Auf Der Spur Des Boesen - Ein Profiler berichtet
ruhig mal zeigen, wie ich das sehe. Das fände ich jedenfalls gut. Damit die Leute mich besser verstehen können. Aber ob die das überhaupt wollen? Bei so einem wie mir?«
In dem späten Rückblick auf seine Tat schreibt er: »Wenn du so was gemacht hast, davon kommst du nie richtig los. Man träumt davon. Da sind Blutspuren, die dich umkreisen, und du willst raus und du willst Licht am Ende des Tunnels. Da muss Sonne sein.«
Straffällig ist Walter Krabonke seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis nicht mehr geworden. Auch mit dem Trinken hat er aufgehört. Heute wohnt er allein in einer deutschen Großstadt, wo er sich als Kunstmaler niedergelassen hat. Im Gefängnis hat er mit dem Malen angefangen. Seine kleine Einzimmerwohnung ist mit bis unter die Decke reichenden Regalen zugestellt. In ihnen lagern fast tausend Bilder. Die Palette seiner Werke reicht von naiv bis abstrakt und von modernistisch bis expressionistisch. Auch heute neigt er noch zur Pedanterie und ausgeprägtem Ordnungssinn. Das zeigt nicht nur seine heute wie damals akkurat aufgeräumte und penibel saubere Wohnung, sondern auch sein dreifach abgesichertes Katalogisierungssystem. In großen Karteikästen und Registern hat er die Fotos von seinen Bildern abgelegt und die Titel aller seiner Werke erfasst. Nur selten verkauft er ein Bild in seinen monatlich wechselnden Ausstellungen in einer Eisdiele oder einem Billard-Café.
Zwei Bilder hat Walter Krabonke mir geschenkt: ein im naiven Stil gemaltes Aquarell, das ein kleines norddeutsches Dorf unter regenverhangenem Himmel zeigt, und ein modernistisches. Das auf Sackleinen gesprühte Werk trägt den Titel Im Rollstuhl über den Fluss .
»Denn bei dem Bild denk ich immer, wie schwer das ist, nach dem langen Knast im normalen Leben wieder klarzukommen«, erklärte mir Walter Krabonke dazu.
Das Bild hängt in meinem Büro. Mal drückt es für mich genau das aus, was Krabonke dazu erklärt hat, mal sehe ich darin Blutspuren, aus denen jemand heraus will.
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Das Wohnzimmer ist mit einem hellbraunen Bodenbelag und weißen Flokatiteppichen ausgelegt. In einer Ecke des Raumes steht im rechten Winkel eine grau-rot-schwarz gemusterte Sitzgruppe. Davor liegt ein leeres Wasserglas. Der Teppich ist an dieser Stelle durchtränkt. Vermutlich Cola. Eingedrückte Stellen im Teppich weisen darauf hin, dass jemand den vor der Couch stehenden kleinen Kieferntisch verrückt hat. Die blutige Tischdecke wurde ebenfalls verschoben, ohne dass die Vase mit frischen Schnittblumen darauf umgefallen wäre. Den größten Teil des Raumes nimmt ein 1,60 mal 2 Meter großes und mit einer rosafarbenen Tagesdecke abgedecktes französisches Bett ein. Auf ihm liegen sechs Kopfkissen und verstreute Papiere. Zwischen der Sitzgruppe und dem Bett steht ein Nachtschrank, seine Tür ist geöffnet, die Schubladen sind herausgezogen. Der Inhalt liegt auf dem Boden verteilt: Papiere, zwei geöffnete Handtaschen und Reizwäsche. Die Schiebetüren eines Kleiderschrankes sind aufgeschoben. Auch ihn hat der Täter durchsucht, den Inhalt herausgerissen und auf Boden und Couch geworfen. Zahlreiche Kleidungsstücke und ein Handtuch können größere Blutflecken an Lehne und Sitzflächen des Sofas nur dezent abdecken. Oben auf dem Schrank liegen zwei Peitschen und vier Reitgerten. Wie ich vermute, notwendige Accessoires für eine strenge englische Erziehung spezieller Freier. Der auf einem kleinen Tisch stehende Fernseher und eine Videoanlage sind angeschlossen, aber ausgeschaltet.
Die Leiche von Ramona Braun liegt in Seitenlage auf dem Fußboden. Fast drei Meter von den blutigen Stellen der Couch entfernt und direkt vor der Wohnzimmertür. Zusammengekauert wie ein Embryo: die Arme vor dem Oberkörper verschränkt, beide Beine angezogen. Ramona Braun ist eine schlanke Person: knapp 170 Zentimeter groß, 52 Kilogramm schwer, lange, blonde und glatte Haare. Mittelscheitel. Bekleidet ist sie mit einem schwarzen Slip, schwarzem Strapsgürtel, schwarzen Strümpfen und schwarz-goldenen Highheels mit einer Absatzhöhe von zwölf Zentimetern. Auf den Strümpfen befinden sich blutige Abdrücke, die erst bei näherem Hinsehen als handförmig zu erkennen sind. Rechts und links neben der Toten bemerke ich große und bereits eingetrocknete Blutflecken.
Ich schaue mir die Tote genauer an. Ihr BH ist hinten am Verschluss scharf durchtrennt und liegt in Höhe der Brust unter ihrem Oberkörper. Nacken und
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