Auf der Straße nach Oodnadatta
Kimathi Street und zum Stadtmarkt und zu den Verkaufsbuden und überall bekam ich die gleiche Antwort: kein Umsatz, kein Geschäft, keine Arbeit. Ich versuchte es bei den Straßenhändlern, die von Planen, die sie auf dem Bürgersteig ausgebreitet hatten, allen möglichen Ramsch verkauften, aber ihre unflätigen Reden und ihre lüsternen Handgreiflichkeiten bereiteten mir Übelkeit. Ich ging die fünf Kilometer entlang des Uhuru Highways zum Ostafrika-Hauptquartier der UN an der Chiromo Road. Der Soldat am Tor bedachte mich nicht einmal mit einem Blick. Autos und Brummer konnte er sehen. Seine eigenen Leute nicht. Nach einer Stunde ging ich wieder.
Auf dem Rückweg bog ich in eine falsche Straße ein und gelangte in eine Gegend, die ich nicht kannte; dort waren schmutzig aussehende zweigeschossige Gebäude, die früher einmal Läden beherbergt hatten und die jetzt ausgebrannt oder mit schweren Stahlblechen verbarrikadiert waren. Kabel hingen über die Straße, Schlaufe um Schlaufe um Schlaufe, schlaff und schwer. Ich hörte Stimmen, sah jedoch niemanden. Die Stimmen kamen aus einer Gasse hinter einer Reihe von Läden. Ein ganzes Viertel war in diese Gasse gedrängt. Nicht einmal im Lager St. John hatte ich so viele Leute an einem Ort gesehen. Die Gasse war vollgepackt mit Menschen, zusammengepfercht; sie bewegten sich wie eine einzige Masse, wie eine Regenwolke. Der Krach war unbeschreiblich. Ich erspähte ein großes schwarzes ausländisches Auto am Ende der Gasse, sehr glänzend, und ein Mann stand auf dem Dach. Er war umgeben von ausgestreckten Händen, als ob sie ihn anbeteten.
»Was ist da los?« schrie ich irgendjemandem zu, der mich hören mochte. Die Menge wogte. Ich war eingeklemmt.
»Leute werden angeworben«, rief ein Junge mit rasiertem Schädel und dürr wie die Hungerpest zurück. Er sah meine Verwirrung. »Watekni. Tagesjobs in der Datenverarbeitung. Die UN behandeln uns in unserem eigenen Land wie Scheiße, aber wir sind gut genug, ihre Steuererklärungen zu machen.«
»Gutes Geld?«
»Geld.« Die Menge wogte erneut und machte mich zu einem Teil von ihr. Hinter mir kam ein weiterer Wagen angefahren. Die Menge machte wie ein Vogelschwarm im Flug kehrt und schob mich zu den offenen Türen. Große Männer mit dunklen Brillen stiegen aus und umkreisten den Watekni-Makler. Er war ein kleiner Luhya in einer langen weißen Dschellaba und mit der Einheitssonnenbrille. Er hatte einen bösartigen Mund. Er wedelte mit einer Hand voll Zetteln herum. Meine Hand zuckte instinktiv vor, und ich fand einen Zettel darin. Ein einziges Wort stand darauf: Nimepata.
»Das Passwort des Tages«, erklärte mein dürrer Freund. »Damit kommst du ins System.«
»Da hinüber, da hinüber«, sagte einer der großen Männer und deutete auf einen alten Omnibus am Ende der Gasse. Ich rannte zum Bus. Ich spürte Hunderte von Leuten auf meinen Fersen. An der Bustür stand ein weiterer großer Mann.
»Welche Sprachen kannst du?«, fragte er mich.
»Englisch und ein bisschen Französisch«, antwortete ich.
»Scheiße, du verschwendest meine Zeit, Mädchen«, schrie der Mann. Er riss mir den Zettel mit dem Passwort aus der Hand und stieß mich so heftig weg, dass ich stürzte. Ich sah Füße, zertrampelnde Füße, und ich rollte mich unter den Bus und auf der anderen Seite hervor. Ich hörte nicht auf zu rennen, bis ich aus dem Watekni-Viertel heraus und auf einer mit Menschen belebten Straße war. Ich sah nicht, ob der Hungerpest-Junge einen Zettel erwischt hatte. Ich hoffte, dass es so war.
›Sängerinnen gesucht‹ stand auf einem Schild an der Außentreppe zum oberen Stock eines Hauses. Nun, mein Können hatte also auf dem Markt der Informationstechnik keinen Wert. Es gab andere Märkte. Ich stieg die Treppe hinauf. Sie führte mich in einen Raum, in dem es so dunkel war, dass ich anfangs seine Dimensionen nicht abschätzen konnte. Es roch nach Bier, Zigaretten und Amylnitrit, das gern als Aphrodisiakum gebraucht wurde. Ich nahm eine unbestimmte Anzahl von Männern wahr.
»Auf Ihrem Schild steht, dass Sie Sängerinnen suchen«, rief ich in die Dunkelheit.
»Dann komm rein.« Die Stimme des Mannes war tief und dunkel, rauchig, wie eine alte Hütte. Ich trat zaghaft ein. Als sich meine Augen einigermaßen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich Tische mit umgekehrten Stühlen drauf, eine Bar, einen etwas erhöhten Bühnenbereich. Ich sah eine Anzahl von dunklen Gestalten an einem Tisch und das Glimmen von
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