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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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der Endeavour an ihm vorbeiwanderten, bis – nach einem letzten Moment des Zauderns – die Füße mit einem Knirschen auf der Oberfläche aufkamen. Der Staub wallte in kleinen Wolken auf und setzte sich an seinen Beinen ab.
    Er trat unter der Landekapsel hervor. Bei jedem Schritt spürte er, wie das Gestein unter seinem Gewicht zerstampft wurde. Es herrschten eigenartige Lichtverhältnisse, wie bei einem Foto-Negativ: ein pockennarbiger graubrauner Boden unter einem pechschwarzen Himmel. Der nahe Horizont war gekrümmt: der Mond war wirklich winzig, nur eine kleine Felskugel, an deren Oberfläche Forbes klebte.
    »Endeavour für Stevenage. Gut, Sie zu sehen, Henry. Wie fühlen Sie sich?«
    »Verdammt sonderbar«, sagte Henry Forbes.
    »Es wäre«, sagte Leonid trocken, »verdammt nett, wenn Sie uns zur Hand gingen, Kommandant.«
    Forbes drehte sich um und sah, dass Aldrin und Leonov den Hauptauftrag der Expedition zur Hälfte ausgeführt hatten – die Installation des Draht- Sender-Empfängers. Zunächst wurde das Gerät provisorisch aufgebaut. Die Astronauten betätigten an der Unterseite der Endeavour angebrachte Flaschenzüge, worauf das Ding sich entfaltete. Hauptsache, es funktionierte; die Ingenieure, die ihnen nachfolgten, würden mit entsprechenden Komponenten für eine stabilere Verankerung sorgen.
    Er hüpfte zu den anderen, um ihnen bei der Arbeit zu helfen.
    Die Erde war eine blaue Kugel. Sie war viel größer als der Vollmond und hing so hoch am Himmel, dass er den Kopf in den Nacken legen musste, um sie zu betrachten. Er sah, dass es Morgen war in Europa; der Kontinent zeichnete sich deutlich unter einer dünnen Wolkendecke ab, doch England war verhüllt. Die Luft war in den letzten Jahren viel sauberer geworden, obwohl es bestimmt keine langfristige Lösung war, Industrieabfälle per Draht auf dem Grund der Meere zu entsorgen – irgendwann würden die Giftgase doch in die Atmosphäre entweichen. Deshalb wurde vorgeschlagen, den Mond als globale Müllkippe zu verwenden. Natürlich, wie Max ihm schon zum x-ten Mal erklärte, war der Quanten-Umwandlungsprozess im Herzen des Drahts nur möglich, wenn am anderen Ende der Leitung eine bereitstehende Masse umgewandelt wurde. Zukünftige Archäologen, so sagte er sich, würden sich wohl wundern, wenn sie im Reaktor eines stillgelegten Atomkraftwerks verstrahlten Mondstaub fänden.
    Er hatte seit Monaten nicht mehr mit Max gesprochen. Vielleicht sah sie gerade die Fernsehübertragung des Mondspaziergangs, die von James Burke, Patrick Moore und Isaac Asimov kommentiert wurde.
    Vielleicht auch nicht. Die vielen Milliarden Sterling-Dollar, welche die Draht- Firmen in die Quantenforschung investierten – man sprach von Quantencomputern, sogar von einem Quanten-Raumschiffsantrieb –, schufen Perspektiven, die Max voll in Anspruch nahmen. Für Forbes war das alles nur verwirrend und gespenstisch. Die Quantencomputer zum Beispiel sollten unglaubliche Geschwindigkeiten erreichen, indem sie simultane Berechnungen in Parallel-Universen durchführten.
    Nachdem sie den Sender-Empfänger aufgebaut hatten, war es Zeit für die Flaggenparade. Der Union Jack und Hammer und Sichel durften fließend herabhängen, doch musste der peinlich berührte Aldrin ein Sternenbanner hissen, das mit Draht durchwirkt war, damit es auf dem atmosphärelosen Mond ›wehte‹. Und nun kam das Schwerkraftpendel, eine simple Vorrichtung, die das London Science Museum erfunden hatte, um den Fernsehzuschauern zu beweisen, dass sie sich auch wirklich auf dem Mond befanden und dessen schwächerer Anziehungskraft unterlagen.
    Die drei salutierten – jeder so, wie er es gelernt hatte –, und dann machten sie Fotos voneinander.
    »Endeavour für Stevenage. In Ordnung, meine Herren, die Show ist vorbei; in ein paar Minuten sehen wir uns auf der Erde …«
    So bald?, fragte Forbes sich melancholisch.
    Doch Leonov und Aldrin trotten schon brav auf den Draht- Sender-Empfänger zu. Ihr Verschwinden wurde von den blauen Blitzen begleitet, die charakteristisch für den Funk-Transport waren. Zurück blieben Polyethylen-Wasserbeutel.
    Für einen Moment war Forbes allein auf dem Mond. Der Atem rauschte im Helm, und er dachte an die Puffing Billies, die faulig riechenden Sauerstoffsparregler-Bälge, die sie in den hochfliegenden Spitfires hatten verwenden müssen.
    In ein paar Minuten würden die Ingenieure heraufkommen, begleitet von einem Geschwader Journalisten und Mond-Wissenschaftlern sowie

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