Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
Vom Netzwerk:
endlich hinter dem Steuer saß und mir meinen Weg durch die zu diesem Zeitpunkt noch unerforschte Einöde nördlich des Cooper Creek suchte. Ich verfehlte das Cutrabelbo Waterhole, aber vielleicht gab es das im neunzehnten Jahrhundert noch gar nicht. Das einzige verlässliche war mein Kilometerzähler, und nach dem hatte ich um die Mittagszeit dreißig Kilometer zurückgelegt. Die Tankanzeige stand knapp unter Halbvoll, der Sprit sollte also kein Problem sein. Zweifel begannen an mir zu nagen, ob ich den Lake Massacre wirklich finden würde. Zwar konnte ich meiner Karte den genauen Längen- und Breitengrad entnehmen, auf dem der Salzsee lag, doch meine eigene Position war nicht annähernd so genau festzustellen. Die Sanddünen, die quer zu meiner Fahrtrichtung verliefen, gaben mir einige Sicherheit, zumindest grob den richtigen Weg einzuhalten. Mein Kompass zeigte, dass ich ziemlich genau in nordwestlicher Richtung fuhr, was auch in Ordnung war. Jetzt konnte ich nur noch hoffen. Möglicherweise war ja alles viel einfacher, als ich mir vorstellte. Ich verfehlte Lake Massacre und beschloss mein Leben in der Sturt Stony Desert, während Burke und Wills ihr Schicksal am Cooper Creek ereilte. Das alles war hinfällig, als der Toyota wieder einmal den Kamm einer Düne erklommen hatte. Vor mir breitete sich eine weite Senke aus, die wie frisch gefallener Schnee schimmerte. Lake Massacre. Daran bestand kein Zweifel. Ich stellte den Motor ab, nahm mein Fernglas und stieg aus. Die Hitze flirrte über der hellen Fläche. Sie schien zwischen dem Boden und der hohen Wolkendecke förmlich eingeschlossen zu sein. Schon nach ein paar Minuten, in denen ich, die Okulare gegen meine Augen gepresst, mit dem Feldstecher die Gegend absuchte, war ich nach der angenehmen Kühle in der klimatisierten Fahrerkabine von Schweiß durchnässt. Rund um den Lake Massacre wuchs kein Baum, kein Strauch, nur die vereinzelten Krüppelgewächse, die sich auch hier oben gegen den roten Sand behaupteten. Die weiße Salzfläche war, durch die Vergrößerung des Fernglases unnatürlich nah herangeholt, gar nicht so glatt, sondern von Furchen und Abbrüchen durchzogen. Und was ich nach einiger Zeit noch feststellte bzw. nicht feststellen konnte, waren Hinweise auf menschliches Leben. Es gab keine Anzeichen irgendwelchen Lebens. Ich schaute auf meine Armbanduhr, die ich nach Verlassen von Brahes Lager wieder angelegt hatte. Es war vier Uhr nachmittags. Burke und seine Männer sollten eigentlich schon hier eingetroffen sein, doch es war nicht auszuschließen, dass sie in Anbetracht der Hitze tagsüber irgendwo im Schatten lagen und erst in der Abenddämmerung aufbrachen. Bei diesem Gedanken musste ich unwillkürlich grinsen, denn bis zum Horizont war nichts zu sehen, was Schatten versprach. Die weiße Fläche schien sich endlos auszudehnen, doch das war nur eine optische Täuschung. Ich beschloss, auf dem Dünenkamm zu kampieren. Nachts musste mein Feuer meilenweit zu sehen sein und der Gruppe von Burke ein weithin sichtbares Zeichen menschlicher Anwesenheit geben. Allerdings auch umherziehenden Abos, ging es mir durch den Kopf. Dieser letzte Gedanke ließ mich wieder unsicher werden. Auf einmal fühlte sich der Schweiß auf meinem Körper kalt an. Ich schaute mich um, drehte mich mit dem Feldstecher vor meinen Augen einmal um dreihundertsechzig Grad und konnte immer noch kein Anzeichen von Menschen ausmachen. Trotzdem entschied ich, kein Risiko einzugehen und unten am Rande des Salzsees mein Lager aufzuschlagen.
    Als die Dunkelheit ein paar Stunden später hereinbrach, wurde es schnell empfindlich kalt. Bald saß ich in meine Daunenjacke gehüllt dicht am Feuer, das ich, um meinen Holzvorrat, den ich vom Cooper Creek mitgebracht hatte, zu schonen, aber auch aus Vorsicht – oder besser gesagt aus Angst vor etwaigen Abos – klein hielt. Es wärmte nicht mehr als meine Füße und bestenfalls die Unterschenkel bis zu den Knien herauf. Mit dem Hereinbrechen der Nacht war die Wolkendecke aufgerissen, und die weiße Fläche vor mir schimmerte im Licht der Sterne, das durch die knapp über dem Horizont stehende Neumondsichel noch verstärkt wurde. Jeden Moment rechnete ich damit, ein paar zerlumpte Gestalten aus der Dunkelheit heraus in den schwachen Lichtschein meines Feuers treten zu sehen. Falls es nicht Burke, Wills, King und Gray wären, stand mein Gewehr griffbereit gegen die Flanke des Off-Roaders gelehnt. Gegen halb elf fielen mir die Augen zu. Nicht lange,

Weitere Kostenlose Bücher