Auf den Schwingen des Adlers
wissen.
Coburn sah Perot an. Der schüttelte den Kopf. Und Coburn sagte: »Hm, es gibt da noch eine Menge Arbeit, Aufräumarbeiten, sozusagen, rein verwaltungsmäßig ...«
»Du kannst Perot ausrichten, wegen irgendso ’nem Verwaltungsscheiß gehe ich nicht zurück.«
Sculley fing an zu lachen.
»Keane, hier ist noch jemand, der gerne mit dir sprechen möchte«, sagte Coburn.
»Keane, hier spricht Ross«, sagte Perot.
»Oh. Ähem, hallo, Ross.«
»Ich schicke dich zurück, damit du dort etwas sehr Wichtiges erledigst.«
»Oh.«
»Verstehst du, was ich damit sagen will?«
Es entstand eine lange Pause, dann sagte Taylor: »Yes, Sir.«
»Gut.«
»Ich mache mich gleich auf den Weg.«
»Wie spät ist es bei euch?«
»Sieben Uhr morgens.«
Perot warf einen Blick auf seine Uhr. Es war Mitternacht.
Das Jahr 1979 hatte begonnen.
*
Taylor saß in seinem Hotelzimmer in Frankfurt auf der Bettkante und dachte an seine Frau.
Mary befand sich mit den Kindern Mike und Dawn in Pittsburgh, wo sie bei seinem Bruder Unterschlupf gefunden hatten. Bevor er Teheran verließ, hatte er sie angerufen und ihr gesagt, er käme nach Hause. Sie hatte sich riesig darüber gefreut. Und sie hatten Pläne für die Zukunft geschmiedet: Sie würden nach Dallas zurückkehren, ihre Kinder dort einschulen ...
Mary würde sich bestimmt Sorgen machen.
Zum Teufel, er machte sich selber Sorgen.
Er dachte an Teheran zurück. Er hatte nicht an dem Projekt für das Gesundheitsministerium gearbeitet, sondern sich mit einem kleineren Auftrag, der Umstellung der altmodischen, handschriftlich geführten Buchhaltung der Bank Omran auf elektronische Datenverarbeitung beschäftigt. Ungefähr vor drei Wochen hatte sich eines Tages eine große Menschenmenge vor der Bank versammelt – Omran war die Bank des Schahs von Persien. Taylor hatte seine Leute nach Hause geschickt. Er selbst und Glenn Jackson verließen das Gebäude als letzte; sie verschlossen die Tür und gingen in Richtung Norden.
Als sie in die Hauptstraße einbogen, sahen sie sich dem Mob gegenüber, und genau in diesem Moment eröffnete das Militär das Feuer und schoß in die Menge.
Taylor und Jackson suchten in einem Hauseingang Deckung. Irgend jemand öffnete die Tür und brüllte ihnen zu, hereinzukommen. Sie folgten ihm – doch bevor ihr Retter die Tür wieder schließen konnte, hatten sich vier Demonstranten, verfolgt von fünf Soldaten, gewaltsam Zutritt zum Haus verschafft.
Taylor und Jackson drückten sich an die Wand und beobachteten, wie die mit Gewehren und Schlagstöcken bewaffneten Soldaten auf die Demonstranten einprügelten. Einer der Aufständischen versuchte zu entkommen. Dabei wurden ihm zwei Finger einer Hand fast abgerissen, und das Blut spritzte über die Glastür. Er gelangte hinaus, brach aber auf der Straße zusammen. Die Soldaten schleiften die anderen drei hinaus, einer von ihnen nur noch ein blutiges Häufchen Elend, aber noch bei Bewußtsein, seine beiden Kameraden besinnungslos oder tot.
Taylor und Jackson blieben, bis es draußen wieder ruhig geworden war. Der Iraner, der sie gerettet hatte, sagte immer wieder: »Verlassen Sie das Land, solange es noch geht.«
Und jetzt, dachte Taylor, muß ich Mary sagen, daß ich eben eingewilligt habe, mich diesem ganzen Schlamassel von neuem auszusetzen.
Um etwas sehr Wichtiges zu erledigen.
Ganz offensichtlich ging es um Paul und Bill. Wenn Perot am Telefon nicht darüber sprechen konnte, dann handelte es sich höchstwahrscheinlich um etwas Geheimes, möglicherweise sogar Illegales.
Irgendwie war Taylor, trotz seiner Angst vor dem Mob, sogar froh darüber. Als er noch in Teheran war, hatte er mit Emily Gaylord, Bills Frau, telefoniert und ihr versprochen, das Land nicht ohne ihren Mann zu verlassen. Die Anweisung aus Dallas, alle außer Briggs und Gallaghersollten ausgeflogen werden, hatte ihn gezwungen, sein Wort zu brechen. Jetzt gab es eine neue Order, und vielleicht konnte er Emily gegenüber sein Versprechen doch noch einlösen.
Tja, dachte er, zu Fuß komme ich da nicht hin. Am besten kümmere ich mich um einen Flug. Er griff wieder zum Telefon.
*
Jay Coburn erinnerte sich, wie er Perot das erste Mal in voller Aktion erlebt hatte. Er würde es sein Leben lang nicht mehr vergessen.
Es geschah im Jahre 1971. Coburn arbeitete seit knapp zwei Jahren bei EDS. Er war für die Personalabteilung tätig, mit Standort in New York City. Im`selben Jahr wurde in einer kleinen katholischen Klinik auf Staten
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