Auf den Wogen des Glücks
ihrer Einsamkeit, der ständig wehenden Winde und ihrer rauen Beschaffenheit ausgewählt. Die oberen Hänge des Eilandes waren durch unbewachsenes Bimsgestein und erstarrte Lava gekennzeichnet, einige Gipfel mit Schnee bedeckt. Die gehaltvolle Vulkanerde der unteren Hänge ließ eine üppig tropische Vegetation zu. Dichte Lorbeerwälder boten Schutz vor der sengenden Sonne in diesen Regionen, im Schatten des Vulkans hatte Omar auf einem Felsblock, der vor etlichen Jahrhunderten von den oberen Regionen der Insel in das Meer gerutscht war und sich wie von Geisterhand über einen schmalen Meeresarm gelegt hatte, ein Piratendorf errichten lassen, das sich an dem Felsen festzukrallen schien. Den gesamten Sommer hindurch fegten von Nordost starke Passatwinde über die Insel, aber da das Dorf geschützt inmitten üppig wachsender, feuchter Wälder lag, regte sich dort keine Brise. Bei gutem Wetter konnte man in der Ferne den
Torre de Teide, den höchsten Berg des spanischen Königreiches, erkennen.
Über dem Dorf hatte sich wie ein schweres Tuch feuchte Hitze ausgebreitet. Nicholas musste sich die Schweißtropfen aus den Augen blinzeln. Er zerrte an dem Hanfseil, das sich in seine Handgelenke schnitt und drehte den Kopf, um einen Blick über die Klippe zu werfen, auf der er saß. Durch die wuchernde Vegetation hindurch konnte er den Meeresarm unter ihm sehen, wo die Mischief im seichten Gewässer vor Anker lag. Sie sah verlassen, zerstört und einsam aus, aber Nicholas war sich sicher, dass Omar noch etwas mit ihr vorhatte. Etwas Großes, zu dem er sie erst wieder instand setzen, vor allem einen neuen Großmast errichten lassen musste.
Hawksmoor hoffte nur, Omar würde sich damit nicht allzuviel Zeit lassen, denn er gedachte nicht, auch nur eine Minute länger als nötig auf der Insel zu bleiben.
Er ließ seinen Blick über den behauenen Fels wandern, der am anderen Ende der Lichtung stand. Im Vergleich zum Dorf aus Schlamm und Lehm und den heruntergekommenen Hütten wirkte er geradezu wie ein Palast, durch den Omars Position als Kopf der Piratenbande gebührend unterstrichen wurde. Von außen war er mit erlesenen Ziegeln aus Lapislazuli geschmückt, und die Vorhänge aus spanischer Spitze vor den Fenstern waren durchsichtig genug, um das Kerzenlicht und die Bewegungen der Menschen im Raum erkennen zu lassen. Nicholas hatte keine Mühe, Dominiques Silhouette auszumachen, und entwickelte die wildesten Fantasien, was sich im Innern abspielen mochte.
Er kannte Omar schon seit Jahren und wusste um seine Fähigkeiten als auch - und das war noch um einiges bedeutsamer - seine Unfähigkeiten. Und dennoch ...
»Hatten Sie das so geplant, Käpt'n?«, brummte Meyer, der neben ihm saß.
»Haben Sie etwa ein Problem mit der derzeitigen Situation?« Nicholas kniff die Augen zusammen und visierte die zierliche Figur an, die hinter dem Vorhang stand. Dominique hatte ihn noch nicht einmal eines Blickes gewürdigt, seit Omar sie stocksteif, aber erhobenen Hauptes weggezerrt hatte. Verdammt, er hatte eine Menge von ihr verlangt. Wie konnte er sie nach dem Desaster auf dem Schreibtisch nur bitten, sie möge ihm vertrauen?
»Verzeihung Sir, aber wir sitzen hier alle im Regen und im Gestank dieser verdammten Tiere dort...« Meyer schnitt eine Grimasse in Richtung der Kamele, die ganz in ihrer Nähe angebunden waren und auf denen sie von der Bucht bis in den Dschungel geritten waren. »Wir hängen hier fest wie dämliche Schafe, haben kein Schiff mehr, keine Waffen und, verzeihen Sie mir, wenn ich das so sage, keinen Plan, wie wir ...«
»Ganz im Gegenteil, Meyer. Wir haben alle Waffen, die wir brauchen.«
»Sir?«
»Kenne deinen Feind, Meyer.«
»Ja, Sir, das haben Sie uns immer gepredigt, aber jetzt scheint uns diese Devise nicht viel zu helfen. Wir sind Gefangene. Und Miss Willoughby ist...«
»Ist was?«
»Nun, sie ist...« Meyer errötete, blinzelte, warf dann sein Kinn in dreister Manier nach oben, eine Geste, die Hawksmoor galt. »Sie haben sie diesem Piraten in die Hände gespielt, Sir.«
»Habe ich das wirklich?«
»Ja, Sir, genau das haben Sie getan. Die Männer und ich, Sir, wissen, dass Sie im Laufe Ihres Leben schon so manch waghalsiges Unterfangen heil hinter sich gebracht haben, und ich will damit nicht sagen, dass wir nicht an Ihrer Stelle genauso gehandelt hätten, wenn wir denn den Mut gehabt hätten. Aber dieses Mal scheint es...« Meyer schüttelte heftig den Kopf. »Dieses Mal, Sir ... nun, wir von der
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