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Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Herzschwäche.
    Und Scott blieb am Leben. Er entwickelte sich zu einem ganz und gar gesunden kleinen Burschen, der Fußball spielte, auf Bäume kletterte, durch Bäche watete und in der Nase bohrte. Und Coburn verstand allmählich, was andere Leute an Ross Perot fanden.
    Perots Einseitigkeit – seine Fähigkeit, sich vollkommen auf eine einzige Sache zu konzentrieren und alles andere beiseite zu schieben, bis diese Angelegenheit abgeschlossen war – hatte auch unangenehme Seiten. Manchmal war er verletzend. Ein oder zwei Tage nach Pauls und Bills Verhaftung war er in das Büro gekommen, in dem Coburn gerade mit Lloyd Briggs in Teheran telefonierte. Perot war es vorgekommen, als kommandiere Coburn Briggs herum, und da es zu seinen Maximen gehörte, daß die Beschäftigten in der Hauptverwaltung denen draußen auf dem Schlachtfeld, die die Situation am besten einschätzen konnten, keine Befehle zu erteilen hatten, handelte sich Coburn vor versammelter Mannschaft einen gnadenlosen Anpfiff ein.
    Perot besaß noch andere Schwächen. Als Coburn noch in einer untergeordneten Funktion in der Personalabteilung tätig gewesen war, hatte EDS jedes Jahr einen »Anwerber des Jahres« gekürt. Die Namen der Gewinner wurden auf einer Platte eingraviert. Die Liste reichte weit zurück, und es kam vor, daß einer der Gewinner später die Firma verließ. In solchen Fällen wollte Perot den betreffenden Namen auf der Platte löschen lassen. Coburn fand das merkwürdig. Der Bursche kündigte eben – na und? Er selbst war auch bereits »Anwerber des Jahres«gewesen und fand es sinnlos, die Geschichte umschreiben zu wollen. Es war beinahe, als fühle sich Perot persönlich beleidigt, wenn jemand zu einer anderen Firma ging.
    Perots Fehler waren die Kehrseite ein und derselben Medaille. Seine absonderliche Haltung Leuten gegenüber, die die Firma verließen, ging Hand in Hand mit seiner enormen Loyalität gegenüber seinen Angestellten. Seine gelegentlich gefühllose Schärfe war lediglich ein Bestandteil seiner unglaublichen Energie und Entschlossenheit, ohne die er EDS nie hätte auf die Beine stellen können. Coburn fiel es nicht schwer, Perot seine Fehler zu verzeihen.
    Er brauchte nur Scott anzusehen.
    *
    »Mr. Perot?« rief Sally. »Ich hab’ Henry Kissinger am Telefon.«
    Perots Herz setzte einen Schlag lang aus. Ob Kissinger und Zahedi es in den letzten vierundzwanzig Stunden geschafft hatten? Oder rief er nur an, um ihm zu sagen, daß alles umsonst gewesen war?
    »Ross Perot.«
    »Ich verbinde mit Henry Kissinger. Bitte bleiben Sie am Apparat.«
    Einen Augenblick später vernahm Perot den vertrauten gutturalen Akzent. »Hallo, Ross?«
    »Ja, am Apparat.« Perot hielt den Atem an.
    »Man hat mir zugesagt, daß Ihre Männer morgen früh um zehn Uhr Teheraner Zeit freigelassen werden.«
    Perot atmete aus, es war ein tiefer Seufzer der Erleichterung. »Dr. Kissinger, das ist das Schönste, was ich seit ich weiß nicht wie lange gehört habe. Ich kann Ihnen gar nicht genug danken.«
    »Die Einzelheiten müssen heute noch zwischen denBotschaftsangehörigen und Mitarbeitern des iranischen Außenministeriums geklärt werden, aber das ist eine reine Formalität. Man hat mir versichert, daß Ihre Männer freigelassen werden.«
    »Das ist einfach phantastisch. Wir sind Ihnen ungeheuer dankbar.«
    »Keine Ursache.«
    *
    In Teheran war es halb zehn Uhr morgens, in Dallas Mitternacht. Perot saß in seinem Büro und wartete. Die meisten seiner Mitarbeiter waren nach Hause gefahren, um zur Abwechslung einmal in einem Bett zu schlafen, und freuten sich darüber, daß Paul und Bill schon auf freiem Fuß wären, wenn sie wieder aufwachten. Perot blieb in seinem Büro, um die Angelegenheit bis zum Schluß im Auge zu behalten.
    In Teheran hielt sich Lloyd Briggs im Bukarest auf, während einer der iranischen Angestellten vor dem Gefängnis Posten bezogen hatte. Sobald Paul und Bill erschienen, sollte der Iraner im Bukarest, danach Briggs bei Perot anrufen.
    Jetzt, da die Krise beinahe abgeklungen war, nahm Perot sich die Zeit zu überlegen, wo der Fehler gelegen hatte. Einer fiel ihm sofort ein. Als er am vierten Dezember entschied, die Evakuierung sämtlicher Angestellten aus Teheran einzuleiten, war er nicht entschlossen genug vorgegangen. Er hatte zugelassen, daß nicht schnell reagiert wurde, und sich durch tausenderlei Einwände aufhalten lassen, bis es schließlich zu spät war.
    Aber der größte Fehler überhaupt war von vornherein der

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