Auf den Wogen des Glücks
aus.
Sie nahm plötzlich ein gleichmäßiges Pochen wahr. Nein, das war nicht ihr Herz, das da so kräftig schlug. Ihr Kopf flog in die Höhe. Es waren Schritte auf der Treppe, und sie näherten sich schnell. Dem Rhythmus nach zu urteilen war es ein Mensch, der lange Beine hatte. Und Hawksmoor hatte die längsten Beine, die sie je an einem Mann gesehen hatte.
Dominique stand einen Moment regungslos dar, bevor sie an der Nadel zog, die sich aber kein Stück bewegen wollte, sondern fest im Schloss saß. Das Stückchen Draht schien sich mit Absicht verhakt zu haben, nur um sie zu ärgern. Dominique schluckte, atmete tief aus und sperrte sich gegen die möglichen Folgen.
»Nein, tu mir das nicht an.« Ihre schweißnassen Finger glitten von der Nadel, ihr Herz raste.
»Jetzt komm schon, du verdammtes Ding ...« Sie zog und zerrte und fluchte, doch die Nadel trotze ihr noch immer. So, wie diese gottverdammte Haarnadel es sich im Schloss des kleinen Wunderkästchens aus Elfenbein gemütlich gemacht hatte, würde Hawksmoor sie sofort entdecken und eins und eins zusammenzählen können. Warum musste es ausgerechnet eine Haarnadel sein, die Hawksmoor ihre penetrante Neugier verriet?
Die Schritte verstummten genau vor der Tür. Der Türknauf bewegte sich. Noch ein letztes Mal zerrte sie an der Nadel, bevor sie sich - just als Hawksmoor die Tür aufstieß - blitzschnell kerzengerade aufrichtete.
Dominique stand wie zur Salzsäule erstarrt hinter seinem Schreibtisch.
»Ausgezeichnet, Sie sind schon hier«, bemerkte er, als er die Kajüte betrat. Nicholas sah windzerzaust, aber himmlisch aus. Er drehte sich um und schloss die Tür.
Dominique erkannte ihre letzte Chance, hielt den Atem an und zog noch einmal - dieses Mal ganz sachte - an der Haarnadel. Wie durch einen Zauber glitt sie aus dem Schloss, woraufhin Dominique sie sofort wieder an den Platz auf ihrem Kopf verbannte. Keine halbe Sekunde später sprang die Schatulle wie von Geisterhand auf. Dominique knallte blitzschnell den Deckel zu, ohne auch nur einen Blick in das Innere werfen zu können. Das Schloss aber wollte partout nicht halten. Der Deckel sprang ein weiteres Mal auf. Das Schicksal hatte sich gegen sie verschworen. Dominique legte geschwind ihre Hand auf die Schatulle und hob gerade noch rechtzeitig ihren Kopf, bevor Hawksmoor herumfuhr.
11
Nicholas war sich sicher, Miss Willoughby hatte irgendetwas auf seinem Pult zuschnappen lassen in dem flüchtigen Moment, in dem er die Tür geschlossen und ihr den Rücken zugewandt hatte. Was ihn jedoch noch mehr beschäftigte, war, dass sie urplötzlich kreidebleich geworden war.
Mit einem missbilligenden Gesichtsausdruck schritt er auf sie zu. Sie schien in sich zusammenzusinken, und mit jedem Schritt, den er sich ihr näherte, wurden ihre Augen größer und größer. Kurz vor ihr blieb er schließlich stehen und blickte sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Geht es Ihnen nicht gut?«
Sie setzte ein unnatürliches Lächeln auf. »Mir? Um Himmels willen, mir geht's blendend.«
»Sie sehen aber krank aus.« Eigentlich sah sie eher so erstarrt aus, dass er glaubte, sie würde wie Glas zerspringen, wenn er sie berührte. Anstrengung lag in ihrer Stimme. Sie war nicht sie selbst. Eine Haarsträhne hatte sich gelöst und Nicholas war sich sicher, dass Dominique sie sich gerne aus den Augen gestrichen hätte, es aber aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen nicht tat. Stattdessen hielt sie sich mit einer Hand krampfhaft an der Tischkante fest und hatte die andere auf seine kleine Elfenbeinkiste gelegt. Ihm war, als würde sie sich nicht trauen, sie dort wieder wegzunehmen. Das alles kam ihm äußerst seltsam vor, aber so wie er Miss Willoughby kannte, gab sie sich selbst bei einsetzender Seekrankheit noch kämpferisch.
»Ah, wie ich sehe, haben Sie die Zeit genutzt, um ein wenig herumzuschnüffeln«, konfrontierte er sie mit seiner Vermutung und deutete auf die Schatulle.
»Ich ...« Dominique musste schlucken und begann zu zittern.
»Ihre Fingerknöchel werden schon ganz weiß«, unterrichtete Nicholas sie und griff nach der Kiste, beziehungsweise ihrer Hand. Wenn sie im nächsten Moment zu Boden ginge, würde auch die Schatulle sie nicht daran hindern können - obwohl, bei Miss Willoughby konnte er sich nie ganz sicher sein, was passierte. »Wenn Sie krank sind, kann ich Ihnen versichern, dass ich es keiner Menschenseele verraten werde, jetzt kommen Sie schon, nehmen Sie meine Hand und lassen Sie uns
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