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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Szenarios vorausgesehen waren.«
    »Schießen Sie los.«
    »Wir haben nicht genug Zeit, auf Einzelheiten einzugehen.« Der Kerl nickte aus dem Fernsehapparat heraus, auf den Wecker zu. »Es passiert folgendes, Sapphire. Wir lassen ein Modell Ihres Gehirns in einem Supercomputer laufen.«
    »Ein Modell laufen lassen?«
    »Ihr Gehirn simulieren. Wir haben uns Ihren gefrorenen Kopf vorgenommen und ihn mit so ’nem neumodischen Zeug gescannt; Zeug, das alle Ihre Gehirnzellen, und wie sie miteinander verbunden sind, aufzeichnen kann. Dann haben wir die ganze Information genommen und sie in einen Computer eingespeist. Mit dem Computer war es möglich, die zeitliche Entwicklung des Modells zu simulieren.«
    »Und?«
    »Es gibt kein ›und‹, Sapphire. Sie sind es. Sie sind das Modell, genau jetzt.« Leitner lächelte. Hinter ihm rahmte ein Bildfenster der Firma große Wolkenkratzer ein, die sich in der Entfernung zusammendrängten; eine Architektur, so weich und zerfließend wie in der Wärme schmelzende Eisplastiken. »Wir haben Sie im Jahr 2020 gescannt«, sagte er. »Aber bis vor kurzem haben die Computer so langsam gearbeitet, dass es Monate gedauert hat, die Zeit für Sie auch nur wenige subjektive Sekunden in die Zukunft vorlaufen zu lassen. Schließlich hatten wir genug freie Kapazität, um einige Sinnesanregungen in das Modell einzuspeisen, aber es war noch immer verdammt langsam. In den späten zwanziger Jahren beschleunigten sich die Dinge jedoch. Bis zum Jahr 2032 hatten wir Sie in eines der neuen Quantum-Flüssigarchitektur-Systeme transferiert, was bedeutete, dass wir anfangen konnten, Sie mit einem Faktor zu stimulieren, die nur ein paar hundertmal langsamer war als in der Echtzeit; was Computer angeht, eine Kleinigkeit. Bis Juni hatten wir genug freie Kapazität gewonnen, um eine vollständige Umwelt zu simulieren.«
    Sapphire hatte das alles irgendwie aufgenommen, aber es war nicht ganz zu ihr durchgedrungen. »Verstehen wir uns recht«, sagte sie. »Was ich jetzt fühle – was ich jetzt denke –, läuft alles irgendwo in einem verdammten Computer ab?«
    »In Djakarta, genau gesagt.«
    Sapphire rümpfte die Nase. »Ich hätte zumindest erwartet, dass Sie mich irgendwo simulieren, wo ich noch nicht gewesen bin. Es erstaunt mich, dass ich nicht wütender bin. Ich habe schon aus geringerem Anlass Fernsehgeräte aus Hotelzimmern geworfen. «
    »Gefühlsreaktionen werden von dem System nicht gut modelliert«, sagte Leitner. »Zu viel dreckige Biochemie. Wir arbeiten daran, aber in diesem Stadium ist alles noch sehr skelettartig. Stellen Sie sich das Gefühl als die Textur ihres modellierten Seelenzustandes vor. Unsere Simulation ähnelt in dieser Hinsicht der frühen virtuellen Realität – sieht alles sehr nach Kunststoffkulissen aus.«
    »Mir gefällt Ihre Frisur, Leitner. Und was ist mit meinem gefrorenen Kopf – ich hoffe bei Gott, er ist noch intakt, oder ich verklage eure Ärsche für jeden verdammten … was immer es ist, was man in Djakarta ausgibt.«
    »Ihr tiefgefrorener Körper ist …« Leitner hielt inne, betrachtete seine verschränkten Finger. »Gegenwärtig intakt. Aber ich fürchte, das ist auch der Grund, warum ich jetzt mit Ihnen spreche. Die Situation ist nicht optimal.«
    »Welche Situation?«
    »Der legale Status Ihres Körpers. Nach dem Großen Vorfall hat Ultralife in dem Sinn, in dem Sie es kannten, zu bestehen aufgehört. Ihr gefrorener Körper gehörte wie jener der anderen Kunden zu den Firmen-Aktiva. Nach einer Anzahl von gesellschaftsrechtlichen Transaktionen – alle sehr kompliziert – wurden die Eingefrorenen zum Eigentum von jemand anderem.«
    »Ich vermag Ihnen da nicht zu folgen. Was, zum Teufel, war der Große Vorfall?« Sapphire zögerte einen Augenblick. »Nein, geben Sie sich keine Mühe. Ich kann es erraten.«
    Leitner hob die Hand. »Sie können sich später über die Einzelheiten informieren – dafür wird genügend Zeit sein. Zuerst müssen wir ein kleines technisches Detail klären.«
     
    Rawlinson zeigte Muller die Klappe an der Seite vom Aufbau des Lastzuges, wo die Transitionären-Module eingeführt wurden. Nachdem die Staubabdeckung zurückgeglitten war, mussten sie eine zehnziffrige Ermächtigung in die Tastatur eingeben und sich dann einem retinalen Laserscan unterziehen. Daraufhin glitt die Innentür surrend beiseite. Das Modul, das nicht größer war als ein Paket Spielkarten, wurde freigelegt; an einem Ende pulsierte eine

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