Auf der Insel der Sehnsucht
Abschied die Hände. Damian schloss die Tür hinter Lucas und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Sein Lächeln schwand.
Er hatte Lucas die Wahrheit gesagt. Nach ihrem Gespräch fühlte er sich wirklich besser. Drei Monate lang, seit Kays Tod, hatte er Freunde und Bekannte gemieden und sich stattdessen in die Arbeit gestürzt, in der Hoffnung, so könne er seine Wut loswerden.
Welchen Sinn hatte es, wütend auf eine tote Frau zu sein? Oder auf sich selbst, weil er sich von ihr hatte übertölpeln lassen?
„Keinen“, sagte er laut vor sich hin und stieg die Treppe zu seinem Schlafzimmer empor. „Absolut keinen.“
Kay hatte ihn zum Narren gehalten. Na und? Männer überlebten weit Schlimmeres. Und falls es wirklich irgendwo in seinem Unterbewusstsein einen Teil gab, der um ein Kind trauerte, das nie existiert hatte und von dem er nie gewusst hatte, dass er es wollte … nun, auch dafür gab es eine Lösung.
Er war einunddreißig. Vielleicht war es an der Zeit, sesshaft zu werden. Zu heiraten. Eine Familie zu gründen.
Thee mou, war er jetzt komplett übergeschnappt!?
Ohne eine Frau konnte man weder heiraten noch Kinder zeugen. Und so bald würde er sich auf keine Frau einlassen. Was er brauchte, war genau das Gegenteil von „sesshaft werden“.
Lucas hatte das völlig richtig erkannt. Sich in den Armen einer Frau zu verlieren war das beste Heilmittel. Ein warmer, nachgiebiger Körper. Ein williger Mund. Eine Frau ohne Hintergedanken, eine, die keine Pläne schmiedete, sondern der nur daran lag, Momente der Leidenschaft und der sinnlichen Freuden zu genießen.
Da war es schon wieder, das Bild der Frau mit den herrlich grünen Augen. Teufel, was für eine Chance hatte er sich da durch die Finger schlüpfen lassen! Sie hatte ihn direkt angesehen, und selbst so schlecht gelaunt, wie er war, hatte er sofort gewusst, was dieser Blick bedeutete.
Die Lady war interessiert.
Eine schlichte Wahrheit: Frauen waren generell interessiert.
Und er selbst war ja schließlich auch interessiert. Oder er wäre es gewesen, wenn er nicht so damit beschäftigt wäre, sich selbst zu bemitleiden. Denn genau das war es – Selbstmitleid. Natürlich tobte auch Wut in ihm, aber gemischt mit einem guten Schuss von „Ach, ich Armer“.
Es reichte.
Er würde Lucas anrufen, ihm sagen, dass er es sich überlegt hatte. Der Vorschlag war gut. Gemeinsames Dinner, einige Drinks, ein paar schöne Frauen, selbst wenn sie keine grünen Augen und keine blond gesträhnte Mähne vorweisen konnten.
In dem Moment klingelte es an der Wohnungstür. Damian hob die Augenbrauen. Zu seinem Apartment gelangte man nur mit dem Privatlift. Der Portier ließ nur Leute passieren, wenn die Erlaubnis von Damian vorlag.
Es sei denn …
Ein Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Lucas.“
Sofort eilte er die Stufen wieder hinunter. Sein Freund hatte nicht aufgegeben und war noch einmal zurückgekommen.
Damian riss die Türen auf. „Reyes“, sagte er strahlend, „hast du telepathische Kräfte? Ich wollte dich gerade anrufen …“
Doch in dem marmorverkleideten Vorraum stand nicht Lucas Reyes.
Sondern die Frau, der Damian vor dem „Portofino’s“ begegnet war.
Die grünäugige Schönheit, die ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen war.
2. KAPITEL
Welch ein Bild!
Damian Aristedes bekam seinen Mund nicht mehr zu. So etwas Famoses war Ivy schon lange nicht mehr passiert.
Seine Hoheit war wohl nicht an unerwünschte Überraschungen gewöhnt. Damian sei nicht aus der Ruhe zu bringen, hatte Kay gesagt. Nun, so hatte sie es eigentlich nicht ausgedrückt. Man kommt nicht an ihn heran , das war es, was sie gesagt hatte.
Was allerdings auch nicht stimmt, dachte Ivy jetzt. Man musste sich den Mann ja nur ansehen!
„Wer sind Sie? Und was wollen Sie hier?“
Doch sie antwortete nicht. Das Triumphgefühl, ihn überrumpelt zu haben, ließ nach. Gründlich hatte sie sich auf diesen Moment vorbereitet, doch jetzt, da es so weit war … kam sie halb um vor Angst. Ihr Herz hämmerte so laut, er müsste es eigentlich hören können.
„Sie waren heute vor dem ‚Portofino’s‘.“
Damian gewann seine Fassung zurück. Autorität klang jetzt in seiner Stimme mit, die hellgrauen Augen hatte er leicht zusammengekniffen.
„Sind Sie Reporterin? Von irgendeinem Klatschblatt? Ich gebe keine Interviews.“
Er hatte also wirklich keine Ahnung, wer sie war. Sie hatte sich schon gefragt, ob Kay ihm jemals ein Foto gezeigt hatte, oder zumindest ein Bild von ihr in
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