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Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet

Titel: Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Petermann
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und tötet, liegt beim Sadisten das Augenmerk auf dem Quälen. Er bringt das Opfer in seine Gewalt, nimmt es gefangen, quält es über Stunden oder Tage und verstümmelt es dabei. Seine sexuelle Gratifikation erfährt er durch die Reaktionen auf den zugefügten Schmerz. Die drehbuchartig vorbereitete und geplante Tat soll seinen abnormen sexuellen Vorstellungen nahekommen.
    Die offensive, also sexuell motivierte Leichenverstümmelung nimmt etwa ein Viertel aller Mutilationen ein.
    In den vergangenen Jahren habe ich Walter Krabonke einige Male besucht. Ich wollte wissen, ob er die Tat nach all den Jahren im Gefängnis anders schilderte oder beurteilte. In gewisser Weise nahm ich den FBI-Ansatz der nachträglichen Täterbefragung auf und wollte mehr über das Verbrechen und Walter Krabonkes Motivation erfahren – vom Experten lernen.
    Ein großer Vorteil der nachträglichen Befragung besteht darin, dass die Täter strafrechtlich nichts mehr zu befürchten haben, weil nach geltendem Recht niemand wegen eines Verbrechens zweimal bestraft werden darf. Bei allen Tätern, die ich bisher aufgesucht habe, bin ich immer auf Verständnis für mein Anliegen gestoßen, bietet ihnen das späte Gespräch doch die Chance, die ganze Wahrheit zu erzählen und dadurch gegebenenfalls ihr Gewissen zu erleichtern.
    Wenn ich die Dynamik und die Motivation einer Tat verstanden habe, kann ich zukünftige Verbrechen besser begreifen und einschätzen . Das mag Sie verwundern, ist menschliches Verhalten doch sehr vielschichtig und individuell und kein Täter wie der andere. Dennoch zeigt sich immer wieder, dass sich das Verhalten verschiedener Täter im Kern oft ähnelt. Und immer geht es um Motivationen, die auch im Alltag eine Rolle spielen und von grundlegenden menschlichen Bedürfnissen und Gefühlslagen herrühren.
    Leider werden die Täter nach ihrer Verurteilung nur sehr selten befragt. Das finde ich vor allem deshalb fatal, da ohne eine Evaluation Ermittler und auch Fallanalytiker dazu neigen, die eigenen Einschätzungen von Tätern und Täterverhalten unkritisch als der Weisheit letzten Schluss zu sehen. Wie unterschiedlich Einschätzungen sein können, zeigt der Fall von Walter Krabonke. Alle am Verfahren Beteiligten hatten bei gleicher Informationslage sein Verhalten unterschiedlich bewertet: der Staatsanwalt, der Verteidiger, der Psychiater, das Gericht und ich als Ermittler.
    Als ich Walter Krabonke das erste Mal nach seiner Haftentlassung besuchte, erkannte er mich sofort und freute sich über meinen Besuch. Sein Aussehen hatte sich sehr verändert. Sein früherer Fassonschnitt war schulterlangen Haaren gewichen, und er hatte sich einen Vollbart wachsen lassen. Statt Stoffhose mit Bügelfalte und gestärktem Hemd trug er verwaschene Jeans und ein weißes T-Shirt und darüber einen weißen Kittel mit dem Aufdruck »Art-Malerei W. Krabonke«. Ich hatte wieder Butterkuchen gekauft, und so saßen wir wie vor über zwanzig Jahren bei Kaffee und Kuchen beisammen. Für mich war das eine ungewohnte Situation, denn Walter Krabonke war der erste Täter, den ich Jahre später aufsuchte und zu seiner Tat befragte: zwei gleichwertige Gesprächspartner, kein vorsichtiges Taktieren.
    Walter Krabonke schilderte den Tagesablauf genauso, wie er es damals in der Vernehmung getan hatte. Nach wie vor war er davon überzeugt, dass Agnes Brendel nur aufgrund unglücklicher Umstände starb. Er bedauerte den Tod des »Marjellchen«, wie er Agnes Brendel immer noch nannte, stritt aber weiterhin jede sexuelle Motivation bei der Verstümmelung ab. Als ich meine Zweifel in diesem Punkt äußerte, drohte die harmonische Stimmung zu kippen. Walter Krabonke wurde ernst und bestimmt. Nein, es sei so gewesen, wie er es gesagt habe. Ohne Wenn und Aber. »Ich fühlte mich von meiner früheren Ehefrau erlöst. Ich hatte keinen Hass mehr. Für mich war sie nicht mehr da!« Alles andere sei spekulativ und würde nicht der Realität entsprechen.
    Mir wurde bewusst, dass ich hier an Grenzen stieß. Ich musste akzeptieren, dass er gut fünfundzwanzig Jahre nach der Tat bei seinen Erklärungen blieb.
    Im Gefängnis hat Walter Krabonke über sein Leben und das Verbrechen etwas aufgeschrieben, das er selbst »Tatsachenbericht« nennt. Seine handschriftlichen Aufzeichnungen, die er in der Haft in schwarzes Leinen hat binden lassen, tragen die Titel Eine Nacht ohne Abschied und Ein Leben ohne Leben . Das Unikat hat er mir für diesen Beitrag geschenkt: »Da kann man dann

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