Auf den Wogen des Glücks
getrunken.
Ihr Blick schoss zu Nicholas und ihre Augen blitzten ihn an, bevor sie sich langsam von ihm abwandte. Musik setzte ein, Rainas Tanz begann, und wenige Sekunden später erhob sich ihre raue, rasselnde Stimme über die Lichtung, die die Geschichte einer verlassenen Frau und ihrer Rachepläne erzählte. Jedes einzelne ihrer Worte - sie sang im Cali-Dialekt der Zigeuner - galt Hawksmoor. Ihm, nur ihm und niemand anderem, obwohl auch die anderen Männer an die eine oder andere Frau denken mussten, die sie zurückgelassen hatten. Und so wurde Rainas Lied dennoch zu dem Lied aller verlassenen Frauen - einem Lied, das Dominique erst noch zu lernen hatte.
13
In dem Moment, in dem sich die Fremde in Bewegung setzte, fürchtete Dominique bereits ihre Schnelligkeit und die Sicherheit ihrer Bewegungen, und sie überkam das Gefühl, ein schwerer Stein begrübe ihr Herz unter sich. Es war jedoch nicht der Tanz an sich, der ihr Angst einflößte, sondern eher die Tatsache, dass sie sich niemals hätte vorstellen können, wie sich jemand derart provozierend zu bewegen wusste. Das war es, was sie als bestürzend und beschämend ansah. Sie empfand tiefe und inbrünstige Angst vor dieser Frau, die ihren sich windenden Körper verrenkte, in sich zusammensank, wieder aufsprang und in einer Wolke blonder Locken und durchscheinender Seide umherwirbelte.
Die Angst rührte weniger von ihrem üppigen Körper, der durch die bauchfreie und enorm tief ausgeschnittene Bauernbluse noch zusätzlich betont wurde, auch nicht durch ihren Rock aus weißer, feiner Seide, der die Sicht auf ihre Oberschenkel und ihr rundes Gesäß freigab, wenn sie sich um ihre eigene Achse drehte und nur dann ihre nackten Knöchel berührte, wenn sie innehielt. Es waren auch nicht ihre katzenartigen Augen, ihr honigfarbener Teint oder ihre vollen Lippen, genauso wenig wie ihre aufreibende Stimme. Nichts von alledem, was normalerweise jede noch so puritanische, selbstlose Frau hätte hochgradig eifersüchtig werden lassen, berührte
Dominique. Es war etwas völlig anderes. Rainas mit verschiedensten Juwelen - Diamanten, Rubinen, Saphiren und Perlen - besetzter Gürtel, der tief auf ihren kreisenden Hüften saß, hatte die Form eines sich schlängelnden Skorpions, durch den ihre Hüftbewegungen zusätzlich unterstrichen wurden, so, dass auch wirklich der Letzte sich auf das Wogen ihrer üppigen Lenden konzentrierte. Winzige, auf Kordeln gefädelte Glöckchen pendelten V-förmig tief im Schatten ihrer Schenkel und hypnotisierten die Zuschauer, die vor Entzückung mit offenen Mündern dastanden.
Raina kehrte ihrem Publikum den Rücken zu, warf den Kopf in den Nacken, schwang ihre Hüften und ihr Gesäß in einem Rhythmus, der Dominique unwillkürlich an Schreibtische und Hawksmoors dominante Männlichkeit denken ließ.
Hitze schoss Dominique vom Hals bis in die Wangen, sie spürte, wie sie vor Staunen den Mund nicht mehr schließen konnte. Unter dem Rock war Raina völlig unbekleidet. Von hinten betrachtet - Dominique musste schlucken - war dies schon ziemlich offensichtlich gewesen, aber von vorne, wenn der Gürtel nicht gerade so saß, dass er den Blick versperrte, konnte jeder noch so Kurzsichtige erkennen, dass sie nackt war.
Und plötzlich wusste Dominique, was sie so in Schrecken versetzte: Es war Rainas Blick während des Tanzes, diese feurige Energie, die sie verströmte und die jeden Mann auf der Lichtung hypnotisierte, obwohl sie nur für einen Einzigen die Hüften kreisen ließ. Sie tanzte, als wären nur sie und Hawksmoor zugegen, aber es war nicht der Tanz einer Geliebten oder einer Verführerin. Es war der Tanz eines Raubtieres.
Dominique schaute zu Hawksmoor hinüber, dessen Gesicht sie nicht richtig erkennen konnte. Nur sein Mund lag nicht im Schatten. Er wirkte entspannt, voll, die Lippen waren lustvoll verzogen. Nicholas hatte Raina fest im Blick.
Omars Finger pressten sich immer mehr in Dominiques Arm. Sie hatte sich doch nicht etwa in Richtung Hawksmoor bewegt? Oder hatte ihr Körper reagiert, bevor ihr Verstand den Impuls wahrgenommen hatte? Wollte sie zu ihm hinüberlaufen, ihm die Sicht auf die tanzende Raina versperren, ihn beim Kinn packen und seinen Blick auf sich selber lenken? Es war ihr einerlei, ob er einst töricht genug gewesen war, eine Nacht mit dieser exotischen Kreatur zu verbringen, oder ob er Hunderte von Nächten bei ihr gelegen und Hunderte von Schiffen für sie geopfert hatte, solange weder sie noch die
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