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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Coober Pedy. Ich beschloss davon auszugehen, dass sie wirklich nichts von Birdsville wussten und mich nicht auf dem Arm nehmen wollten.
    »Ja, Wasser gibt es auch in Birdsville. Es ist ein kleiner Ort, vierhundert Kilometer von hier. Ungefähr einhundert Einwohner.«
    »Sooo.« Und die beiden dehnten unisono den Laut bis zur Grenze des Erträglichen. Ihr Unglaube war deutlich zu spüren. Eigentlich mehr als dies. Ich hatte den Eindruck, sie hielten mich für komplett verrückt. Ich spürte, wie mir der Schweiß den Rücken hinunterlief. Binnen der letzten halben Stunde war es drückend heiß geworden. Die Quecksilbersäule des Thermometers musste gut und gerne auf dem Weg nach oben ein paar Zentimeter überwunden haben.
    »Wie weit soll das sein?«, fragte der eine nochmals.
    »Na, ungefähr vierhundert Kilometer«, antwortete ich widerwillig, denn ich hatte wenig Lust, mich von den beiden weiter nerven zu lassen.
    »Wie viele Meilen sind das denn?«
    Aha, dachte ich mir, noch jemand, der immer noch in Meilen und Fuß rechnete, wie ich es bei älteren Australiern schon häufig festgestellt hatte, die sich selbst nach über zwanzig Jahren, die seit der Einführung des metrischen Systems auf dem fünften Kontinent vergangen waren, immer noch nicht daran gewöhnt hatten und durchaus fragten, wie viel Meilen mein Wagen denn mit einer Gallone machte. Nun gut. Ich überschlug schnell im Kopf und meinte dann: »Das sind zweihundertfünfzig Meilen.«
    Die beiden schauten sich an und grinsten mir dann ins Gesicht. Sie mussten sich köstlich auf meine Kosten amüsieren. Schließlich meinte der Ältere der beiden zweifelnd: »Un’ wo soll dein Birdsville liegen?«
    Ich dachte kurz nach und deutete dann über den Cooper Creek grob in Richtung Nordwesten. Die Köpfe der beiden drehten sich in die von mir angegebene Richtung und starrten über den schmalen Wasserlauf in die sich jenseits ausbreitende Ebene, über der inzwischen die Hitze flimmerte. Mein Blick folgte ihrer Kopfbewegung, und ich hatte auf einmal den Eindruck, als wäre der Wasserspiegel im Coppers Creek über Nacht deutlich gefallen. Blödsinn, bescheinigte ich mir sofort, jetzt lass dich durch die beiden nicht verrückt machen. Ich verfolgte, wie zwei Pelikane langsam zwischen den Bäumen hereinschwebten und dann mit einem Plätschern auf der Wasseroberfläche landeten.
    »Dort soll ne Stadt liegen? Von da willste gekommen sein.«
    »Ja, gestern Abend«, erklärte ich unwirsch, ohne viel Lust, die Unterhaltung fortzusetzen. Ich drehte mich demonstrativ um und ging zu meinem Wagen zurück, um endlich aus der prallen Sonne herauszukommen. Sie folgten mir bis in den Schatten neben dem Pickup. Auf einmal schien die ganze Angelegenheit mit Birdsville bedeutungslos geworden zu sein, denn sie starrten wieder auf den Toyota, als würden sie einen rosa Elefanten oder ein geflügeltes Schwein oder beides zugleich sehen. Ich beschloss, keine Notiz mehr von ihnen zu nehmen und packte weiter meine Sachen zusammen. Sie schlichen um den Off-Roader herum, strichen über das Blech und schüttelten den Kopf. Irgendwie lag die Frage, was dieses Ding denn sei, in der Luft. Als sie dann endlich kam, überraschte sie mich nicht mehr. Ich hatte gerade die Kiste mit den Küchengeräten eingeräumt und mich für eine Zigarette auf meinen Klappstuhl gesetzt. Die beiden standen vor der Motorhaube und starrten an der Funkantenne, die eine scharfe Trennungslinie zwischen ihnen zog, vorbei zu mir herüber. Ich beschloss so zu tun, als wäre dies eine ganz normale Frage und antwortete darauf, wie man einem Kind antworten würde, das zum wiederholten Male die gleiche Sache erklärt haben möchte.
    »Das ist ein Toyota Landcruiser, Modell RV 50 Pickup, vierkommazwei Liter, Sechszylinderdieselmotor.« Ich hätte genausogut eine kabbalistische Beschwörungsformel murmeln können. Es war deutlich zu sehen, dass sie kein Wort verstanden hatten. In diesem Moment kam ich mir ziemlich blöd vor. Der Pickup war das Standardmodell des australischen Outback. So ziemlich jeder Farmer und jede Cattlestation hat mindestens einen von der Art, was nicht zuletzt ein Grund dafür war, warum ich mir dieses Modell für meine Touren in Australien angeschafft hatte. Selbst der letzte Mechaniker in der kleinsten Ansiedlung konnte das Ding reparieren. Ersatzteile bekam man praktisch wie zu Zeiten des Ford T-Modells in Amerika an jeder Tankstelle, ganz abgesehen von den Reifen, die hier im Busch selten länger als ein

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