Auf den Wogen des Glücks
hatte keine Lust mehr, auf Sie zu warten, weshalb er mich zu Ihnen geschickt hat.«
Diese kleine Information machte Dominique außerordentlich glücklich. »Nun gut.« Sie sortierte die Dokumente auf dem Schreibtisch und richtete ihr Haar. Mit einem Mal fühlte sie sich entsetzlich unfrisiert. Es war schon seltsam, wie angesichts einer plötzlichen Einladung zum Dinner der praktische Aspekt einer Frisur an Wert verlor. »Ich komme fast um vor Hunger«, plapperte sie, als sie an Meyer vorbei auf den Gang hinaustrat, der tiefer in das Heck des Schiffes führte. »Was gibt es zu essen?«
Meyer lief mit großen Schritten vor. »Das überlässt der Käpt'n immer dem Koch.«
»Dann scheint er etwas von seinem Metier zu verstehen.«
»Er ist der beste Koch Londons, Miss.« Natürlich. »Er legt aber auch entsprechende Allüren an den Tag. Vielleicht haben Sie schon mitbekommen, wie er in der Kombüse herumpoltert, weil er sich noch nicht an die neue Ausstattung gewöhnt hat.«
Dominique konnte ihre Bestürzung nicht verbergen, da sie die Kombüse mit allergrößter Sorgfalt entworfen hatte. Als sie damit fertig gewesen war, hatte sie ihre Entwürfe der sinnvollen Platznutzung - die ausnahmsweise nicht zu Lasten der Raumästhetik gingen - für geradezu revolutionär gehalten. Ihr war wichtig gewesen, dass der Koch, der gezwungen war, die meiste Zeit unter Deck zu verbringen, dies auch gerne tat. Für die Kombüse ihres elterlichen Schiffes hatte sie nie viel übrig gehabt, denn sie war dunkel, verbaut und nicht sehr einladend gewesen. Der rauchspuckende, lärmende Ofen hatte ihr immer den Rest gegeben. »In der Kombüse dürfte es aber an nichts fehlen, oder?«
Meyers Gesichtsausdruck verfinsterte sich. »Die Anzahl der Öfen stimmt nicht, soweit ich weiß. Jeder gute Koch braucht mindestens drei Öfen, Miss, nicht nur einen.«
Dominique spürte, wie ihr unangenehm heiß wurde. »Ich werde den Kapitän darüber informieren ...«
»Er weiß es schon, Miss, und er hat bereits mit dem Koch diskutiert, als er die zusätzlichen Arrangements für das Dinner mit ihm bespracht.«
»Die da wären?«
Am Ende des kurzen Ganges machte Meyer vor einer Tür Halt, die in eine tiefer gelegene Kabine führte. »Erdbeeren und Madeira, Miss.«
Dominique fiel gerade noch rechtzeitig ein, ihren sperrangelweit geöffneten Mund zu schließen, bevor Meyer einmal kurz anklopfte und dann die Tür aufriss. Sie machte einen Schritt in den Raum und sah sich geschwind um. Sanftes Kerzenlicht erhellte die Kajüte, dampfendes Essen, nebst einer großen Flasche Madeira und einer Kristallschale randvoll gefüllt mit reifen Erdbeeren, stand auf dem Tisch. Dominique schaute zu der Koje hinüber, die geräumig genug war, zwei Personen Platz zu bieten - als würde sie sie zum ersten Mal in ihrem Leben sehen und als wäre sie nicht ihrer Feder entsprungen. Erst jetzt wurde ihr klar, welche Möglichkeiten sie mit sich brachte, Möglichkeiten, die weit über den Aspekt der Gemütlichkeit, den sie einst bei der Planung im Sinn gehabt hatte, hinausgingen. »Er ist nicht hier.«
»Er wird aber gleich kommen.« Mit diesen Worten schloss Meyer die Tür hinter sich. Dominique lauschte ihrem eigenen Atem und fragte sich, wie sie sich in einem Raum, den sie selbst entworfen hatte, so deplatziert fühlen konnte. Lange hatte sie sich über diverse Einzelheiten, Ausmaße, die Ausstattung und die Accessoires den Kopf zerbrochen, dennoch hatte sie nun das Gefühl, mit all dem nie etwas zu tun gehabt zu haben. Nichts, aber auch rein gar nichts. Denn nun gehörte alles ihm allein.
Der Raum barg wenig, was an einen Mann denken Heß. Fast hatte es den Anschein, als höbe er sich seine Unordentlichkeit für sein heiß geliebtes Arbeitszimmer auf. Aber wie dem auch sein mochte, dieser Raum verströmte dennoch eine Männlichkeit, die Dominique noch nie zuvor gespürt hatte. Sie ging hinüber zum Tisch, wo sie mit einer Fingerspitze die Zacken einer Silbergabel berührte, sich dann nach vorn beugte, um an einer rosafarbenen Rose in einer länglichen Vase zu riechen, bevor sie um den Tisch herum zu seinem Schreibpult ging. Neben dem Tintenfass lagen nautische Karten, eine Kladde und Pergamentrollen. Einige außergewöhnlich lange und dicke Zigarren verströmten einen sehr angenehmen Tabakgeruch. In einer Ecke des Pultes stand ein leeres Glas, das sie hochhob und daran roch. Mit gerümpfter Nase stellte sie es schnell wieder an seinen Platz zurück. Eine der Zeichnungen
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