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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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paar tausend Kilometer hielten. Wenn man Glück hatte. Anscheinend hatte die beiden ein ähnlich mulmiges Gefühl beschlichen wie mich, denn der Jüngere zog seinen Gefährten weg. Sie murmelten mir noch etwas zu und verschwanden dann in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
    »Machts gut«, rief ich ihnen noch hinterher, doch sie drehten sich nicht einmal mehr um. Die ganze Sache gefiel mir gar nicht. Als erstes zog ich mein Gewehr unter der Plane hervor und legte es griffbereit auf den Beifahrersitz. Wenn die beiden wiederkommen würden, wäre ich zumindest vorbereitet. Aber was heißt das schon. Eigentlich wäre es viel schlimmer, wenn der Ranger vorbeikäme und das Gewehr sehen würde. Schließlich befand ich mich in einem Nationalpark, und da waren Schusswaffen absolut verboten. Ich packte meine restlichen Sachen zusammen, schaufelte Sand auf die Asche des Lagerfeuers und schwitzte schrecklich. Ein Blick auf das am Führerhaus angebrachte Thermometer versetzte mich dann doch in Staunen. Es zeigte knapp vierzig Grad und die Uhr im Wagen zeigte erst viertel nach zehn. Dafür war es wirklich ziemlich heiß. Ich holte hinter der Fahrersitzlehne meine Shorts hervor und tauschte die Jeans gegen sie aus. Es war jeden Tag das gleiche Spiel. In der morgendlichen Kühle begann man mit langen Hosen, einem Pullover über dem T-Shirt und manchmal sogar noch eine Daunenweste. In dem Maße, wie die Sonne den Himmel erkletterte, legte man ein Kleidungsstück nach dem anderen ab, bis man abends den Vorgang in umgekehrter Reihenfolge wiederholte. Hier in den Wüstengebieten des Landesinneren konnte der Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht gut zwanzig bis fünfundzwanzig Grad betragen, aber es war nicht so schwer, sich daran zu gewöhnen. Jetzt wurde es aber wirklich Zeit, mich aufzumachen. An der Station würde ich mich erkundigen, ob irgendwelche Cattlestations mit ihren Stockmen im Nationalpark zugange waren und zur Sicherheit die kommende Nacht in der Nähe der Station campen. Irgendwie war mir nicht nach einer zweiten Begegnung mit den beiden, oder etwaigen Kameraden von ihnen, zumute. Ich setzte als letztes die Kühlbox hinten auf die Ladefläche, klappte die Bordwand hoch und warf einen Blick in die Runde, um mich zu vergewissern, dass nicht noch etwas herumlag. Viel zu schnell vergisst man ein Paar Schuhe, die man wegen der Schlangen und Skorpione auf das Autodach gestellt hat und die dann beim Wegfahren auf Nimmerwiedersehen verschwinden, oder ein Werkzeug, das noch an einen Baumstamm gelehnt vor sich hindämmert. Nichts dergleichen; ich hatte mein Lehrgeld inzwischen gezahlt und hielt leidlich Ordnung. Ich schaute noch einmal in die Richtung, aus der meine beiden Besucher gekommen waren, doch auch dort war nur Busch und kein Anzeichen von menschlichem Leben zu bemerken. Ich nahm das Gewehr wieder vom Beifahrersitz, schob es ganz unten unter meine Sachen und zurrte die Plane fest. Dann stieg ich ein. Die Vorglühkontrolle erlosch, kaum dass sie aufgeleuchtet hatte. Kein Wunder bei der Hitze, und mit einer Drehung des Zündschlüssels erwachten die sechs Zylinder unter der weit ausladenden Motorhaube zum Leben. Das Geräusch des Diesels kam erst stotternd, bis es nach einigen Augenblicken seine vertrauenerweckende Gleichmäßigkeit gefunden hatte. Wenn man sich mit einem Off-Roader über staubige Pisten, steinige Tracks, durch Geröllfelder und Flussläufe quält, dann graben sich in dem Moment, in dem man das Steuerrad umfasst, winzige Fühler aus den Handflächen in das Material des Lenkrads, finden ihren Weg durch die Steuersäule bis in die entferntesten Winkel das Wagens und man weiß sofort, wenn etwas nicht stimmt. Ein besonderes Geräusch des Fahrtwindes, der sich hinten auf der Ladefläche verfängt, flüstert einem zu, dass man besser nachschaut, ob sich nicht gleich ein Ausrüstungsstück verabschiedet, ein besonderes Ruckeln beim Fahren, das neben den Schlägen und Schütteln der Piste auf einmal spürbar wird und die traurige Mitteilung macht, dass wieder mal ein Reifen sein Leben ausgehaucht hat. Ich brauchte keine zehn Meter, um mir dessen sicher zu sein und ordentlich zu fluchen. Ich stellte den Motor ab und stieg aus. Natürlich hoffte ich, mich geirrt zu haben, doch zu deutlich war die Schräglage des Pickup nach hinten links. Wenigstens hatte es mich nicht bei höherem Tempo auf der Piste erwischt, denn dann wäre der Reifen völlig hinüber gewesen. So war er einfach nur platt. Ich trat

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