Auf den Wogen des Glücks
bedachte
Dominique erneut mit seinem leblosen Blick. Ihr wurde kalt bis auf die Knochen. »Von woher kommt ihr?«
»Aus London.«
Omars Augen verengten sich. »Seid ihr zufällig auf der Suche nach etwas Bestimmtem?«
Hawksmoors Lachen glitt wie eine scharfe Klinge durch die trübe Witterung. »Hier? Zum Teufel, wir beide waren schon immer wie Feuer und Wasser, Omar. Wieso sollte ich die Absicht haben, dich aufzusuchen? Mein Schiff hat zu wenig Ballast. Bitte, überzeuge dich selbst davon. Wir sind durch den Sturm ins Schlingern geraten, das war alles.«
»Du bist doch noch nie ins Schlingern geraten, mein Freund, weder auf See noch an Land. Dich kann man nicht so leicht fangen, es sei denn, du legst es darauf an.« Omar deutete mit seinem Kopf in Richtung Brigg. »Wir sollten beide nicht vergessen, dass es erst einige wenige Monate her ist, als du mir dein Schiff im Tausch für eine Nacht mit Raina überlassen hast. Damals erschien dir der Preis angemessen, aber vielleicht hast du ja in der Zwischenzeit deine Meinung geändert, wer weiß?«
Noch immer barg Hawksmoor diesen grässlichen, nicht zu definierenden Gesichtsausdruck. Das Lächeln auf seinen Lippen und das Leuchten in seinen Augen machten es unmöglich zu sagen, ob er gleich vor Wut in die Luft gehen würde, ob er sich königlich amüsierte oder einfach nur zu Tode langweilte. Dominique war mehr als verärgert über das Ganze, vor allem über das, was Omar von sich gegeben hatte. Aber Hawksmoor war kein Mann, der sich so leicht provozieren ließ, egal wie viel an den Behauptungen wahr sein mochte.
Wie es schien, war ein blitzschnelles Schiff samt portugiesischer Messingkanonen ein Spottpreis für eine Nacht mit dieser geheimnisvollen Raina. Dominique wurde plötzlich hundeelend.
»Wohin wolltet ihr eigentlich?«, fragte Omar schließlich, als Hawksmoor den Schweigsamen mimte.
»Nach Marokko.«
»Und dann kommt ihr so weit vom Kurs ab, mit solch einem Schiff? Rück schon raus mit der Sprache, bist du mal wieder auf großer Schatzsuche? Oder vielleicht auf der Suche nach einer verschwundenen Frau? Oder du bist abermals darauf aus, einen Freund hinters Licht zu führen, indem du seine verschollene Frau findest und sie ihm direkt vor seinen Augen wieder wegnimmst.«
»Das darf ich dir leider nicht verraten, Omar, und das weißt du auch genau.«
»Immer noch derselbe alte Geheimniskrämer, nur dass du dieses Mal sogar eine Frau mitgebracht hast.« Omar sah kurz zu Dominique, dann flog sein Blick zu Hawksmoor. »Das passt so gar nicht zu dir, Alcalde. Ich glaube eher, dass du sie mir im Tausch für etwas anderes anbieten willst.«
Dominique wurde von einer ihr bis dahin völlig fremden Angst ergriffen, die sie wie eine Böe eisigen Nordwindes traf: Sie hatte ihr Leben in Hawksmoors Hände gegeben und durfte nicht vergessen, dass ihm jedes Mittel recht war, um an sein Ziel zu kommen. War vielleicht letzten Endes nicht die Mischief, sondern sie der Köder für die gewünschten Informationen?
Omar hob die Hand, woraufhin Dominique sich versteifte. Wie eigenartig, plötzlich hielt er inne und starrte ihr direkt in die Augen, bevor er so zart und leicht wie die Flügel eines Schmetterlings mit der Handkante ihre Wangen entlangfuhr. Es verging ein Moment der absoluten Stille, bevor er sie am Oberarm packte, sie zu sich hinzog und sie ganz dicht an seine Brust drückte. Dominique hatte das Gefühl, gegen einen unbezwingbaren Berg gepresst worden zu sein. Seine Haut war vom Regen ganz ölig geworden, er verströmte einen Geruch aus Würze und Moschus.
»Sie gehört jetzt mir, genau wie du, dein Schiff und deine Mannschaft«, rief Omar aus. »Wenn wir anlegen, werde ich nach dir schicken lassen, und vielleicht sagst du mir dann endlich, was dich in diese Gewässer führt und nach was du suchst. Bis dahin übergebe ich dich Raina. Ihr wird schon etwas einfallen, was sie mit dir anstellen kann. Zigeunerinnen verfügen über die raffiniertesten Methoden, Männer zu bestrafen.« Omar riss seinen Kopf zu seiner eigenen Mannschaft herum. »Fesselt sie alle. Es tut mir so Leid, Alcalde, aber kein Mann, der auch nur ein bisschen Verstand hat, hat dir je vertraut.«
Mit einem Mal drehte Omar sich um, hob Dominique auf seine Arme und marschierte zu seinem Schiff zurück.
Die Insel, die ausschließlich von Omar und seiner Piraten-und Zigeunerbande bewohnt wurde, bestand aus einem ausgebrannten Vulkankegel und lag östlich von Teneriffa. Die Piraten hatten sie wegen
Weitere Kostenlose Bücher