Auf den Wogen des Glücks
feindlicher Schiffe gedacht.«
»Ich nehme an, Sie denken über fast nichts anderes nach, nicht wahr?«
»Dafür bezahlt man mich. Und der Lohn ist nicht der schlechteste. Zum Teufel, wir können ruhig offen über meine Pläne reden, schließlich hat ein alter Freund von mir damit zu tun. Eigentlich sogar mehrere, Sie würden sie wahrscheinlich eher als Feinde bezeichnen. Was die Bezahlung betrifft... hier.« Er ging in die Knie, riss die unterste Schublade auf und warf den Lederbeutel auf den Schreibtisch. »Öffnen Sie ihn.«
Dominique zögerte. »Sie haben eine Pistole in der Schublade.«
»Und einen Dolch.« Nicholas spürte ihre plötzliche Zurückhaltung. In der Tat, es gab nichts Wichtigeres für sie, als einen schnellen, aber vernünftigen Rückzug anzutreten, wenn sie in eine gefährliche Situation geriet. Sie gehörte zu jener Sorte Menschen, die dem Leben mit erhobenem Haupt und sicheren Schritten begegnete, ihrer Rücksichtslosigkeit folgte allerdings sofort Umsicht. Jene Männer, die sich mit dem Gedanken trugen, sie beschützen zu wollen, wendeten sich kopfschüttelnd ab und suchten schnellstmöglich das Weite. Es durfte nicht so weit kommen, dass er wegen ihr nervös wurde und bereit war, für sie bis zum eigenen Tod zu kämpfen.
Er griff nach dem Dolch und der Pistole und legte sie neben den Lederbeutel. Dominique starrte auf die Waffen, als seien es Schlangen, die sie im nächsten Augenblick angreifen würden. »Daran sollten Sie sich gewöhnen«, riet Hawksmoor ihr, nahm den Dolch zur Hand und drehte ihn einige Male. Das sich widerspiegelnde Kerzenlicht entfachte ein Feuerwerk auf der Klinge und ließ den mit Smaragden besetzten Griff hell aufblitzen. »Ich habe ein ganzes Arsenal an Waffen in den Mannschaftsräumen, auch Sie sollten wissen, wie man mit einer Waffe umgeht.«
Dominique nahm den Dolch. Ihre Finger schlössen sich um die Smaragde. »Sie haben schon Menschen mit diesem Dolch umgebracht, nicht wahr?«
Nicholas setzte sich halb auf das Pult und beugte sich vor. In seiner sonoren Stimme schwang ein warnender Unterton mit. »Dort, wo wir hinfahren, gibt es keine Gesetze, Miss Willoughby, keine Regeln, keinen Ehrencode und keine Moral. Es ist kein Land der Kompromisse, es gibt nur zwei Möglichkeiten, todo o nada, alles oder nichts, schwarz oder weiß. Männer werden umgebracht, bevor sie auch nur einen Ton von sich geben können, und Frauen ...« Er schnaubte wütend. »Zum Teufel, die Frauen kämpfen wie Männer. Und selbst wenn diese Menschen eine Niederlage erleiden, geht ihnen nie der Atem aus. Sie können zwar hundert Mal besiegt werden, unterwerfen sich aber niemals.«
»Das hört sich nach Ihren ganz persönlichen Regeln an, Mr. Hawksmoor.«
An ihren hochgezogenen Augenbrauen war klar zu erkennen, dass sie ihn provozieren wollte. »Ich habe eine Zeit lang in der Nähe von Spanien gelebt und ja, ich spiele mein eigenes Spiel. Was andere über mich denken mögen, schert mich nicht. Es ist mir egal, wie hoch der Einsatz für einen Sieg auch sein mag.«
Dominique legte den Dolch wieder neben den Lederbeutel. »Ich verstehe.« Sie senkte ihren Blick, als wollte sie nun den Beutel öffnen, er aber legte seinen Zeigefinger unter ihr Kinn und hob ihren Kopf an, bis sie ihm wieder in die Augen schaute. »Nein, noch sind Sie nicht so weit, mich zu verstehen«, murmelte er und fuhr mit dem Finger das kaum erkennbares Grübchen an ihrem Kinn nach. »Sie haben nicht die leiseste Ahnung von dem, was hier so vor sich geht, aber das wird sich ändern, sobald ich Ihnen die Regeln beigebracht habe.« Er ließ von ihr ab und griff nach seinem Weinglas, mit dem er auf den Lederbeutel deutete. »Machen Sie schon, öffnen Sie ihn.«
Dominique lockerte die Schnur, der Beutel öffnete sich. »Sand.«
»Wertlos.«
Sie blinzelte ihn an. »Ja.«
»Ich bin überrascht, dass Ihnen Ihr Vater das nicht beigebracht hat. Aber wie sollte er denn auch, wenn Sie die Hälfte Ihres Lebens unter Deck zugebracht haben.«
Jemand, der sie nicht so gut kannte, hätte vermutlich nicht gemerkt, dass sich ihre Lippen ein wenig zusammenzogen, aber Nicholas war diese winzige Bewegung nicht entgangen. Genau genommen war er ein Meister, wenn es darum ging, die Schwachstellen anderer zu entdecken und die empfindlichen Seiten ihrer Seele zu erkennen. Die Kunst, diese Schwächen zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen, beherrschte er meisterlich. In diesem Moment in seiner Kajüte aber gab es nur ein Ziel, das er verfolgte.
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