Auf der Straße nach Oodnadatta
Vielleicht war das eine Erklärung für die Pferde. Man kam hier in der Wildnis, über Stock und Stein, mit Pferden möglicherweise doch noch besser voran als mit Geländewagen. Kaum hatte ich den Gedanken gefasst, verwarf ich ihn auch gleich wieder. Wenn die drei von der Polizei waren, dann würden sie bestimmt etwas tragen, was man als Uniform identifizieren könnte und ohne Zweifel wüssten sie, wo Birdsville lag. Meine Überlegungen waren keinen Schritt weiter gediehen, als Brahe mit der Frage herausrückte, die ihm deutlich sichtbar schon die ganze Zeit auf der Zunge gebrannt hatte. Er verzog sein Gesicht zu einem Grinsen und überbrückte die paar Schritte zu meinem Wagen. Er ging einmal um den Off-Roader herum und strich vorsichtig, als hätte er Angst, gebissen zu werden, ein paarmal mit der Hand über das Blech.
»Was ist das für ein Ding?«
»Hör mal, willst du mich auf den Arm nehmen?« Ich benutzte extra einen etwas älteren englischen Ausdruck, um den von mir vermuteten Sachverhalt deutlich zu machen, da, auch wenn ich Brahe gut verstand, er doch ein etwas merkwürdiges Englisch sprach. Doch ihm musste wahrscheinlich mein ausgeprägter amerikanischer Akzent genauso merkwürdig vorkommen.
»Nein.« Es klang fast beleidigt. »Erklär mir, was das ist.« Dabei legte er eine Hand auf die breiten Bullbars über der Stoßstange, die dazu geeignet waren, selbst eine Begegnung mit einem Känguru bei Tempo achtzig unbeschadet zu überstehen.
»Das ist ein …«, begann ich halb gelangweilt, halb gereizt und wollte meine Erklärung wiederholen, die ich schon seinen beiden Kameraden gegeben hatte, doch dann wurde mir klar, dass dies nichts erklären würde. Ich brach ab und dachte nach. Irgendetwas stimmte hier gar nicht, aber im Moment hatte ich keine Zeit, lange darüber nachzudenken. »Das ist ein Geländewagen.«
Er nickte und ich atmete erleichtert auf. Also hatte dieser Hinterwäldler zumindest schon einmal einen Off-Roader gesehen.
»Was ist ein Geländewagen?«
Ich stöhnte auf, schüttelte ungläubig den Kopf und ging die zwei Schritte zu ihm hinüber. »Hört mal zu, Leute«, sagte ich und schloss seine beiden Begleiter, die immer noch auf ihren Pferden saßen, gleich mit ein. »Ich weiß nicht, was hier läuft, aber tut mir einen Gefallen und hört auf, mich zu verarschen. Ich habe nicht so viel Zeit. Ich wollte um die Zeit schon längst in Innamincka sein.«
Es sah nicht so aus, als ob sie allzu viel von dem, was ich gesagt hatte, verstanden hätten. »Also noch einmal. Das ist ein Toyota Landcruiser, den Rest schenke ich mir. Ein Geländewagen, mit dem man sich hier im Outback über die Pisten und Tracks quält, um von einem Ort zum andern zu kommen. Etwas schneller als auf einem Pferd, und ich nehme an, auch etwas bequemer. Und jetzt macht’s gut. Nett euch getroffen zu haben.«
Ich ging an Brahe vorbei, riss die Fahrertür auf und stieg ein. Ich drückte zur Sicherheit die Zentralverriegelung. Bevor ich startete, sah ich durch die Windschutzscheibe in das erstaunte Gesicht von Brahe, der immer noch direkt vor der Motorhaube stand und mit großen Augen zu mir hereinstarrte. Ich trat die Kupplung, legte den ersten Gang ein und ließ den Motor an.
In dem Moment, als der Diesel auf Touren kam, passierten einige Dinge gleichzeitig, von denen ich keines erwartet hätte. Die drei Pferde machten einen Satz in die Höhe, schlugen wild aus und warfen dabei natürlich ihre Reiter in den Staub. Ihr wieherndes Aufbäumen überraschte mich so, dass ich von der Kupplung abrutschte, der Wagen einen Satz nach vorne machte und abgewürgt stehenblieb. Brahe sah ich als dunkles Bündel halb zur Seite springen, halb vom Aufprall des Bullbars geworfen, in einem Gebüsch landen. Dann knallte ein Schuss, der aber sein Ziel glücklicherweise verfehlte, und ich wurde gegen das Lenkrad geschleudert. Dann legte sich wieder Stille über die Szene. Als ich vom Lenkrad aufblickte, sah ich Perdy und Jonathan zehn Meter von mir entfernt auf dem Boden knien und ihre beiden Revolver waren auf mich gerichtet. Anscheinend hatte der ältere von beiden, Jonathan, die Geistesgegenwart besessen, kaum dass er abgeworfen worden war, einen Schuss abzugeben. Ich sah, wie er an seiner Waffe wieder den Hahn spannte. Ohne nachzudenken sprang ich aus dem Wagen.
»He, lass den Mist! Hört auf zu schießen! Seid ihr denn verrückt?«
Er drückte dennoch ab. Der Schuss machte ein Geräusch, als ob man eine Kanone abgefeuert hätte. Aus
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