Auf den Schwingen des Adlers
Spiel gesetzt hatten, indem sie EDS zu einem Zeitpunkt beigetreten waren, da es sich noch um eine junge, ums Überleben kämpfende Firma handelte. Wie oft hatte er den richtigen Mann gefunden, ihn interviewt, sein Interesse geweckt und ihm eine Stelle angeboten, nur um später zu erfahren, daß dieser, nachdem er die Angelegenheit mit seiner Familie besprochen hatte, zu dem Ergebnis gekommen war, EDS sei zu klein, zu jung und zu risikoreich.
Paul und Bill hatten nicht nur den Sprung ins kalte Wasser gewagt, sondern sich abgerackert, um sicherzugehen, daß sich ihr Risiko bezahlt machte. Perot war es Paul und Bill schuldig, sie dort herauszupauken.
Er war es ihnen schuldig, die Regierung der Vereinigten Staaten dazu zu bewegen, ihren gesamten Einfluß bei den Iranern geltend zu machen.
Einst war Amerika Perot um Hilfe angegangen, und er hatte drei Jahre seines Lebens und einen Haufen Geld für die Kampagne zugunsten der Kriegsgefangenen geopfert. Jetzt war er an der Reihe, Hilfe von Amerika zu erbitten.
Seine Gedanken wanderten ins Jahr 1969 zurück, als der Vietnamkrieg seinen Höhepunkt erreicht hatte. Nicht wenige seiner Freunde waren entweder gefallen oder in Gefangenschaft geraten. Obwohl die Regierung es nicht eingestand, gab es viele, vielleicht Hunderte von Frauen und Kindern, die nicht wußten, ob ihre Männer und Väter getötet oder gefangengenommen worden waren. Und die Nordvietnamesen, die sich nicht an die Genfer Konvention gebunden fühlten, weil die Vereinigten Staaten ihnen niemals offiziell den Krieg erklärt hatten, weigerten sich, die Namen der Kriegsgefangenen bekanntzugeben.
Schlimmer noch: Viele der Gefangenen starben infolge von Vernachlässigung oder Mißhandlung. Präsident Nixon trug sich mit dem Gedanken, den Krieg zu »vietnamisieren« und die amerikanischen Truppen innerhalb von drei Jahren abzuziehen. Doch bis dahin wäre, schenkte man den CIA-Berichten Glauben, die Hälfte der Gefangenen ums Leben gekommen.
Perot drängte es, etwas zu unternehmen.
EDS verfügte während der Amtszeit Präsident Nixons über gute Beziehungen zum Weißen Haus. Perot flog nach Washington und sprach mit Henry Kissinger, dem wichtigsten außenpolitischen Berater des Präsidenten. Und Kissinger hatte eine Idee.
Die Nordvietnamesen stellten sich – zumindest zu Propagandazwecken – auf den Standpunkt, daß sie keineswegs mit dem amerikanischen Volke, sondern lediglich mit der amerikanischen Regierung im Streit lagen. Darüber hinaus präsentierten sie sich der Weltöffentlichkeit als David im Kampf gegen Goliath. Es sah ganz so aus,als legten sie großen Wert auf ihr Image. Es wäre also, so dachte Kissinger, durchaus möglich, die Gegenseite durch eine internationale Kampagne, die die Leiden der Kriegsgefangenen und ihrer Angehörigen enthüllte, in Zugzwang zu bringen mit dem Ergebnis, daß sie die Gefangenen besser behandelte und ihre Namen bekanntgab.
Die Kampagne mußte von Privathand finanziert werden und den Anschein erwecken, als hätte die Regierung nichts damit zu tun, wenngleich sie in Wirklichkeit von Mitarbeitern des Weißen Hauses und des Außenministeriums minuziös überwacht wurde.
Perot nahm die Herausforderung an – einer Herausforderung hatte er sich noch nie entzogen.
Er wandte sich an J. Walter Thompson, der Welt größte Werbeagentur, und unterbreitete ihnen sein Vorhaben. Sie boten ihm an, innerhalb von ein bis zwei Monaten eine Kampagne auf die Beine zu stellen und im Laufe eines Jahres mit den ersten Resultaten aufwarten zu können. Perot lehnte ab: Er wollte noch heute anfangen und morgen schon die ersten Ergebnisse sehen. Er kehrte nach Dallas zurück und berief ein Team von EDS-Managern, das sofort damit begann, die Herausgeber von Tageszeitungen anzurufen und einfache, ja laienhafte Anzeigen, die sie selbst formulierten, aufzugeben.
Die Reaktionen kamen postwendend und waschkörbeweise.
Die Befürworter des Krieges sahen in der Behandlung der Kriegsgefangenen den Beweis dafür, daß die Nordvietnamesen tatsächlich böse waren; für die Kriegsgegner war das Schicksal der Gefangenen ein weiterer Grund für einen Rückzug aus Vietnam. Nur die Verbissensten aus ihren Reihen lehnten die Kampagne ab.
1970 informierte das FBI Perot, der Vietkong habe die Black Panthers damit beauftragt, ihn zu ermorden. Und das klang, gegen Ende der verrückten sechziger Jahre, gar nicht einmal so verrückt. Perot heuerte eineLeibwache an, und einige Wochen später kletterten
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