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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Schritte auf sie zu.
    »Wirsen jagen«, bestätigte der jüngere Mann.
    Es sollte wohl heißen, wir sind jagen, überlegte ich mir und nickte. »Gutes Wetter zum Jagen«, sagte ich, nur um das Gespräch nicht gleich wieder einschlafen zu lassen. Die beiden nickten und schauten an mir vorbei. Irgendwas sagte mir, dass ich für die beiden von ziemlich untergeordnetem Interesse war. Ihre Blicke hingen wie gebannt an meinem Wagen, und nur weil ich mich bei ihrem Eintreffen direkt daneben befunden hatte, war mir der Fehler unterlaufen, ihr Interesse auf mich zu beziehen. Ich befand mich jetzt genau zwischen den beiden und meinem Toyota, der etwas rechts hinter mir stand. Und dort war auch, gut versteckt unter der Plane, die ich während der Fahrt über die Ladefläche spannte, damit meine Habseligkeiten nicht total verstaubten, mein Gewehr.
    »Wo kommsten her«, fragte jetzt der Ältere. Entweder bemühte er sich, deutlicher zu sprechen, oder ich hatte mich schnell an den eigenartigen Dialekt gewöhnt. Wahrscheinlich von beidem etwas. Es war die übliche Frage, die man bei einer Begegnung im Outback stellte. Die Nächste wäre, wo willst du hin und wie ist der Zustand des Tracks von da, wo du herkommst. Damit sind dann die wichtigsten Informationen, die es unter Off-Roadern im Gelände gibt, ausgetauscht.
    »Ich bin gestern von Birdsville heruntergekommen«, antwortete ich und fügte dann noch hinzu, »den westlichen Track.« Denn es gab zwei. Einmal von Birdsville Richtung Osten und dann nach knapp hundert Kilometern Richtung Süden, quer durch die Sturt Stony Dessert, woran ich mich lieber nicht erinnern wollte, da dieses verdammte Stück Land seinen Namen zu Recht trägt und ich meinen Wagen durch endlose Steinfelder hatte lenken müssen. Insgesamt vierhundert Kilometer, für die ich über sieben Stunden gebraucht hatte. Der andere führte an Bedoulia vorbei und dann Richtung Süden nach Innamincka, war auf der Karte gut einhundertfünfzig Kilometer länger, konnte aber auf keinen Fall schlechter sein. Das alles waren die notwendigen Informationen, die ich gerade den beiden geben wollte, als der jüngere meinte: »Birdsville, was is’n das?«
    Und zur Bestätigung meinte auch der andere. »Wo soll’n das sein?«
    Jetzt war ich verblüfft. Birdsville ist für das australische Outback, was Rom für einen guten Katholiken ist. Tausende pilgern jeden September dorthin, um die berühmt berüchtigten Birdsville Races mitzuerleben. Ein Wochenende, an dem die kleine Ansiedlung am Trailhead des Birdsvilletrack Kopf steht. Die Pferderennen spielen dabei nur eine Nebenrolle. Viel wichtiger ist das drei Tage dauernde Besäufnis. Auf großen Kühllastern wird das Bier in den Ort gebracht und kistenweise von der Ladefläche herunter verkauft. Das Birdsville Hotel, in ganz Australien bekannt, ist wohl die einzige Kneipe, die statt eines Parkplatzes eine Landebahn vor der Tür hat, wo die Bewohner der umliegenden Stations mit ihren Kleinflugzeugen einfliegen und direkt in die Kneipe fallen. Und die beiden hier wollten nicht wissen, was Birdsville ist und wo es liegt. Ich lachte kurz auf.
    »He, ihr könnt mir doch nicht weiß machen, dass ihr Birdsville nicht kennt?«
    Die beiden schüttelten überzeugend den Kopf. Dann meinte der Ältere: »Ist das ein Wasserloch?« Und auf einmal schien er mehr an der Auskunft interessiert als an meinem Wagen. Auch der Jüngere richtete jetzt seinen Blick auf mich, und ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Ich machte möglichst unauffällig ein paar Schritte in Richtung meines Pickup, um in Reichweite meines Gewehrs zu kommen. Bedrohlich war die Situation eigentlich nicht, doch irgendwie auch nicht so, wie ich es von einer Begegnung im Outback gewohnt war. Wir sollten jetzt eigentlich schon längst über das Wetter oder andere Nichtigkeiten plaudern, die Wegstrecke, wo man hin wollte, wie lange man schon unterwegs war und bestenfalls die erste Dose Bier aufgemacht haben. Auf keinen Fall sollte man erklären müssen, was Birdsville ist. Vielleicht, wenn es Touristen gewesen wären, aber so sahen die beiden nun wirklich nicht aus. Ihre Hüte waren, wie ich inzwischen feststellen konnte, schon einige Jahre in Gebrauch und nicht nur spazierengetragen worden. Die Klamotten hätten eine Wäsche vertragen können und auch wenn meine eigenen schon zu Fuß in die Wäsche gehen konnten, dann war zwischen denen und ihren noch ein Unterschied wie zwischen Samstagabend in Melbourne und Montagmorgen in

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