Auf der Insel der Sehnsucht
wollen Sie keine Fragen beantworten? Fein. Sie können Ihre Geschichte auf dem Polizeirevier erzählen.“
„Sie sollten es sich besser noch einmal überlegen, Mr. Aristedes, bevor Sie die Nummer wählen.“
Seine unerwünschte Besucherin hatte anfangs wie ein Pokerspieler mit einer unschlagbaren Hand geklungen, diese Sicherheit war jetzt jedoch verpufft. Ihre Stimme bebte, und die grünen Augen – so grün, dass er sich fragte, ob sie Kontaktlinsen trug – standen riesengroß in ihrem Gesicht.
Ein Täuschungsmanöver. Sie hatte etwas vor. Die Frage war nur, was.
„Prinz.“ Er überraschte sich selbst, dass er seinen Titel anführte. Eigentlich wollte er immer bei Vor- oder Nachnamen genannt werden, nicht bei seinem Adelstitel. Wenn allerdings aristokratische Arroganz nötig war, um diese wildfremde Frau einzuschüchtern, würde er sie einsetzen. „Es heißt Prinz Damian. Und ich gebe Ihnen genau eine Sekunde, um endlich zu reden. Wie sind Sie hier heraufgekommen?“
„Sie meinen, wie es mir gelungen ist, den Wachhund in der Lobby zu überlisten?“
Kokettierend versuchte sie, wieder die Kontrolle an sich zu reißen. Damian würde den Teufel tun und das zulassen. Als er dieses Mal auf sie zutrat, verkürzte er nicht nur den Abstand, sondern drängte sie bis in die Ecke zurück.
„Sie sollten nicht mit mir spielen, Lady. Ich will klare Antworten hören.“
Sie zog die Unterlippe zwischen die Zähne, ließ dann los und fuhr sich flüchtig mit der Zungenspitze über die gereizte Stelle.
Damian spürte ein Ziehen in den Lenden. Lucas hatte es richtig erkannt. Es war viel zu lange her, seit er eine Frau gehabt hatte.
„Ein Bote hat mir die Tür aufgehalten.“ Ein dünnes Lächeln erschien auf ihren Lippen. „Er war sehr zuvorkommend. Ich habe die Feuertreppe benutzt.“
„Wenn Sie Kays Schwester sind, warum haben Sie nicht einfach den Portier gebeten, Sie anzumelden?“
„Ich habe drei Monate darauf gewartet, dass Sie sich melden. Dem Portier zu sagen, dass ich hier bin, erschien mir wenig nützlich.“
„Können Sie sich ausweisen?“
„Wie bitte?“
„Ich will einen Ausweis sehen, irgendeine Bestätigung, dass Sie sind, wer Sie vorgeben zu sein.“
„Ich kann wirklich nicht verstehen, wie Kay Sie hat lieben können“, murmelte Ivy bitter.
Damian ermahnte sich, dass es besser sei, darauf nichts zu erwidern. Stumm beobachtete er, wie sie eine Brieftasche aus ihrer Schultertasche hervorkramte und einen Führerschein hervorzog.
„Hier, bitte. Zufrieden?“
Nein, zufrieden nicht, dafür umso verwirrter. Der Führerschein wies sie als Ivy Madison aus, Alter siebenundzwanzig, wohnhaft in Chelsea. Das Foto passte, es war eindeutig die Frau, die vor ihm stand.
Damian sah von dem Dokument auf. „Das beweist immer noch nicht, dass Sie Kays Schwester sind.“
Wortlos griff sie wieder in die Handtasche und zog eine kleine Fotomappe hervor. Klappte sie auf und hielt sie hoch. Das Foto war schon einige Jahre alt, aber bei den Gesichtern der beiden Frauen konnte kein Zweifel bestehen.
„Also schön. Selbst wenn Sie Kays Schwester sind … Was wollen Sie hier?“
Ivy starrte ihn an. „Die Frage meinen Sie nicht ernst!“
Doch, durchaus. Und dann schoss ihm die Erkenntnis mit erschreckender Klarheit durch den Kopf. Die beiden Frauen mochten sich nicht ähnlich sehen, was jedoch nicht bedeutete, dass der Apfel weit vom Stamm gefallen war.
„Ich erspare Ihnen weitere Bemühungen“, sagte er kalt. „Ihre Schwester hat kein Geld hinterlassen.“
Verachtung leuchtete in den grünen Augen auf. „Ich bin nicht des Geldes wegen gekommen.“
„Es gibt auch keinen Schmuck, keine Kriegsbeute, nichts. Alles, was ich ihr geschenkt hatte, habe ich einer Wohltätigkeitsorganisation gespendet.“
„Darum geht es mir nicht.“
„So?“ Aufbrausend verschränkte er die Arme vor der Brust. „Sie meinen, Sie sind auf den Jackpot aus.“
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Sie egoistischer, überheblicher, eingebildeter Kerl! Glauben Sie mir, Prinz oder Mr. oder wie auch immer, Sie werden nie erfahren, was Ihnen entgeht.“
Eine emotionsgeladene kleine Ansprache, die wohl ihren Höhepunkt darin finden sollte, dass sie sich an ihm vorbeischob und zum Lift strebte.
Umso besser! Wenn sie so schnell aufgab und bereit war zu verschwinden, war es nur vernünftig, sie gehen zu lassen.
Zum Teufel mit der Vernunft!
Damian verstellte ihr den Weg und drängte sie zurück in die Ecke. Sie beschimpfte
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