Auf Den Schwingen Des Boesen

ich blickte hilfesuchend zu Kate. Ihr Gesicht wirkte vollkommen ruhig, als hätte sie nichts mit der Sache zu tun und würde keine Konsequenzen fürchten.
    Mr Johansson schüttelte missbilligend den Kopf, als er mit wässrigen Augen unsere Textnachrichten studierte. Er roch nach muffigen alten Pullovern, wie sie in den Antiquitäten- und Secondhandläden herumhingen, in die meine Grandma mich an verregneten Samstagnachmittagen schleppte, wenn ich bei ihr zu Besuch war. Seine Hände waren ganz verschmiert von den Eddingstiften, die er den ganzen Tag benutzte, und ich sah schon die schmutzigen Fingerabdrücke vor mir, die er auf dem Touchscreen hinterlassen würde. »Klingt ja skandalös, meine Damen. Immer noch in ihn verliebt, was, Miss Monroe?«
    Beschämt senkte ich den Blick und starrte auf meinen Schreibblock. Ich hörte das Gelächter und Getuschel meiner Klassenkameraden und spürte ihre Blicke. Es war unfassbar. Ich hatte immer gedacht, Lehrer würden nur in albernen Teenagerfilmen die SMS ihrer Schüler vor der versammelten Klasse laut vorlesen. Das durfte einfach nicht wahr sein.
    »Sie werden heute Nachmittag noch ein Weilchen in der Schule bleiben. Nachsitzen – alle beide«, verkündete Johansson feierlich, als sei es eine Heldentat, zwei Mädchen beim SMS-Schreiben zu erwischen. »Dann können Sie in aller Ruhe meine Notizen abschreiben, statt sich Nachrichten zu schicken. Danach werden Sie Ihre Handys zurückerhalten.«
    Er schnappte sich auch Kates Telefon und schlenderte zum Pult zurück. Für den Rest der Stunde stellte ich meine Ohren ganz bewusst auf Durchzug.
    Kate stach mit der Gabel auf ihren Salat ein, als wolle sie die Gurkenscheiben ermorden, bevor sie sie sich in den Mund schob. Sie fluchte wie ein Kutscher. »Wir sollten den Mistkerl umbringen.«
    »Ja, das sollten wir.«
    »Wie kann er unsere Nachrichten erst laut vorlesen und uns obendrein noch nachsitzen lassen?«
    »Allerdings!« Warum war bloß er nicht von einem Reaper gefressen worden statt Mr Meyer?
    »Ladys!«, begrüßte uns Landon, ließ sich neben Kate nieder und verpasste ihr einen Schmatzer auf die Wange. Sie warf ihm einen bösen Blick zu und knuffte ihn. Dann erklärte sie ihm, was Mr Johansson uns eingebrockt hatte.
    »Regt euch doch nicht künstlich auf. Das Nachsitzen dauert doch nur eine Stunde. Danach bleibt euch doch noch jede Menge Zeit, um euch für heute Abend fertig zu machen«, sagte Landon lächelnd, konnte unsere Laune jedoch nicht wirklich heben.
    »Ja, aber es ist doch Freitag«, jammerte Kate.
    »Wenigstens müssen wir nicht am Samstag nachsitzen«, versuchte ich sie zu trösten.
    »Stimmt. Also was wolltest du mir nun erzählen? Über Will?«
    »Mädchengequatsche«, murmelte Landon. »Das ist mein Stichwort.« Er verzog sich ans andere Ende des Tisches, wo unsere anderen Freunde Chris und Evan saßen.
    »Also?«, drängte Kate.
    Ich atmete aus und aß einen Bissen von meinem Mittagessen. »Ich weiß nicht. Es ist so schwer, ihn so oft zu sehen, ohne dass ich mit ihm zusammen sein kann.«
    »Er gibt dir immer noch Nachhilfeunterricht, nicht wahr?«
    »Ja. Er kommt auch heute Abend und am Samstag zu deiner Party.«
    »Wenn man jemanden so sehr mag, ist es schwer, so zu tun, als wäre man nur befreundet.«
    »Selbst wenn wir nicht mehr zusammen rausgingen, würde ich ihn immer noch bei den Nachhilfestunden sehen.« Wenn man denn Training, Jagd und den Kampf gegen Seelen raubende Monster als Nachhilfeunterricht bezeichnen konnte.
    »Kannst du dir keinen anderen Nachhilfelehrer suchen?«
    »Das dürfte schwierig werden. Wir sind ein eingespieltes Team.«
    »Hat er dich geküsst, seit ihr Schluss gemacht habt?«
    Mein Magen drohte zu implodieren. »Nein.«
    »Nun, das macht die Sache leichter. Ich würde sagen, du solltest weiter mit ihm ausgehen. Wenn er dich noch liebt, wird es auch für ihn schwer sein. Er wird schwach werden. Er ist ein Typ. Und schließlich kann man nicht von jetzt auf gleich aufhören, jemanden zu lieben. Das dauert, das geht nicht über Nacht. Es braucht eine ganze Weile, um sich zu verlieben und wieder zu ›entlieben‹ . Du solltest ihn einfach so oft wie möglich daran erinnern, was ihm entgeht.«
    »Und wie soll ich das anstellen?«
    »Sei süß. Sei sexy. Setz alles ein, was du zu bieten hast. Sicher weißt du, was er am meisten an dir mag. Setz es in Szene. Wenn er es zu sehr vermisst – dich zu sehr vermisst –, dann kommt er zu dir zurück. Du siehst ihn doch ständig. Es kann