gut, dachte er, das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, daß er uns nicht glaubt und uns festnehmen läßt – aber wir sind keine Mörder, und wenn wir eine Kaution stellen, sind wir innerhalb von vierundzwanzig Stunden wieder frei. Dann wären wir zwar an dieses Land gebunden und müßten uns mit den Anwälten beraten und eine Lösung suchen ... Aber schlimmer als die jetzige Situation kann das auch nicht sein. Er sah zu Bill hinüber. »Was meinst du dazu?«
    Bill zuckte mit der Schulter. »Goelz sagt, diese Unterredung sei eine reine Routineangelegenheit. Dieses Gerede über Kautionen klingt mir eher wie eine Formalität – so wie wenn man dich über deine Rechte belehrt.«
    Paul nickte. »Und eine Vertagung ist das letzte, was wir wollen.«
    »Bringen wir’s also hinter uns.«
    Paul wandte sich an Mrs. Nurbasch. »Bitte sagen Sie Mr. Dadgar, keiner von uns hat ein Verbrechen begangen und keiner von uns hat Kenntnis von einem Verbrechen, das ein anderer verübt hat. Wir sind daher überzeugt, daß keine Anklage gegen uns erhoben wird. Wir würden die Angelegenheit gerne heute noch erledigen, damit wir nach Hause reisen können.«
    Mrs. Nurbasch übersetzte.
    Dadgar sagte, er wolle zuerst Paul alleine verhören. Bill solle eine Stunde später wiederkommen.
    *
    Bill verließ den Raum und ging in sein Büro im sechsten Stock, von wo aus er das Bukarest anrief. Er erreichte Lloyd Briggs, den dritten in der Hierarchie nach Paul und ihm selbst.
    »Dadgar sagt, er habe Vollmacht, uns festzunehmen«, sagte er zu Briggs. »Wir müssen eventuell eine Kaution stellen. Ruf die Anwälte an und finde heraus, was das zu bedeuten hat.«
    »Klar«, sagte Briggs. »Wo bist du jetzt?«
    »Hier in meinem Büro im Ministerium.«
    »Ich ruf’ dich dann zurück.«
    Bill legte auf und wartete. Der Gedanke, er könne verhaftet werden, kam ihm lächerlich vor. Trotz der im Iran weitverbreiteten Korruption hatte EDS niemals Bestechungsgelder gezahlt, um an Aufträge zu kommen. Doch selbst wenn, so wäre das nicht seine Aufgabe gewesen: Er war für die Auslieferung der Arbeit, nicht für die Beschaffung von Aufträgen zuständig.
    Schon nach wenigen Minuten rief Briggs wieder an. »Ihr braucht euch keinerlei Sorgen zu machen«, sagte er. »Erst vorige Woche ist die Kaution für

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