Auf den Wogen des Glücks
erregte ihre besondere Aufmerksamkeit, und sie nahm sie zur Hand. Das Schweizer Design der Vergnügungsyacht mit dem Bermuda-Segel, die er zu bauen gedachte, war unschwer zu erkennen. Es war ein fantastisches, inspirierendes Design, ein Meisterstück von einem Segel.
Da war sie wieder, diese Traurigkeit. Warum nur überkam sie jedes Mal das Gefühl, als verlöre sie etwas Wertvolles, wenn sie sich diese Zeichnungen anschaute? Oder war es die Vorstellung, die sie schmerzte, wie Hawksmoor ohne sie am Ruder dieser Yacht stand und wie ihm allein die Gischt ins Gesicht spritzte und nur über ihm die Segel im Wind knallten?
»Verdammt.« Sie ließ die Pläne fallen, und wäre ihr Blick nicht zufällig auf ein edles Kästchen aus Elfenbein gefallen, das sich unter den Plänen für die Yacht befand, hätte sie sich vom Tisch abgewandt. Nun aber nahm sie die kleine Schatulle in die Hand. Weniger wegen ihrer schlichten Schönheit, sondern wegen der eigenartigen Einkerbungen im Deckel. Sie ließ ihre Finger über die arabischen Zeichen gleiten, die sie nicht verstand. Für seine Größe war das Kästchen außerordentlich schwer. Und leider auch verschlossen.
Sie fuhr mit den Daumen über die geflochtene Goldborte, die die Ränder der Schatulle zierten und deren Enden sich am Verschluss trafen. Dominique biss sich auf die Lippe und rüttelte an dem Kästchen. Kein Klimpern. Es musste demnach mit weichem Stoff ausgelegt sein. O Gott, ihre Neugier war nur schwer zu bezähmen. Verdammt schwer.
Sie nahm sich vor, nur an einem bestimmten Ort nach dem Schlüssel zu suchen, und wenn sie ihn dort nicht fand, würde sie ... vielleicht noch einen zweiten Versuch wagen, an einem anderen Ort. Der Schlüssel befand sich nicht in der Schreibtischschublade, auch nicht in den hintersten Ecken, wozu sie extra auf die Knie gegangen war, damit ihre Hand bis dorthin reichte. Kraftvoll schob sie die eine Schublade zu und machte sich sogleich an der nächsten zu schaffen. Fehlanzeige, außer Geschäftspapieren war wieder nichts zu finden, das wie ein Schlüssel aussah. In der untersten Schublade schließlich entdeckte sie einen wettergegerbten Ledersack voller Sand, eine Pistole und einen Dolch mit einem schwarzen Griff, der eine so breite Schneide hatte, dass sie die Schublade vor lauter Furcht flugs wieder zuknallte. Schuldgefühle brachten ihre Wangen zum Glühen und sie blickte verstohlen zur geschlossenen Kabinentür, dann wieder auf die Schatulle. Dominique horchte in sich hinein, wie stark ihr Wunsch war, in Erfahrung zu bringen, was sich in der Schatulle befinden könnte.
Es dämmerte ihr, dass es bei der ganzen Aktion weniger um die Kiste oder ihren Inhalt ging - sie hatte im Laufe ihres Lebens nun wahrhaftig schon genug verschlossene Schatullen zu Gesicht bekommen. Es ging hierbei einzig und allein um den Mann, in dessen Besitz dieses Kistchen war, und Dominique wollte um jeden Preis sehen, was Hawksmoor weggeschlossen hatte. Was konnte einem Mann wie ihm, dem nichts auf der Welt etwas bedeutete - weder Moral noch Versprechungen, schon gar nicht sein eigener Ruf, geschweige denn Freundschaften -, wertvoll genug erscheinen, als dass er es einschloss? Warum musste sie überhaupt wissen, was er verborgen hielt?
Weil sie unglaublich neugierig war, wer dieser Mann wirklich war. Sie hatte in letzter Zeit oft Schwierigkeiten gehabt, Erklärungen für ihre Beweggründe zu finden, aber es musste diese treibende Kraft sein, die das Betreten seines Büros ein solches Abenteuer werden ließ. Jetzt fehlte ihr die Zeit, der Sache gedanklich weiter nachzugehen.
»Verflixt.« Dominique fuhr sich mit der Hand über ihr Haar, wobei sie eine Haarnadel neu fixierte, die nervige Haarsträhnen davon abhielt, ihr ständig in die Augen zu fallen. Das war's, denn wie sie erst kürzlich in einem Roman gelesen hatte, war die Haarnadel das unverzichtbare Utensil eines jeden Diebes.
Nur, dass sie um Gottes willen keine Diebin, sondern einfach nur neugierig war. Ihre Finger schlössen sich um die Haarnadel, ihr Herz begann wild zu pochen, als sie sich die Nadel aus dem Haar riss und sie in das Schloss steckte. Nichts passierte. Vorsichtig bewegte Dominique die Haarnadel hin und her und steckte sie dann noch ein Stück tiefer in das Schloss hinein. Nichts. So hatte es nicht in den Romanen gestanden.
Dominique blies sich eine Strähne aus den Augen. »Nun komm schon«, flüsterte sie. Indem Wissen, jeden Moment könnte die Tür auffliegen, brach ihr der Schweiß
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