Auf der Spur der Vogeljaeger
an.
»Das... das ist unmöglich«, stotterte Gaby schließlich. »Die Gabun-Viper ist die gefährlichste und giftigste Schlange. Der... Nein, das getraut er sich nicht.«
»Meinst du?« Tarzans Augen verengten sich. »Ich glaube doch. Das beweist zwar keinen Mut, aber Habgier. Und eine gehörige Portion Dummheit. Der Bursche hat gar nicht genug Phantasie, um sich auszumalen, was passieren kann. Ich wette, Freunde: Heute Nacht wird der Reptilien-Zoo von einem Einbrecher besucht. Von unserem Pickelgesicht. Vom Hof durchs Kellerfenster einzusteigen, geht leicht – wenn er Stahlsäge und Glasschneider mitbringt. Er wird das Terrarium der Gabun-Viper öffnen, die Schlange mit dem Fanghaken in eine Kiste werfen, sie fest verschließen und durchs Fenster auf den Hof schieben. Die Stunden, die die Gabun-Viper dann noch zu leben hätte, wären gezählt.«
»Ungeheuerlich!«, murmelte Klößchen. »Aber ich glaube, du hast Recht.«
»Wir müssen Fräulein Obermüller verständigen«, sagte Gaby aufgeregt.
Heftig schüttelte Tarzan den Kopf. »Bis jetzt vermuten wir nur. Kann ja auch sein, dass der Einbruch nicht heute erfolgt, sondern irgendwann. Außerdem: Was sollte die Frau machen? Nachts im Zoo bleiben? Sie wäre Pickelgesicht nicht gewachsen. Im Gegenteil – sie käme regelrecht in Gefahr. Dass die Polizei den Reptilien-Zoo bewacht, können wir ausschließen. Dafür reicht unsere Vermutung nicht aus. Nein, ich weiß was Besseres.«
Karl grinste. »Richtig froh bist du nur, wenn du alles selber machen kannst, nicht wahr?«
Tarzan sah ihn mitleidig an. »Das war bisher nicht die schlechteste Lösung.«
»Stimmt auch wieder.«
»Also sind wir uns einig. Was Peter Carsten betrifft, der wird heute Nacht aus dem Internat türmen und Wache schieben auf dem Hof hinterm Reptilien-Zoo. Wer kommt mit? Für dich, Gaby, gilt das nicht. Erstens könnte dieser Ausflug gefährlich werden. Zweitens gehören hübsche... äh... ich meine, Mädchen gehören nachts ins Bett.«
Mit einem koketten Augenaufschlag sah Gaby zu Tarzan. Sie blies gegen ihren Pony. Anmutig strich sie sich eine goldblonde Strähne aus dem Gesicht.
»Und die weniger hübschen? Gehören die auch ins Bett?«
»Wie? Was? Verstehe nicht, was du meinst.« Er spürte, wie er rot wurde unter ihrem Blick. Das ärgerte ihn. Wiedermal war ihm ganz unabsichtlich ein Kompliment rausgeflutscht. »Ich sagte, Mädchen gehören ins Bett. Du bleibst also zu Hause«, fügte er streng hinzu.
Ungerechterweise fuhr er Klößchen dann an. »Was grinst du so blöde? Bleibst du auch im Bett oder kommst du mit?«
»Natürlich komme ich mit. Allerdings werde ich genügend Proviant einpacken.«
Bei Karl lachten nur die Augen.«Vor 23 Uhr wird’s bei mir nicht gehen. Meine Eltern erwarten Gäste zum Abendessen. Erst wenn die gegangen sind und alles schläft, kann ich abhauen.«
»Vorher dürfen auch wir uns nicht abseilen, sonst merkt es der EvD beim letzten Kontrollgang. Neuerdings haben die Steißtrommler das eingeführt: Zwischen halb elf und elf noch eine Runde, ob auch jeder in seinem Bett liegt und pennt. Mist! Naja, Pickelgesicht wird nicht vor Mitternacht auftauchen. Und dann erwischen wir ihn auf frischer Tat.«
6. Eine Rettungsaktion
Die Sonne stand schon tiefer, aber es war immer noch sommerlich warm. Der Himmel zeigte sich in seinem schönsten Blau; und der Wetterbericht versprach eine regelrechte Hitzewelle – wie Karl in der Zeitung gelesen hatte.
Gaby musste heim, um ihrer Mutter im Geschäft bei den Vorbereitungen für den kommenden Tag zu helfen.
Karl hatte seinen Eltern versprochen, noch vor dem Abendessen seine Schuhe zu putzen. Gern tat er das nicht, aber versprochen war versprochen.
Tarzan und Klößchen hatten noch eine knappe Stunde bis zur Rückkehr ins Internat. Die wollte Tarzan nutzen, um einen ersten Angriff zu starten.
»Wenn wir einen kleinen Umweg fahren«, sagte er, als er mit Klößchen allein war, »kommen wir bei einem der beiden Präparatoren vorbei. Wie heißt er noch... Patenfuß. Dem fühlen wir auf den Zahn.«
»Und wenn er beißt?«, ulkte Klößchen.
»Sehr witzig. Ich stelle es mir so vor: Wir drucksen ein bisschen rum und tun recht schuldbewusst. Wir behaupten, wir hätten einen toten Auerhahn gefunden. Ob er, Patenfuß, ihn kaufen wolle? Wenn er Interesse zeigt, rücken wir damit raus, dass der Auerhahn ein kleines Loch in der Brust habe – also geschossen sei. Dann sehen wir, wie er sich verhält – ob er gewilderte Ware
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