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Auf Den Schwingen Des Boesen

Auf Den Schwingen Des Boesen

Titel: Auf Den Schwingen Des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Allison Moulton
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Cadan und Will Halbbrüder waren, ein Geheimnis, das mich von innen her förmlich auffraß. Am Horizont stieg die Morgendämmerung herauf und warf einen schwachen Schimmer durch die zerbrochenen Fenster und das eingerissene Mauerwerk. Und nachdem wir eine halbe Ewigkeit schweigend dagesessen hatten, stand Will endlich auf. Wie ein Zombie ging er an mir vorbei, als würde er mich gar nicht wahrnehmen. Ich erhob mich ebenfalls, hielt jedoch vorsichtig Distanz.
    Ich folgte ihm nach draußen. Auf der Terrasse blieb er stehen und starrte auf den zertrampelten Rasen. Die eiskalte Luft und der Schmerz in meinem Herzen ließen mich erschauern. Mit langsamen, schweren Schritten ging er die Stufen hinunter bis zu der Stelle, an der Nathaniel gestorben war. Dort blieb er stehen und sah hinab auf den Boden. Behutsam trat ich näher. Seine Arme hingen nach unten, und die Fäuste waren so fest zusammengeballt, dass die Knöchel weiß hervortraten. Gleichzeitig wuchsen seine Flügel und glitten durch die Risse des T-Shirts. Sie entfalteten sich langsam, fast feierlich, und das Licht der Morgendämmerung verlieh den perlmuttfarbenen Federn einen goldenen Schimmer. Zu seinen Füßen waren Nathaniels Überreste.
    »Will«, flüsterte ich. »Sag etwas.«
    Die Stille zwischen uns war wie ein Vakuum, das mein Gehirn aufzusaugen schien. Er stand wie eine Statue im Morgenlicht, die Gesichtszüge verhärtet, wie der Stein, zu dem Nathaniel geworden war. Ich streckte die Hand nach ihm aus und hatte ein bisschen Angst, er könnte zerbrechen, wenn ich ihn berührte.
    »Es tut mir so leid, Will«, flüsterte ich.
    Er sah mich an, das Grün seiner Augen war zu einem stumpfen Grau verblasst, und seine Lippen spannten sich, als wolle er etwas sagen, sie versagten jedoch ihren Dienst. Ich ließ die Finger in sein Haar gleiten, stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. Er atmete aus, blieb aber weiterhin so steif stehen, dass ich fürchtete, er könnte jeden Moment in Stücke brechen. Ich küsste seine Lippen, worauf seine Schultern sich entspannten und ihm eine Träne die Wange herablief.
    »Es tut mir so leid«, sagte ich und küsste ihn noch einmal.
    Ich ließ die Hand seinen Hals hinabgleiten, dann über die Brust bis zum Rücken, wo die weichen Federn seiner Flügel meine Haut streiften. Als ich mich an seine Brust schmiegte, begann er endlich, sich zu regen, beugte sich über mich und schlang die Arme um meinen Körper. Er vergrub das Gesicht in meinem Haar und drückte mich ganz fest an sich.
    Ich wich zurück, und er sah mir traurig in die Augen, während er mich weiter in den Armen hielt. »Du musst dich ausruhen«, sagte ich. »Du brauchst dringend Schlaf.«
    Bedrückt schüttelte er den Kopf. »Ich kann nicht. Nicht jetzt.«
    »Sobald du dich hinlegst, wirst du einschlafen.« Ich nahm seine Hand und führte ihn zurück ins Haus. Wir stiegen über die Trümmer und gingen über die halb zerstörte Treppe nach oben in sein Zimmer. Der erste Stock war weitgehend unversehrt und wirkte fast, als sei nichts geschehen. In Wills Zimmer lugten die ersten Strahlen der Morgensonne durch die Fensterläden und ließen den Raum etwas wärmer wirken, als er war.
    Nachdem ich die Tür geschlossen hatte, zog ich Will das zerfetzte T-Shirt aus, während er mich keine Sekunde aus den Augen ließ. Da er so lange nicht gegessen und geschlafen hatte, war seine Haut ganz bleich, wodurch die Tätowierungen an Arm und Hals besonders deutlich hervortraten. Ich warf das T-Shirt zu Boden, und als ich mich wieder zu ihm umdrehte, legte er den Arm um meine Taille und küsste mich mit geöffneten Lippen, ganz anders, als ich ihn kurz zuvor draußen geküsst hatte. Er zog mich an seine nackte Brust. Sein Kuss war heiß und heftig und entfachte ein sehnsuchtsvolles Ziehen in meinem Inneren. Ich legte die Hände auf seine Arme und festigte meinen Griff, bevor ich ihn widerwillig zurückschob. Er brach den Kuss ab und sah mich verwirrt an. Ich schluckte, in der Hoffnung, ihm durch mein Verhalten erklärt zu haben, was ich nicht aussprechen mochte. Diese Art von Nähe war nicht das, was wir in diesem Augenblick brauchten. Es fiel mir unglaublich schwer, ihn zurückzuweisen, aber es war besser so. Dies war nicht der richtige Moment.
    Die Enttäuschung schwand schnell aus seinem Gesicht, und er blickte ernst zu mir herunter. Sanft legte ich ihm die Hand auf die Brust und führte ihn zum Bett. Ich kletterte als Erste hinein. Die Finger locker mit meinen

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