Auf den Schwingen des Adlers
Island sein Sohn Scott geboren. Die Geburt verlief ohne Komplikationen, und zunächst hatte es ganz den Anschein, als sei Scott ein normales, gesundes Baby.
Als Coburn einen Tag nach der Niederkunft Liz besuchte, erzählte sie ihm, der kleine Scott sei ihr am Morgen nicht zum Stillen gebracht worden, und ein paar Minuten später kam eine Frau ins Zimmer und sagte: »Hier sind die Bilder von ihrem Baby.«
»Ich kann mich nicht erinnern, daß Bilder gemacht wurden«, erwiderte Liz. Die Frau zeigte ihr die Fotografien. »Nein, das ist nicht mein Kind.«
Einen Augenblick lang sah die Frau verwirrt aus, dann sagte sie: »Ach ja, richtig! Ihres ist ja das kleine Problemkind.«
Bis dahin hatten Coburn und Liz noch kein Wort von irgendwelchen Schwierigkeiten gehört.
Coburn machte sich auf, um nach dem einen Tag alten Scott zu sehen – und bekam einen fürchterlichen Schock.Das Baby lag unter dem Sauerstoffzelt, schnappte nach Luft und war blau angelaufen wie ein Paar Jeans. Die Ärzte berieten noch über den Fall.
Liz war vollkommen außer sich. Coburn rief den Hausarzt an und bat ihn, in die Klinik zu kommen. Dann wartete er.
Irgend etwas stimmte hier nicht. Was für ein Krankenhaus war das eigentlich, in dem einem nicht einmal mitgeteilt wurde, wenn das eigene Baby im Sterben lag? Coburn fühlte sich bestürzt und ratlos.
Er rief in Dallas an und ließ sich mit Gary Griggs, seinem Chef, verbinden. »Gary, ich habe keine Ahnung, warum ich dich eigentlich anrufe, aber ich bin mit meinem Latein am Ende.« Und er erklärte alles.
»Bleib mal dran«, sagte Griggs.
Kurz darauf kam eine unbekannte Stimme aus dem Hörer.
»Jay?«
»Ja.«
»Hier spricht Ross Perot.«
Coburn war bisher zwar zwei- oder dreimal mit Perot zusammengetroffen, hatte aber nie direkt mit ihm zusammengearbeitet. Er bezweifelte, daß sich Perot auch nur erinnern konnte, wie er aussah – EDS beschäftigte damals schon über tausend Mitarbeiter.
»Hallo, Ross.«
»Hör mal zu, Jay, ich brauche ein paar genauere Informationen.« Perot fing an, Fragen zu stellen: Wie lautete die Anschrift der Klinik? Wie hießen die Ärzte? Wie war die Diagnose ausgefallen? Coburn antwortete und fragte sich in Gedanken irritiert: Weiß Perot überhaupt, wer ich bin?
»Bleib mal eine Minute dran, Jay.« Eine kurze Gesprächspause. Dann: »Ich verbinde dich jetzt mit Dr. Urschel, einem guten Freund von mir und einem der führenden Herzchirurgen in Dallas.« Einen Moment späterbeantwortete Coburn erneut Fragen, diesmal diejenigen des Arztes.
»Sie brauchen nichts zu unternehmen«, beendete Urschel schließlich das Gespräch. »Ich werde mich mit den dortigen Kollegen in Verbindung setzen. Sie brauchen lediglich in der Nähe des Telefons zu bleiben, damit wir Sie erreichen können.«
»Yes, Sir« , sagte Coburn verwirrt.
Perot meldete sich wieder. »Alles klar soweit? Wie geht es Liz?«
Woher, zum Teufel, weiß er eigentlich, wie meine Frau heißt? dachte Coburn. »Nicht sonderlich gut«, antwortete er. »Ihr Arzt hat ihr jetzt irgend so ein Sedativum gegeben und ...«
Während Perot Coburn beruhigte, brachte Dr. Urschel das Krankenhauspersonal auf Trab. Er überredete die Ärzte, Scott in die Universitätsklinik von New York zu verlegen. Minuten später befanden sich Coburn und das Baby in einem Krankenwagen auf dem Weg in die Stadt.
Im Midtown-Tunnel blieben sie in einem Verkehrsstau stecken.
Coburn sprang aus dem Krankenwagen, rannte die fast eineinhalb Kilometer bis zum Zahlschalter und überredete den dortigen Bediensteten, alle Fahrbahnen zu sperren – bis auf die, auf der sich der Krankenwagen befand.
Als sie endlich in der New Yorker Universitätsklinik ankamen, wurden sie schon von zehn oder fünfzehn Leuten vor der Tür erwartet. Unter ihnen befand sich auch der führende Herzchirurg der Ostküste, der in derselben Zeit, die sie gebraucht hatten, um mit dem Krankenwagen nach Manhattan zu kommen, aus Boston eingeflogen worden war.
Während der kleine Scott eilends in die Klinik gebracht wurde, gab Coburn einen Umschlag mit Röntgenaufnahmen aus der ersten Klinik ab. Eine Ärztin warf einen flüchtigen Blick darauf. »Und wo sind die anderen?«
»Mehr habe ich nicht«, gab Coburn zurück.
»Mehr haben die dort nicht gemacht?«
Neue Aufnahmen und andere Untersuchungen zeigten, daß Scott nicht nur ein Loch in der Herzscheidewand, sondern auch eine Lungenentzündung hatte. Kaum wurde diese richtig behandelt, besserte sich auch seine
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