Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens
angebunden, die Reiter mit ihren schwarzen Sombreros stehen daneben und trinken ihren Sherry. Es sind die vier Reiter, die heute mittag im Nationalpark an mir vorbei ritten.
Müde taumele ich zu der Herberge, die anderen sind schon lange da und bereits wieder zum Essen ausgegangen. Erstmal schlafe ich eine Stunde in meinem Etagenbett, dann finde ich die Gefährten in der Bar, wo vorhin die Pferde standen, zum Abendessen. Wir sind jetzt bereits eine Gruppe von 10 – 12 Pilgern, die sich jeden Abend wieder treffen.
Das verschlossene Tor
Montag, der 8. Mai, von Almadén de la Plata
nach El Real de la Jara, 16,7 Kilometer
gesamt 87,5 Kilometer
4. Wandertag
Heute stehe ich etwas später auf, da ich nur 16 Kilometer zu laufen habe. Trotzdem sind die meisten anderen schon um halb sieben im Dunkeln weg. Ich verstehe nie, warum sie alle morgens so früh weg müssen. Da stehen sie so früh auf, hetzen den ganzen Morgen ohne Pause den Weg entlang, schauen nicht rechts und nicht links, von den Schönheiten, dem Zauber des Weges bekommen sie wohl nichts mit. Nur um dann so früh wie möglich in der Herberge zu sein, sich die besten Betten zu sichern und dann stundenlang schlafend oder dösend auf ihrem Bett zu liegen.
Nie werde ich diese Art des Pilgerns verstehen. Einer gab mir mal eine Erklärung für dieses seltsame Verhalten. Die meisten Wanderer haben im Süden Schwierigkeiten mit der Hitze, besonders die Südländer selbst, die die Wärme und die Sonne hassen. Deshalb versuchen sie so viel wie möglich von den kühlen Morgenstunden auszunutzen, bevor es dann ab zwölf Uhr wirklich heiß wird. Nur, finde ich, wenn das Ergebnis dann ein solcher Gewaltmarsch gegen die Sonne wird, ohne Ruhe und Muße, die Schönheiten der Natur und der Kultur am Weg nicht achtend, dann hat das mit Pilgern nichts mehr zu tun, und diese Menschen sollten sich lieber andere nördlichere Gegenden zum Wandern suchen.
Der Süden bedeutet Licht und Sonne und dann aber auch Hitze, die man eben ertragen muß und in die man sich fallen lassen muß wie in einen Regentag und einen Sturm. Beim Wandern wird man Teil einer Natur, die sonst ausgeklammert ist aus unserem alltäglichen Leben, und die muß man eben nehmen, wie sie ist.
Die Bar Morena hat um acht Uhr bereits auf. Ich treffe Hans und Marie, es gibt wie gestern Tostadas und Café. Ein alter Mann an der Bar trinkt bereits seinen Brandy zum Café. Der Weg ist heute gesperrt. Eine Großgrundbesitzerin hat ihr Weidetor zugesperrt und wir müssen auf die Landstraße ausweichen. Das kam so:
Michael Kasper schreibt in seinem Wanderführer „Spanien: Jakobsweg – Via de la Plata“: „Die Via de la Plata durchquert in Andalusien, Extremadura und Kastilien zahlreiche weitläufige Landgüter. Bei allen Wegen der Via de la Plata handelt es sich um öffentliche Wege, die jedoch seit Jahrhunderten kaum begangen wurden und somit von den Großgrundbesitzern wie Eigentum behandelt wurden. In den ersten Jahren des Wiederaufbaus der Via de la Plata traf man darum trotz der gelben Wegemarkierungen viele Tor verschlossen vor. Inzwischen ist das eigentlich nicht mehr der Fall, aber hier, zwischen Almadén de la Plata und El Real de la Jara passierte Folgendes:
Nachdem die Jakobusgesellschaft 2004 von Sevilla aus die Wegmarkierung erneuert und auch einen gelben Pfeil an das Tor gesprüht hatte, das zwar der Gutsbesitzerin gehörte, aber eben einen öffentlichen Weg versperrte, ärgerte sich die Dame darüber so sehr, daß sie einfach das Tor verschloß. Um das hohe Tor nicht überklettern zu müssen, schnitt darum ein gut ausgerüsteter Pilger den links vom Tor befindlichen Stacheldraht durch, was die Gutsbesitzerin natürlich nur noch mehr ärgerte.“ Seitdem ist das Tor mit einer Kette versperrt und wir müssen leider wieder auf die harte, lange Straße.
Dies ist nun schon der zweite Tag auf der Landstraße. Jetzt am frühen Morgen peitscht ein eiskalter Wind von der Sierra Morena die Gräser und heult in den Bäumen. Die Landschaft ist eintönig, die Straße windet sich ohne Ende durch die grünen Hügel, auf denen vereinzelt große Steineichen stehen. Die ersten Ziegen und Kühe tauchen auf.
Heute bin ich ziemlich fertig von den Strapazen gestern und schleppe mich lustlos auf der harten Straße dahin. Rechts und links endlose Zäune, dazwischen frisch bestellte Felder mit Frühjahrsgemüse.
Später ab elf Uhr wird es wieder heiß. Ein Spanier läuft vorbei, als ginge er zum Nordpol, mit langer
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