Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
Vom Netzwerk:
dann schreckte ich aus keinem nachvollziehbaren Grund hoch. Das Feuer war nur noch ein glühender Aschehaufen, und es hatte auch keinen Zweck, noch mehr Holz zu verschwenden. Wenn Burke diese Nacht noch kommen würde, dann müsste er mich ohne Leuchtfeuer finden. Mein Wagen gab ja auch eine nicht zu übersehende Silhouette in der ziemlich flachen Ebene rund um den Lake Massacre ab. Ich kletterte auf die Ladefläche und kroch in meinen Swag, das Gewehr griffbereit neben mir. Und dann fiel ich in einen traumlosen Schlaf.
    Der nächste Morgen brach unspektakulär an. Die bleiche Helligkeit wich schnell den ersten Sonnenstrahlen, und ein erster Blick zeigte mir keine Veränderung. Ich war allein und es gab keinerlei Anzeichen, dass dies zu irgendeinem Zeitpunkt in der Nacht anders gewesen wäre. Nicht einmal Dingos schienen sich hierher zu verirren. Es war der Morgen des 18. April 1861, und von Burke war nichts zu sehen. Bei einer Tasse Kaffee und ein paar Scheiben Schiffszwieback studierte ich die Karte. Es konnte natürlich sein, dass ich mich gar nicht am Lake Massacre befand, sondern an irgendeinem der anderen ausgetrockneten Seen. Auf meiner Karte waren genügend davon verzeichnet, aber es hatte wenig Zweck, die Richtigkeit meines Standortes jetzt und hier in Zweifel zu ziehen. Wenn ich mich nicht da befand, wo ich glaubte zu sein, dann hatte ich keine Möglichkeit, meinen Irrtum zu korrigieren. Ich hatte meinen Weg bis zum Scrubby Camp so gut ich konnte auf der Karte verzeichnet, und war mir auch sicher, bis zum Wattacupirie Yard in die richtige Richtung gefahren zu sein, obwohl beides Landmarken auf der Karte waren, die im Jahre 1861 noch nicht existierten. Danach hatte ich die Karte exakt mit dem Kompass genordet und war geradewegs auf den Lake Massacre zugefahren. Es hatte mich viel Zeit gekostet, immer wieder meine Richtung zu überprüfen und zu korrigieren, was aber einen Fehler ziemlich unwahrscheinlich machte. Ein Königreich für ein funktionierendes Satellitennavigationsgerät. Als Nächstes nahm ich mir mein Reisetagebuch vor. Unter dem letzten Eintrag von 2001 war ein dicker Strich gezogen und darunter war das neue Datum, 11. April 1861 vermerkt. Das Datum, welches Brahe mir angegeben hatte. Ich ließ die Tage im Lager noch einmal Revue passieren, konnte aber keinen Fehler finden. Es war der 18. April, und von Burke keine Spur. Morgen wollte – oder besser gesagt: musste – ich wieder am Dig Tree sein. Selbst wenn Brahes Zeitrechnung aus irgendwelchen Gründen nicht stimmte, so war sie doch für ihn die einzig gültige. Er würde in drei Tagen aufbrechen. Also hätte ich noch einen, maximal zwei Tage Zeit, auf Burke zu warten. Ich befürchtete zum erstenmal, dass es sich wirklich so verhielt, wie in der Darstellung von Burkes Expedition vermutet wurde. Burkes Tagebuch wies eine Reihe von Ungereimtheiten auf, die nahelegten, dass auch seine Zeit bzw. Datumsangaben nicht stimmten.
    Zwei Tage später war ich mir dessen sicher. Die letzten beiden Tage hatte ich mit Warten, sinnlosen Grübeleien und wieder Warten verbracht. Und natürlich hatte ich Burke, diese gottverlassene Gegend und wer immer für meine Lage verantwortlich war, ausgiebig verflucht. Das einzig Positive war, dass sich auch keine Abos hatten sehen lassen. Warum auch? Es gab wesentlich schönere Plätze als den Lake Massacre. Gestern hatte ich soweit Mut gefasst, dass ich am Rande des Salzfeldes so weit nach Norden gelaufen war, bis ich meinen Wagen gerade noch sehen konnte. Viel Sinn machte diese selbst auferlegte Beschränkung zwar nicht, doch alles in mir sträubte sich, weiterzugehen, als der Toyota nur noch als kleiner, weißer Punkt zu sehen war. Auf dem Rückweg rannte ich fast, war in Schweiß gebadet, als ich am Wagen angekommen war und warf meine guten Vorsätze, mit dem Trinkwasser hauszuhalten, gänzlich über Bord. Ich hatte das Wasser aus den Benzinkanistern versucht. Es schmeckte grauenhaft. Dazu musste man wirklich am Verdursten sein, doch ich befürchtete, dass diese Situation durchaus noch eintreten konnte. Bis dahin hielt ich mich an die Plastikkanister. Den Gedanken, mit dem Wagen den Lake Massacre abzufahren, hatte ich verworfen. Es wäre sinnlose Spritvergeudung, denn ich würde jeden Tropfen noch brauchen. Ich bereute inzwischen meine einsame Entscheidung, Burke und seinen Leuten noch eine Chance zu geben, aber nachdem ich mich einmal dafür entschieden hatte, den Gang der Geschichte zu ändern und dabei auch gleich

Weitere Kostenlose Bücher