Auf Den Schwingen Des Boesen
»Ich werde mich dir nicht beugen, niemals!«
»Ich weiß, mein Sohn«, sagte Bastian. »Aber der dämonische Teil von dir sehnt sich danach. Du verstößt gegen deine Natur, bekämpfst deine eigene Art. Sag so oft Nein, wie du willst, ich werde es dir trotzdem noch einmal anbieten. Komm zu mir, dann lasse ich dir das Leben. Doch ihr kann ich es nicht lassen. Sie kann alles zunichtemachen, wofür wir gearbeitet haben.«
Will gab ein zorniges, ungeduldiges Knurren von sich. »Nein! Ich werde sie dir nicht ausliefern, damit du sie tötest, um die Welt zerstören zu können!«
»Du begehst einen schrecklichen Fehler, William.«
»Nein!« , schrie Will und richtete seine Klinge auf Bastians Hals, doch ich sah, dass er zitterte. »Das ist kein Fehler! Du bist derjenige, der irregeleitet ist. Ich kann nicht einfach fünf Jahrhunderte wegwerfen. Ich kann nicht mein ganzes Leben wegwerfen! Um keinen Preis werde ich sie und den Rest der Welt zum Tode verurteilen!«
In diesem Moment landete eine dunkel gekleidete Gestalt und faltete die silbrig weißen Flügel hinter dem Rücken. Cadans Auftauchen ließ mich vor Schreck erbeben. Seine Schwingen waren wieder wie Fledermausflügel, mit denen er im Nieselregen besser fliegen konnte. Zuerst fixierte er mich eine halbe Ewigkeit, bevor er gequält in Bastians Richtung schaute.
Bastian fuhr ihn an. »Ich habe dir doch gesagt …«
»Ich kann nicht«, fiel Cadan ihm ins Wort. »Ich kann dich nicht gewähren lassen. Das hier muss aufhören, und wenn ich derjenige bin, der es beenden muss, werde ich es tun.«
Bastians Gesicht erstarrte. »Du stellst dich gegen mich? Warst du etwa derjenige, der Ivana getötet hat?«
»Ja«, erwiderte Cadan und hob trotzig das Kinn. »Du irrst dich, was diese Welt angeht. Die Menschen …«
»Die Menschen sind längst dabei, diese Welt zu zerstören!«, brüllte Bastian. »Sie sind schwache, unbeständige Wesen. Sie verdienen es nicht, die Welt zu regieren. Sie verdienen es nicht, den Himmel mit ihrer Anwesenheit zu verseuchen! Nicht, wenn wir ihn erobern können.«
Cadan schüttelte den Kopf. »Menschen sind von Natur aus gut. Du und ich – wir gehören nicht hierher. Wir gehören nirgendwohin. Uns dürfte es gar nicht geben, und nicht wir, sondern die Menschen sind dazu bestimmt, in den Himmel aufzusteigen. Du kannst nicht sieben Milliarden Seelen vernichten, nur weil du sie beneidest!«
Bastian explodierte wie ein Vulkan. Er verschwand und tauchte direkt vor Cadan wieder auf. Die Hand brutal um seinen Hals gekrallt schleuderte er Cadan mit dem Rücken gegen eine Hauswand, deren verwitterte Holzverkleidung zersplitterte. Will hielt schützend den Arm über mich. Er wusste zwar jetzt, dass Bastian sein Vater war, aber weder er noch Cadan ahnten, dass sie Halbbrüder waren. Ich wünschte, ich hätte es ihnen erklären können, schwieg jedoch. Es war nicht der richtige Zeitpunkt. Es hätte alles nur noch schlimmer gemacht.
»Wie kannst du es wagen?«, krächzte Bastian. »Wie kannst du es wagen, mir derart widerwärtige Gefühle zu unterstellen?«
Cadan schluckte. »Weil das alles ist, was du bist – widerwärtig .«
Er feuerte Bastian seine Macht entgegen – mit einer Kraft, die Bastian offensichtlich nicht vorausgesehen hatte, denn sein Gesicht war verzerrt vor Schreck, als er durch die Luft geschleudert wurde und gegen eine Mauer prallte. Taumelnd kam er wieder auf die Beine und blickte entsetzt zu seinem Sohn auf.
Cadan starrte auf ihn herab. »Du hast den Himmel noch weniger verdient als diese Bestie, die du aus den Gedärmen der Erde zurückgeholt hast. Du willst alles zerstören, weil du die Menschen um ihre Seelen beneidest und weil du schreckliche Angst vor dem Tod hast. Du kannst den Himmel nicht erlangen, und ich kann es auch nicht. Keiner von uns kann es. Du willst Rache nehmen, obwohl du niemals Grund hattest, dich zu rächen. Es ist nicht richtig! Menschen- und Engelsgeschlechter auszulöschen ist nicht richtig . Ich kann nicht zulassen, dass du so weitermachst. Ich kündige dir die Gefolgschaft. Ich werde die Preliatin verteidigen, komme, was wolle. Selbst wenn es mich das Leben kostet, selbst wenn ich mich deshalb gezwungen sehe, dich zu vernichten.«
Bastian sprang auf, um zuzuschlagen, doch Cadan bekam seine Faust zu fassen und drückte Bastians Arm nach unten. »Ich bin stärker geworden«, sagte Cadan. Er trat Bastian gegen die Brust, rief eine lange, elegant geschwungene Klinge herbei und richtete sie auf seinen
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