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Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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worden, und im Gefängnis heißt es, sie werden auch nicht entlassen.«
    »Scheiße.«
    »Die Lage da drüben spitzt sich immer mehr zu. Hast du die Nachrichten gesehen?«
    »Klar.«
    »Findest du nicht auch, daß es Zeit für Simons ist?«
    »Jaa-aa, ich glaub’ schon.«
    »Hast du seine Nummer?«
    »Nein, aber ich kann sie mir besorgen.«
    »Ruf ihn an«, sagte Perot.
    *
    Bull Simons wurde langsam, aber sicher verrückt.
    Er spielte mit dem Gedanken, sein Haus niederzubrennen. Es war ein alter Holzbungalow, er würde wie Zunder brennen, und das wäre dann endlich das Ende. Das Haus war die reinste Hölle für ihn, aber eine Hölle, die er nicht verlassen wollte, denn sie barg die bittersüßen Erinnerungen an eine Zeit, da sie der Himmel auf Erden gewesen war. Und eben das machte sie zur Hölle für ihn.
    Lucille hatte dieses Plätzchen ausgesucht. Sie hatte es in einer Anzeige gefunden, und gemeinsam waren sie von Fort Bragg/North Carolina hergeflogen, um es sich anzusehen. Das baufällige Haus stand inmitten eines sechzehn Hektar großen, urwüchsigen Waldes an der Red Bay in einer der ärmsten Gegenden Floridas. Allerdings gab es dort auch einen großen See voller Barsche.
    Lucille hatte sich auf den ersten Blick in dieses Plätzchen verliebt.
    Das war 1971 gewesen, als Simons in Pension gehenwollte. Zehn Jahre lang war er nun Oberst gewesen, und wenn ihm schon der Sturm auf Son Tay keine Beförderung eingebracht hatte, dann würde er nie mehr General werden. Die Wahrheit war einfach, daß er nicht in Generalskreise paßte: Er war nie mehr als Reserveoffizier gewesen, er hatte nie eine der führenden Militärakademien wie zum Beispiel West Point absolviert, er neigte zu unkonventionellen Methoden, und die Washingtoner Cocktailparties mit der obligatorischen Arschkriecherei waren nicht seine Sache. Er wußte, daß er ein verdammt guter Soldat war, und wem das nicht genügte, nun ja, dem war Art Simons halt nicht gut genug. Also ging er in Pension, und er bereute es nicht.
    Die glücklichsten Jahre seines Lebens hatte er hier in Red Bay verbracht. Während ihrer Ehe waren er und Lucille oft getrennt gewesen, manchmal, während seiner Einsätze in Vietnam, Laos und Korea, bis zu einem Jahr lang. Vom ersten Moment seiner Pensionierung an verbrachten sie jede Minute ihres Lebens zusammen und waren unzertrennlich.
    Simons züchtete Schweine. Er hatte keine Ahnung von der Landwirtschaft, aber er las sich die notwendigen Kenntnisse an und zimmerte sogar die Ställe selbst. Nachdem die Arbeit einmal lief, merkte er, daß es – sah man einmal vom Schweinefüttern ab nicht viel für ihn zu tun gab, und so verbrachte er viel Zeit mit seiner einhundertundfünfzig Einzelstücke umfassenden Gewehrsammlung. Allmählich richtete er sich sogar eine kleine Waffenschmiede ein, reparierte seine eigenen und die Gewehre der Nachbarn und versorgte sie mit Munition. Fast jeden Tag wanderte er Hand in Hand mit Lucille durch den Wald zum See hinunter, wo sie hin und wieder einen Barsch fingen. Nach dem Abendessen pflegte sich Lucille, als wolle sie sich für ein Rendezvous zurechtmachen, ins Schlafzimmer zurückzuziehen, um später mit einem Hausmantel über dem Nachthemd und einer rotenSchleife in ihrem tiefdunklen Haar wieder aufzutauchen und sich auf seinen Schoß zu setzen ...
    Solche Erinnerungen brachen ihm schier das Herz.
    Sogar seine Söhne schienen in diesen Jahren endlich erwachsen zu werden. Harry, der jüngere der beiden, war eines Tages nach Hause gekommen und hatte zu ihm gesagt: »Dad, ich bin von Heroin und Kokain abhängig. Ich brauche deine Hilfe.« Simons wußte kaum etwas über Drogen. Einmal hatte er in der Praxis eines Arztes in Panama Marihuana geraucht, um seinen Männern, bevor er ihnen einen Vortrag über Drogenmißbrauch hielt, sagen zu können, daß er sich mit dem Zeug auskannte. Doch über Heroin wußte er nur, daß es tödlich wirken konnte. Und trotzdem hatte er Harry helfen können, indem er ihn beschäftigt hielt und draußen an der frischen Luft Schweineställe bauen ließ. Oftmals ging Harry aus dem Haus, fuhr in die Stadt und verschaffte sich Drogen, doch jedesmal kam er zurück, und am Ende brauchte er die Stadt nicht mehr.
    Diese Episode hatte Simons Harry wieder nähergebracht. Zu Bruce, seinem Ältesten, würde er niemals ein engeres Verhältnis bekommen, aber wenigstens hatte er aufgehört, sich ständig Sorgen um den Jungen zu machen. Den Jungen? Er war über Dreißig und beinahe ebenso

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