Auf den Schwingen des Adlers
funktionieren. Sie liefern Informationen. Lesen Sie die Ausdrucke. Mit denen wird gearbeitet. «
Dadgar machte sich eine kurze Notiz. Paul fragte sich, worauf er in Wirklichkeit hinauswollte.
»Und was ist mit der Mahvi-Gruppe?« lautete die nächste Frage.
»Als wir im Iran anfingen, teilte man uns mit, wir müßten einen iranischen Partner haben, um hier Geschäfte abwickeln zu können. Die Mahvi-Gruppe ist unser Partner. Ihre Hauptaufgabe besteht jedoch darin, uns mit iranischem Personal zu versorgen. Wir haben zwar regelmäßige Besprechungen mit der Firma, aber mit unserer Arbeit und mit der Geschäftsleitung hat sie fast nichts zu tun.«
Dadgar fragte, warum Dr. Towliati, ein Ministerialbeamter, auf der EDS-Gehaltsliste stehe. Ergab sich da kein Interessenkonflikt?
Das war endlich einmal eine sinnvolle Frage. Paul sah ein, daß Towliatis Rolle zu Spekulationen Anlaß geben konnte. Doch war sie leicht zu erklären. »In unserem Vertrag verpflichten wir uns, Experten als Berater zur Verfügung zu stellen, um dem Ministerium zu helfen, den besten Nutzen aus unseren Dienstleistungen zu ziehen. Dr. Towliati ist ein solcher Berater. Er hat Erfahrung in der Datenverarbeitung und ist sowohl mit iranischem alsauch mit amerikanischem Geschäftsgebaren vertraut. Er wird von EDS statt vom Ministerium bezahlt, weil die Gehälter des Ministeriums für einen Mann seines Kalibers nicht attraktiv genug sind. Allerdings ist das Ministerium verpflichtet, uns sein Gehalt zurückzuerstatten, wie es der Vertrag festlegt; im Endeffekt wird er also nicht von uns bezahlt.«
Wiederum notierte Dadgar nur sehr wenig. Er hätte alle diese Informationen den Akten entnehmen können, dachte Paul; vielleicht hat er es längst.
»Aber warum zeichnet Dr. Towliati Rechnungen ab?« fragte Dadgar.
»Das läßt sich leicht erklären«, erwiderte Paul. »Das tut er nicht, hat es auch nie getan. Das einzige, was er tut, ist folgendes: Er erstattet dem Minister Bericht, wenn ein bestimmter Arbeitsabschnitt abgeschlossen ist und die technischen Einzelheiten für einen Laien zu kompliziert sind.« Paul lächelte. »Er nimmt seine Verantwortung dem Ministerium gegenüber sehr ernst – ja, er ist sogar unser schärfster Kritiker, und es ist charakteristisch für ihn, daß er stets eine Menge bohrender Fragen beantwortet haben will, bevor er einen Arbeitsabschnitt für abgeschlossen erklärt. Manchmal wünschte ich, er wäre nicht halb so penibel.«
Mrs. Nurbasch übersetzte. Paul dachte dabei: Hinter was ist Dadgar eigentlich her? Erst fragt er nach den Vertragsverhandlungen, die vor meiner Zeit geführt wurden; dann nach der Mahvi-Gruppe und nach Dr. Towliati, als ob die wahnsinnig wären. Vielleicht weiß er selber nicht, was er eigentlich sucht – vielleicht stochert er nur herum und hofft, auf einen Anhaltspunkt für irgendeine Unregelmäßigkeit zu stoßen.
Wie lange soll diese Farce eigentlich noch weitergehen?
*
Bill stand draußen im Korridor. Zum Schutz gegen die Kälte hatte er seinen Mantel übergezogen. Irgend jemand hatte ihm Tee gebracht, und während er ihn trank, wärmte er sich die Hände am Glas. Das Gebäude war nicht nur ungeheizt, sondern auch schlecht beleuchtet.
Bill war sofort aufgefallen, daß Dadgar sich ganz wesentlich von den Durchschnittsiranern unterschied: Er war kalt, barsch und unfreundlich. Die Botschaft hatte behauptet, Dadgar sei Paul und ihm gegenüber »wohlgesonnen«, aber das entsprach nicht dem Eindruck, den er gewonnen hatte.
Bill fragte sich, welches Spiel Dadgar wohl mit ihnen trieb. Versuchte er nur, sie einzuschüchtern, oder erwog er ernsthaft, sie festnehmen zu lassen? Wie dem auch sei: Das Treffen nahm einen völlig anderen Verlauf, als die Botschaft vorhergesagt hatte. Ihr Rat, hier ohne Anwälte oder Botschaftsvertreter zu erscheinen, wirkte jetzt eher unangebracht. Vielleicht wollte sie sich aus allem heraushalten. Egal – Paul und er waren nun auf sich allein gestellt.
Er sah aus dem Fenster und merkte, daß sich unten auf der Eisenhower Avenue etwas tat. Ein paar Häuser weiter hielten Oppositionelle Autos an und klemmten Khomeini-Bilder hinter die Scheibenwischer. Die Wachsoldaten am Ministerium hielten die Autos erneut an und zerrissen die Bilder. Mit der Zeit wurden die Soldaten immer aggressiver. Erst zertrümmerten sie die Scheinwerfer eines Wagens, dann die Windschutzscheibe eines anderen, als wollten sie den Fahrern eine Lehre erteilen. Schließlich zogen sie gar einen Fahrer
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