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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Gestern Nachmittag waren zwar noch zwei Off-Roader an mir vorbeigefahren, die Leute darin hatten kurz gegrüßt, sich aber dann irgendwo weiter oben an den Fluss gestellt. Noch nicht einmal ihre Lagerfeuer hatte ich in der Nacht gesehen. Im Outback ließ man sich nach Möglichkeit in Ruhe. Wahrscheinlich waren sie schon längst wieder aufgebrochen. Ich klappte den Campingstuhl auseinander, stellte den alten hölzernen Klapptisch auf und warf einen ersten Blick in den Kessel. Ein bewachter Topf kocht nicht, fand ich wieder einmal bestätigt. Aus der Küchenkiste nahm ich Teller, Tasse und Besteck, holte die Wurst und den Käse aus der Kühlbox, wo er in dicht verschließbaren Plastikbehältern auf dem Wasser, zu dem die Eiswürfel inzwischen geschmolzen waren, schwamm und fischte die Margarine heraus. Der Kessel gab jetzt deutliche Rauchsignale, und ich hob ihn mit einem Stöckchen, das ich unter den Henkel schob, aus dem Feuer.
    Ich genoss gerade meine letzte Tasse Kaffee, als die Fliegen kamen. Wie jeden Morgen und wie immer einem unerklärlichen Zeitgefühl folgend. Die Fliegen sind wirklich eine Plage. Wenn ihre Zeit gekommen ist, dann sind diese Quälgeister durch nichts aufzuhalten oder abzuschütteln. Abends verschwinden sie mehr oder minder mit der Dämmerung und wenn man nicht allzu viel Wert darauf legt zu sehen, was man isst, dann kann man dies nach Einbruch der Dunkelheit unbelästigt tun. Wenn nicht, dann führt man einen von vorne herein aussichtslosen Kampf gegen diese schwarze Flut. Morgens, kurz nach Sonnenaufgang, wenn die Luft sich zu erwärmen beginnt und es richtig gemütlich wird, erscheinen sie von ihren geheimen Schlafplätzen. So wie jetzt. Ich ließ ihnen die Reste meines Frühstücks, rückte ein Stück vom Tisch weg, was aber auch nicht viel half, und deckte meinen Kaffeebecher mit dem Deckel des Kessels zu. Wenn man einige Zeit im Outback zugebracht hat, dann gewöhnt man sich an das beständige Krabbeln von Fliegenfüßen am Hals und im Gesicht, die wegzuscheuchen kaum der Mühe wert und von ebenso wenig Erfolg gekrönt ist.
    Aus dem fast niedergebrannten Lagerfeuer stieg noch eine dünne Rauchfahne und die Schatten der Eukalyptusbäume begannen die tägliche Wanderschaft um ihre eigene Achse. Ich hatte mir ein Plätzchen ein paar Meter von meinem Wagen entfernt gesucht und ließ gemütlich die Sonne meinen Körper auf Betriebstemperatur bringen. Irgendwo, ein paar hundert Meter flussaufwärts, musste etwas die Vögel aufgescheucht haben. Kreischend flog ein ganzer Schwarm Galas aus den Bäumen hoch und drehte eine Runde, um sich dann ans andere Flussufer zu verziehen. Ich warf meine Zigarettenkippe ins Lagerfeuer und machte mich daran, meine Sachen zusammenzupacken. Es war viertel nach acht.
    Die beiden Männer bemerkte ich erst, als sie mich ansprachen. Sie standen ungefähr zwanzig Meter von mir und meinem Off-Roader entfernt und musterten mich eingehend. Ich zuckte hoch und erwiderte ihren Gruß, den ich allerdings nicht verstanden hatte. Nach einem genaueren Blick war ich mir sicher, die beiden mussten Stockmen sein, die australische Abart des Cowboys. Sie trugen hohe Stiefel, ziemlich zerrissene grobe Hosen, Lederwesten und natürlich, wie auch ich, den unvermeidlichen breitkrempigen Hut gegen die herab brennende Sonne. Sie standen immer noch unschlüssig herum und tuschelten miteinander. Da ich auch nicht wusste, was ich sagen sollte, lehnte ich mich an die Ladefläche meines Pickups, zog eine Zigarette aus dem Päckchen und wartete erst einmal ab. Natürlich stellte sich die Frage, was sie hier zu suchen hatten. Ich befand mich im Nationalpark und da gab es kein Vieh und damit auch keinen Grund für die Anwesenheit von Viehtreibern. Aber vielleicht suchten sie versprengte Rinder, die sich hierher verlaufen hatten. Erst jetzt bemerkte ich, dass beide Waffen trugen. Revolver, die in Gürtelhalftern steckten, und Gewehre. Das war nun schon mehr wie im Film.
    »He, Leute, was treibt euch denn hierher?«, rief ich ihnen zu, um endlich die gespannte Stille zwischen uns zu brechen. Ihre Köpfe ruckten in meine Richtung. Die beiden schienen nicht verstanden zu haben.
    »He, was macht ihr hier?«, wiederholte ich meine Frage.
    Sie zuckten ratlos die Achseln. Der linke, etwas ältere Mann meinte dann: »Wisenschagen.«
    »Wie bitte?« Nun hatte ich nichts verstanden. Wahrscheinlich sprachen sie ein Stockmenkauderwelsch, das niemand außer ihnen verstand. Gleichzeitig trat ich ein paar

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